Interview mit Johan von Celeste

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Mit ihrem neuen Album „Infidéle(s)“ haben die Franzosen von CELESTE einmal mehr einen kraftvollen Bastard aus Black Metal, Sludge und Post-Hardcore geschaffen. Warum er gerade erstere Zuordnung als unpassend empfindet, und warum es gut ist, dass CELESTE immer nach CELESTE klingen, erklärt Sänger Johan im Interview.

Euer neues Album ist einmal mehr ein Bastard zwischen Post-Hardcore, Sludge und Black Metal. Mit welcher Szene werdet ihr am ehesten zugerechnet? Und wie würdet ihr eure Musik definieren?
Meistens werden wir als Black Metal einsortiert, was meiner Ansicht nach ein Fehler ist. Aber die Leute brauchen solche Anhaltspunkte und bei uns passen da Black, Sludge und Doom am besten. Ich selbst würde CELESTE als Metal mit eigener Handschrift in Sachen Sound definieren.

Euer neues Album klingt nach reinem Hass, purer Aggression – würdest du dem zustimmen?
Ja, das trifft es sehr gut … ich würde vielleicht noch Verzweiflung beifügen.

Was hat euch beim Songwriting inspiriert?
Nun, ich bin jetzt erwachsen (lacht), deswegen habe ich diese Gefühle nicht mehr so oft. Ich brauche also keine direkte Inspiration, um mein Zeug zu schreiben. Warum so ein Sound mich so befriedigt, kann ich ganz ehrlich nicht erklären. Aber ich brauche wirklich kein Prisma, was mich darauf fokussiert. Wir schreiben einfach, was wir hören wollen.

Essenziell für diesen Effekt ist der Sound, der auch sehr aggressiv und, gerade was das Schlagzeug angeht, sehr steril ist. Was war euer Ziel beim Mix – welchen Sound hattet ihr im Kopf und seid ihr mit dem Resultat voll zufrieden?
Für dieses Album haben wir mit allen unseren Gewohnheiten gebrochen. Wir haben es in einam anderen Studio mit ganz neuen Leuten aufgenommen. Wir sind auch nicht zwei Wochen am Stück im Studio geblieben, sondern haben es in vielen kleinen Sessions aufgenommen. Wir wollten, dass dieses Album viel cleaner als unsere vorigen klingt – mehr Hi-Fi, professioneller, weniger roh. Wir sind mit dem Ergebnis wirklich sehr zufrieden. Ich finde, es ist unsere bislang beste Produktion. Ich glaube, dank dieser Produktion hört man viel mehr heraus.

Musikalisch könnten böse Zungen behaupten, ist „Infidèle(s)“ ein typisches CELESTE-Album. Wie siehst du das? Wo siehst du die großen Unterschiede zum Vorgänger, „Animale(s)“?
Böse Zungen, ja. Wir sind das gewohnt, so etwas zu hören. Niemand beschwert sich bei Unsane, dass sie immer wieder das gleiche machen, aber bei uns soll es sich bitte immer anders anhören. Zunächst einmal stimmt es auch einfach nicht: Ich glaube, die meisten Leute verstehen unsere Musik einfach nicht – deswegen sehen sie auch nicht all die Details darin. Aber ja, CELESTE klingt nach CELESTE und nach nichts anderen. Ich sehe darin eine große Stärke dieser Band. Auf “Infidèle(s)” haben wir beispielsweise versucht, es noch etwas vielseitiger klingen zu lassen, melodiöser und trotzdem mit höherem Metal-Anteil. Wir sind wirklich stolz auf das Ergebnis.

Wovon handelt das Album, wer sind die Ungläubigen, über die ihr schreibt?
Ich schreibe vor allem über zwei Arten von Ungläubigen. Ich schreibe über die unehrlichen Menschen und die Unehrlichen in der Religion. Die meisten der Texte des Albums haben eine Doppelbedeutung.

Wie wichtig sind die Texte ganz allgemein bei CELESTE, habt ihr eine Message, oder ist der Gesang vor allem ein weiteres „Instrument“ in der Musik?
Es wird von Album zu Album schwieriger, neue Themen zu finden, über die man schreiben kann, aber nachdem die Texte aus meinem Mund kommen werden, versuche ich immer, ihnen so viel Inhalt als möglich zu geben. Nur irgendwelchen Mist zu singen, würde ich nicht aushalten. Aber ich will keine großen Verkündigungen machen, ich will einfach etwas interessantes und schönes schreiben.

Das Artwork des Albums zeigt nüchtern betrachtet eine Gruppe Frauen, die auf schwarzem Boden liegen. Was war die Idee dahinter?
Die Idee war, ein Foto eines Haufens toter Körper und Schönheiten zugleich zu machen. Das hat einige offensichtliche Bedeutungsebenen – ich bin mir sicher, du errätst sie selbst.

Das Bild wurde extra für das Album erschaffen. Wo ist der Link zwischen dem Bild und der Musik beziehungsweise Texten und Albumtitel? Anders gefragt: Warum ist das Bild das perfekte Artwork für „Infidèle(s)“?
Es ist das perfekte Artwork, weil du auf den ersten Blick erraten kannst, dass es ein CELESTE-Cover ist – und weil es perfekt zu den Texten und der Grundthematik passt. Davon abgesehen finde ich es sehr ikonographisch und genuin.

Plant ihr, mit dem Album auf Tour zu gehen?
Ja, wir werden in Europa einige Wochenend-Shows spielen, eine kleine Tour in Ungarn, der Ukraine und der Türkei spielen. Später werden wir für eine dreiwöchige Tour in die USA und anschließend noch nach Asien.

Was können wir uns von diesen Shows erwarten – wie viel werdet ihr von dem Album live spielne, und plant ihr, an eurem Showkonzept etwas zu ändern?
Wir haben unserem Live-Konzept noch ein paar Details hinzugefügt – ich bin mir sehr sicher, dass ihr merken werdet, was. (lacht) Was die Setlist angeht, spielen wir bereits jetzt drei Songs von „Infidèle(s)“ und werden später eventuell noch zwei mehr spielen.

Ihr habt jetzt über 300 Shows gespielt – mit welchen Bands, mit denen ihr bislang die Bühne noch nicht geteilt habt, würdet ihr gerne mal auf Tour gehen?
Neurosis, Wolves In The Throne Room und Gojira. Wir haben mit ihnen zwar die Bühne schon geteilt, aber waren nie mit ihnen auf Tour.

Vielen Dank für das Interview – zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:
Deutschland: Da haben wir zu viele Konzerte gespielt.
Black Metal: Pandas mit beschissenem Sound.
Nebel: Auf der Bühne, nicht im Zuschauerraum.
Neymar: Wird Geld in den französischen Fussball bringen.
Lieblingsalbum 2017: Newmoon – Space

Vielen Dank für deine Zeit und Antworten – die letzten Worte gehören dir:
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