Review Vinsta – Vinsta Wiads

Die eher beliebig wirkende Berglandschaft auf dem Artwork, der unauffällig geschwungene Schriftzug, der Bandname, der Album- und die Songtitel im österreichischen Dialekt – fast sieht man sich zu dem Vorurteil verleitet, VINSTA sei nur eine x-beliebige Folk-Metal-Truppe aus den Alpen. Dass der Salzburger Christian Höll mit seinem noch jungen Soloprojekt gelegentlich auf akustischen Pfaden wandelt, stimmt sogar, doch eigentlich sind es zwei andere Metal-Genres, auf die sich VINSTA stützt: Progressive und Melodic Death Metal. Nachdem dieses Missverständnis aus der Welt geschafft ist, kann man sich mit neu entfachter Neugier daran machen, zu erkunden, was „Vinsta Wiads“ wirklich zu bieten hat. Und das ist eine ganze Menge.

Um nochmal auf die möglicherweise fälschlich unterstellte Beliebigkeit einzugehen: VINSTA klingt keineswegs wie irgendeine No-Name-Band, sondern sogar wie eine ganz bestimmte, viel gerühmte Prog-Death-Koryphäe. Schon beim ersten Hördurchlauf bekommt man schnell das Gefühl, dass „Vinsta Wiads“ eigentlich schon mal veröffentlicht wurde, nämlich im Jahr 1999 von Opeth. Kenner wissen natürlich, dass damit „Still Life“, eines der Meisterwerke ihrer mittleren Phase, gemeint ist. Jawohl, VINSTA hat hiermit gewissermaßen das österreichische Äquivalent zu jenem Genre-Klassiker geschaffen.

Dieser Gedanke kommt einem schon bei den eröffnenden langgezogenen Leadmelodien und Clean-Gitarren im Titeltrack und bleibt auch noch beharrlich im Kopf, wenn VINSTA seine mächtigen Growls, griffigen Groove-Riffs und treibenden Double-Bass-Drums auspackt. Die Ähnlichkeit zum besagten Referenzwerk ist frappierend: Immer wieder führt der Weg von den kraftvollen, rhythmischen Riffs und den subtil melancholischen Leads über wunderbar verspielte Soli hin zu sanften, mysteriösen Clean- und Akustik-Abschnitten. Sogar gesanglich ist Christian das exakte Ebenbild von Mikael Åkerfeldt, er kann nämlich nicht nur finster growlen, sondern auch nachdenklich singen.

Die Opeth-Anbetung, die auf „Vinsta Wiads“ betrieben wird, ist eigentlich fast schon dreist – aber eben auch verdammt gelungen umgesetzt. Ein wenig Individualität erlaubt sich VINSTA dann aber doch noch. So singt Christian konsequent auf österreichisch und fügt dem ohnehin schon gehaltvollen Stilmittel-Kanon seiner Vorbilder weitere Elemente wie hemmungslose Blast-Beats („Gedonknschwa“) oder mal gefühlvoll, dann wieder geradezu unheimliche Geigen („Gedonknstad“) hinzu.

Jazz-Balladen wie „Benighted“ sind das einzige, was es auf „Still Life“, nicht aber auf „Vinsta Wiads“ gibt. Ansonsten ähneln diese Alben einander wie ein Ei dem anderen. Die einzige Ausnahme bilden die Geigen-Interludes, mit denen VINSTA einen Teil seiner 45 Minuten lange Platte füllt. Innovativ ist „Vinsta Wiads“ wirklich nicht, genau genommen nicht einmal eigenständig. Dass der Salzburger die technischen Fähigkeiten und das Songwriting-Talent hat, derart knapp zu Opeth zu ihrer besten Zeit aufzuschließen und sie zum Teil sogar zu überflügeln, ist jedoch absolut bewundernswert. Seine zweite Veröffentlichung ist nämlich weit mehr als einfallsloser Klon, sondern ein von vorne bis hinten beeindruckendes, atmosphärisches, mystisches und spielfreudiges Album, das einem perfekten Fluss folgt und seinem Vorbild in praktisch nichts nachsteht.

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Wertung: 9 / 10

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