Review Touché Amoré – Parting The Sea Between Brightness And Me

Folgendes Szenario: Man steht auf dem Konzert einer seiner Lieblingsbands und darf/muss zuvor noch drei Support-Bands hinter sich bringen. Nach der ersten Vorband – von einem sich nicht gerade durch Bewegung auszeichnenden Publikum dennoch herzlich aufgenommen – wartet man nun gespannt, was die von diversen alternativen Musikmagazinen mit Vorschusslorbeeren bedachte zweite Vorband denn so kann. Beim Einsetzen der ersten Gitarrentöne springt einem nun jemand mit den Füßen auf den Kopf, Menschen fangen an sich die Seele aus dem Leib zu schreien, stapeln sich vor der Bühne, weinen vor Freude, schlagen um sich, ballen die Fäuste. Knapp 25 Minuten später ist alles vorbei und man selbst kann nur noch japsend versuchen zu begreifen, was denn nun gerade über einen herein gebrochen ist. So geschehen im Oktober 2010 in einem kleinen Club in Chicago. Die Rede ist von TOUCHÉ AMORÉ. Was seitdem auch in Europa mit dieser Band passiert ist, kann neben den überragenden Live-Qualitäten der jungen Band aus Los Angeles wohl zu einem großen Teil ihrem umwerfendem zweiten Album „Parting The Sea Between Brightness And Me“ zugeschrieben werden.

13 Songs. Nicht ganz 21 Minuten. Lediglich ein Song, der die 2-Minuten-Marke überschreitet. Klingt seltsam? Ist es nicht. Ganz in der Tradition von Old-School Hardcore Bands ist hier eben schneller gesagt, was gesagt werden musste. Kein Song wirkt zu kurz oder zu lang, sondern zeigt vielmehr auf herausragende Weise, wie es möglich ist den maximalen Grad an Emotionen musikalisch und textlich zu kanalisieren (Liebe „30 Seconds To Mars“: DAS hier ist Emo wie es mal gemeint war). Vom Drücken der Play-Taste an reißt einen dieses Album mit und lässt einen nicht mehr los. Die ruhigen Eingangstöne von „~“ werden von treibendem Drumming und melodischen Hardcore Riffs unter sich begraben und von Sänger Jeremy Bolm mit einer Stimme nach vorne gepeitscht, die gleichzeitig Hoffnung, Verzweiflung, Hass, und Liebe transportiert. Die Übergänge zwischen den Songs sind nahezu nahtlos, das Tempo quasi durchgehend auf Anschlag und jeder Song versucht alles Menschenmögliche um den Vorangehenden an Intensität zu überbieten.

Wenn schließlich in „Condolences“ alle Instrumente zur Seite gelegt werden, ein schleppendes Klavier in den Raum gerollt wird und Jeremy ganz weit weg mit viel Hall und noch viel mehr Emotion Zeilen schreit wie „If you fantasize about your funeral I understand, I’ve been there before“ wird klar, mit was für einer umwerfenden Band man es hier zu tun hat. Spätestens beim finalen Akt des letzten Songs „Amends“ aber ist es vollständig um den Hörer geschehen: Nach brutalstem Geballer erklingen die von weit weg gebrüllten Sätze „For what it’s worth: I’m sorry. And at the end I swear I’m trying“, welche von erhebenden Gitarren und Schlagzeug Schlägen an der Hand genommen werden. Dann ist Stille. Bis die Replay-Funktion die ersten Töne von „~“ zurückgebracht hat.
Ja, eine Nummer wie der absolute Übersong „Honest Sleep“ vom Debüt „…To The Beat Of A Dead Horse“ findet sich nicht auf TOUCHÉ AMORÉs zweitem Album, was nichts an der Tatsache ändert, dass PTSBBAM aus einigen Meisterwerken und keinem einzigen schlechten Song besteht. Der einzige Vorwurf der der Band zu machen wäre, ist vielleicht die mangelnde Abwechslung im Bandsound – aber mal ehrlich: Will diesen wirklich jemand hervorbringen?

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert