Zum Tode von Ian „Lemmy“ Kilmister (Nachruf)

Lemmy Kilmister Nachruf
© Alejandro Páez (Molcatron on Flickr)

Nun ist er also gekommen, der Tag, an dem eine Nachricht durch die Sozialen Netzwerke rast, sich auf Millionen Profilseiten niederschlägt und selbst die größten Medien, ob Radio, Fernsehen oder Print, dazu bringt, seit Jahren vorbeitete Nachrufe aus den Schubladen zu holen, kurz aufzupolieren und in die Welt zu schießen: Lemmy Kilmister, Motörhead-Frontmann und Rock’n’Roll-Legende, ist tot.

Man kann nicht eben sagen, sein Tod käme unerwartet: Über Jahre hinweg war man sich nie ganz sicher, ob man das Motörhead-Ticket an der Pinnwand am Ende einlösen, zurückgeben oder ungenutzt als Erinnerungsstück („…und am Tag vor der Show ist er dann gestorben!“) für immer dort hängen lassen würde. Und doch kommt das Ableben des Vorreiters der alten Rockstar-Garde, die das Motto des „Sex, Drugs and Rock’N’Roll“ erfunden hat, überraschend. Denn gerade weil er am Ende doch nach jedem abgesagten Konzert, jedem Krankenhausaufenthalt wieder auf die Bühne zurückkehrte, konnte sich eigentlich niemand so richtig vorstellen, wie die Welt ohne diesen Haudegen aussehen würde.

Seine Sicht auf Leben und Tod hatte Lemmy bereits 1980 in „Ace Of Spades“ mit „You know I’m born to lose, All gambling’s for fools, But that’s the way I like it baby, I don’t wanna live forever“ ziemlich klar definiert. Und auch wenn er dem geliebten Jack Daniels schon vor ein paar Jahren auf Anraten der Ärzte (zugunsten von Rotwein und – der Vitamine wegen – Wodka-Orange) abgeschworen haben soll, würde wohl niemand anzweifeln, dass er sein Leben bis zuletzt genau so geführt hat, wie er es sich vorgestellt hat: Bis zuletzt auf Tour, bis zuletzt als Musiker. Dass nach all dem seinem Dasein nicht sein Diabetes-Leiden, das geschwächte Herz oder die strapazierte Leber, sondern ausgerechnet eine erst wenige Tage vor seinem Tod diagnostizierte Krebserkrankung ein Ende setzen sollte, liest sich in diesem Kontext fast wie bittere Ironie.

Lemmy Kilmister
© Mark Marek Photography

Der in die Jahre gekommene, abgehalfterte Rockstar, der es vornehmlich durch peinliche Auftritte im Fernsehen oder medienwirksame Skandale in die Schlagzeilen schafft, war Lemmy bis zuletzt nicht: Außer mit seiner Musik erregte der stets bescheidene „Godfather of Heavy Metal“, wie ihn immer nur die anderen nannten, nie Aufsehen – und auf deren Qualität konnte man sich bis zuletzt verlassen: Noch in diesem Jahr, dem 40. in der Geschichte von Motörhead, erschien mit „Bad Magic“ ein Album, das nichts von dem Biss, der Energie und dem Rock’n’Roll-Spirit missen lässt, für den der Name Motörhead in all den Jahren stand.

Wenn auch körperlich bereits angeschlagen, ließ Lemmy sich nicht vom Touren abhalten. Einsehen, dass er irgendwann einmal kürzer treten sollte, wollte er sowieso nicht: Erst vor wenigen Tagen wurden Motörhead für das Summer-Breeze und das Wacken Open Air 2016 bestätigt, die Ankündigung der obligatorischen Europa-Tour im November schien da eigentlich nur noch eine Frage der Zeit.

Wie immer, wird sich auch nach dem Tod von Ian „Lemmy“ Kilmister die Welt weiterdrehen – die Rock-Welt jedoch wird von diesem Tag an eine andere sein. 40 Jahre lang gehörten Motörhead zu Festivals wie Bier und Zelt, 40 Jahre lang entdeckten junge Menschen durch die Konzerte dieser Band ihre Liebe zu Rock und Metal, 40 Jahre lang sorgte ein Satz weltweit für Gänsehaut: „Hello, we’re Motörhead, and we play Rock’n’Roll“.

Jetzt gehören Motörhead zu den Bands von „damals“, die Jugendliche der nachfolgenden Generation Rock-Fans nurmehr als Legende in beiderlei Hinsicht kennenlernen … über CDs, Downloads oder Youtube-Videos. Jetzt obliegt es uns, Rock-Geschichte weiterzutragen. Am einfachsten geht das, wenn wir dem Wunsch von Motörhead nachkommen: „Play Motörhead loud, play Hawkwind loud, play Lemmy’s music LOUD. Have a drink or few“.

Ja, Lemmy, wir haben immer mitgeschrien, wenn du für uns gesungen hast … „But that’s the way I like it baby, I don’t wanna live forever“.
Wir hätten es uns trotzdem gewünscht.

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