Review Vanden Plas – Chronicles Of The Immortals: Netherworld [Path One]

VANDEN PLAS sind wohl die einzige Progmetal-Band, die nicht nur eine Vorliebe für Theatralik hat, sondern diese auch lebt: Vor allem Sänger Andy Kuntz blickt auf viele Theater-Engagements zurück. Sowohl sein Soloalbum „Abydos“ als auch VANDEN PLAS‘ Studiowerk „Christ 0“ wurden zudem als Rock-Musical auf die Bühne gebracht.

Da ist es kaum verwunderlich, dass die fünf Herren mit ihrer neuen Platte noch einen Schritt weiter gehen: „Chronicles Of The Immortals: Netherworld“ ist eine Zusammenarbeit mit dem deutschen Schriftsteller Wolfgang Hohlbein – das Album basiert auf der historisch-phantastischen Buchreihe „Die Chroniken der Unsterblichen“ des Bestseller-Autors. Erstmals in der Bandgeschichte entstand dabei die Bühnenumsetzung vor dem Studioalbum: Am 21. Januar 2012 feierten VANDEN PLAS, Wolfgang Hohlbein und Lektor Dieter Winkler die Premiere der Rockoper „Die Chroniken der Unsterblichen“ am Pfalztheater Kaiserslautern. Sänger Andy Kuntz spielte dabei die Hauptrolle des Andrej Delãny.

Mit ihrem neuen Album präsentiert die Band nun den ersten Teil der dreistündigen Bühnenaufführung, umgesetzt als Studio-CD; der zweite Teil folgt 2015. Schon nach wenigen Durchgängen steht fest, dass „Netherworld [Path One]“ genauso gelungen ist wie die letzten beiden Scheiben „The Seraphic Clockwork“ (2010) und „Christ 0“ (2006): VANDEN PLAS bleiben ihrem epischen Stil absolut treu, sodass sich Fans sofort heimisch fühlen werden. Die Eröffnung des Albums mit einem bedeutungsschwangeren Erzähler ist zwar etwas arg abgegriffen, die restlichen neun Tracks dafür aber wieder mit packenden Riffs, tollen Piano-Passagen und komplexen Instrumentalarrangements gespickt. Den Hörer erwarten zahlreiche Gänsehautmomente. Genau wie die Vorgänger braucht auch „Chronicles Of The Immortals: Netherworld“ einige Durchgänge, bis die Melodien zünden; dann wird man sich Songs wie „New Vampyre“, „The King And The Children Of Lost World“ oder „Soul Alliance“ aber nicht mehr entziehen können.

Bringt man eine Vorliebe für traditionell gespielten, symphonischen Progmetal mit, stellt sich eigentlich nur noch die Frage, ob man mit der Stimme von Andy Kuntz warm wird: Sein Gesang ist theatralisch, eigenwillig und gewöhnungsbedürftig. Er passt auf den ersten Blick nicht wirklich zu einer Metalband, ist aber technisch blitzsauber. Genau diese genreuntypische Stimme ist eine der größten Stärken von VANDEN PLAS. Progmetal-Combos mit schlechtem Sänger gibt es schließlich genug; und sind die Sänger gut, klingen sie meist zum Verwechseln ähnlich.

Wer VANDEN PLAS etwas Böses will, könnte behaupten, dass sich die Band seit 2006 musikalisch nicht weiterentwickelt hat. Das ist zwar richtig, relativiert sich aber ziemlich schnell, wenn man bedenkt, dass die letzten vier Alben im Abstand von je vier Jahren veröffentlicht wurden – von Übersättigung kann also wirklich nicht die Rede sein, zumal die Qualität über jeden Zweifel erhaben ist. Zudem sollte man sich vor Augen führen, was die Band eigentlich ist: Ein wirtschaftlich vermutlich recht unbedeutendes Nebenprojekt einiger begnadeter Musiker und Schauspieler, die den Großteil ihrer Energie und Zeit in Theateraufführungen investieren.

Umso beeindruckender ist es, dass VANDEN PLAS auch mit „Chronicles Of The Immortals: Netherworld“ wieder einen Großteil ihrer Genre-Kollegen spielerisch hinter sich lassen. Leider werden die Jungs auch mit diesem Album wohl nicht das Publikum erreichen, das sie verdienen – zumindest nicht außerhalb des Theaters.

Wertung: 9 / 10

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