Review The Vision Bleak – Witching Hour

THE VISION BLEAK sind drei Jahre nach „Set Sail To Mystery“ zurück. „Witching Hour“ kündigte das Duo als Schritt „Back to the Roots“ an, man wolle den Charme und die Spontanität des Debüts wieder einfangen. Obwohl man hier in der Tat keinen Etikettenschwindel betrieb, müssen auch Fans der aktuellen Alben keine Angst haben, vom neuesten Langspieler verprellt zu werden.

Schwadorf und Konstanz haben mit dem zweiten Album „Carpathia“ einen Stil gefunden, der sowohl die Fans als auch sie selbst so sehr zufriedenstellte, dass man ihn seitdem nur noch geringfügig, in den Details aber doch merklich variiert hat. Auch „Witching Hour“ basiert auf einfachen Songstrukturen und groovenden Riffs, die mal rockiger, mal thrashiger ausgerichtet sind. Filigran klingt das selten, im Gegenteil zeichnet sich sie Saitenfraktion seit jeher durch Rohheit aus.
Der beschwörende, bedeutungsschwangere Gesang von Konstanz ist die zweite Konstante, die auf keinem THE-VISION-BLEAK-Album fehlen darf – Auf diese Basis darf man sich als Fan verlassen, sie erspart das Reinhören vor dem Kauf. Was dann außenherum passiert, sind die kleinen, aber feinen Varianten, die den Songs eigenständigen Charakter verschaffen.
Welche Details sind es dann, die die Verantwortlichen dazu veranlassten, „Witching Hour“ als Rückkehr zu den Wurzeln auszuweisen? Zum einen sind die Riffs im Vergleich zum Vorgänger noch einen Tacken ungestümer und rockiger, sie poltern mehr als die thrashig-rhythmischen Riffs etwa eines „Descend Into Maelstrom“. Zum anderen sind die Keyboards deutlich zurückgefahren, oft verlässt man sich auf die Wirkung der Gitarren zum Erzeugen der Atmosphäre; auf mehr muss man sich hier nicht einstellen. Interessanter als diese insgesamt nicht wirklich markanten Justierungen sind die zuvor noch gar nicht gehörten Elemente, die man auf „Witching Hour“ einführt. So bekommt etwa „The Blocksberg Rite“ eine Flöte spendiert, die den Song begleitet und in einer kurzen Folk-Sequenz sogar führen darf. In „The Valkyrie“ und „Pesta Approaches“ dringt Konstanz gesanglich bisweilen in hohe Gefilde vor, dafür erinnern seine Vocals in „A Witch Is Born“ entfernt an Eisregen. „The Valkyrie“ überrascht in den Refrains überhaupt mit sehr erhabener Stimmung, die durch entrückten Gesang und epische Gitarrenmelodien erzeugt wird.
Neben diesen sehr starken, so noch nicht gehörten Songs, zu welchen auch „The Call Of The Banshee“ mit seinen rockig-eingängigen Refrains gezählt werden darf, steht eine Riege an klassischer THE-VISION-BLEAK-Hausmannskost. Das stampfende „The Cannibal Witch“, das extrem ohrwurmige „The Wood Hag“ oder der beschwörende „Hexenmeister“ können sich problemlos als Nachfolger von Songs wie „The Demon Of The Mire“, „Wolfmoon“ und „Kutulu!“ verstehen.

THE VISION BLEAK lassen auf „Witching Hour“ nichts anbrennen, manchmal beschleicht den Hörer aber das Gefühl, dass „Set Sail To Mystery“ doch abwechslungsreicher ausfiel und mit einprägsameren Momenten aufwarten konnte. Die große Bandbreite zwischen etwa dem dramatischen „He Who Paints The Black Of Night“, dem morbiden „I Dined With The Swans“ und dem doomigen „Mother Nothingness“ findet sich hier nicht wieder. Das Gesamtprodukt mag dadurch konsistenter wirken, ob gerade die traditionelleren Songs aber auch Langzeitwirkung entfalten können, muss sich noch zeigen. Als Fan darf man nach wie vor unbesorgt zuschlagen, wer THE VISION BLEAK vorher nicht mochte, wird wohl auch mit „Witching Hour“ nicht glücklich. Die Frage, ob die stilistische Öffnung, die man im Vorfeld der Arbeiten am neuen Album in Erwägung gezogen hatte, nicht doch spannender gewesen wäre, muss man sich aber selbst beantworten.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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