Review Touché Amoré – Is Survived By

Emo als Musikrichtung ist schon seit geraumer Zeit so gut wie tot. Das bedeutet allerdings nicht, dass emotionale Musik und persönlich geprägte Texte nicht immer noch einen großen Teil im Bereich von Hardcore und Punk einnehmen. Dass TOUCHÉ AMORÉ mit ihren ersten beiden Alben die Messlatte, was schmerzliche und ehrliche Texte und Musik angeht, extrem hoch angesetzt haben und besonders mit ihrem zweiten Album „Parting The Sea Between Brightness And Me“ einen modernen Klassiker vorgelegt haben, hat sich seitdem in der „Szene“ zu einem Konsens entwickelt. Wo also weitermachen? Weiterhin das blutende Herz in Worte fassen, weiterhin alle Wut und Verzweiflung in unter zwei Minuten rausschreien? Jein. Ein schlichtes Weitermachen-wie-bisher bietet „Is Survived By“ nicht. TOUCHÉ AMORÉ im Jahr 2013 wenden sich textlich ihrer hoffnungsvollen Seite zu und schreiben Songs, die auch mal länger als drei Minuten dauern dürfen. Auch wenn die Klasse des Vorgängeralbums nicht ganz erreicht wird, ist „Is Survived By“ ein weiteres musikalisches Manifest im Bereich des Post Hardcore, welches sich nicht vor poppigen Melodien oder vor vom Post Rock geprägten Strukturen scheut.

Bereits der Einstieg in Form von „Just Exist“ zeigt auf musikalischer und textlicher Ebene, welchen Weg TOUCHÉ AMORÉ auf „Is Survived By“ einschlagen. Mit seiner typischen Reibeisenstimme krächzt Jeremy Bolm ein sehnsüchtiges „I was once asked how I’d like to be remembered and I simply smiled and said ‚I’d rather stay forever.’” über eine umwerfende Melodie, bevor der Song lostrümmert und eine unfassbare Energie freisetzt. Im direkt darauf folgenden „To Write Content“ übt sich Jeremy als Storyteller im Sinne der befreundeten Band La Dispute und erklärt seine Agenda, in Zukunft auch über seine Zufriedenheit zu schreiben, auch wenn dies wesentlich schwerer ist, als über Schmerzen zu singen. Musikalisch wird auf diesem Song sowie dem gesamten Album die gesamte Klaviatur der Gefühle bedient: Nach vorne preschende Hardcore-Passagen wechseln sich mit ruhigen Screamo-Parts ab, die beinahe an Post Rock erinnern, wie es vor allem im an Envy erinnernden „Non Fiction“ der Fall ist. Das wütende „DNA“ prescht dagegen in altbekannter Manier nach vorne und würde auch auf den Vorgängern weiter nicht auffallen.

Wie es TOUCHÉ AMORÉ mit Leichtigkeit schaffen, ihre kompakten Songs mit Dynamiken, herzzerreißenden Melodien und Abwechslung vollzustopfen und somit der gesamten Konkurrenz im Post-Hardcore-Bereich eine Lehrstunde in Sachen Songwriting erteilen, ist schlicht atemberaubend. Dass die Songs nun auch öfter länger dauern, fügt dem bekannten Sound eine vollkommen neue Note hinzu, die keinerlei Einbußen in Sachen Energie verursacht. Wenn der Refrain von „Anyone / Anything“ schon beinahe Pop-Appeal versprüht, ohne dabei die richtige Dosis Härte vermissen zu lassen, zeigt sich die ganz große Klasse von TOUCHÉ AMORÉ.  Jederzeit eigenständig und wiedererkennbar entwickelt sich die immer noch junge Band auf ihrem dritten Album weiter. Dass einige Songs, wie zum Beispiel „Kerosene“ oder „Blue Angels“, dabei nicht ganz so mitreißen können, wie es die restlichen Hymnen auf „Is Survived By“ tun, fällt dabei so gut wie gar nicht ins Gewicht. Auch mit ihrem dritten Album beweisen die fünf Jungs aus Kalifornien, dass in Zukunft mit ihnen zu rechnen sein wird.

Wertung: 8.5 / 10

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