Interview mit Nikita von Der Weg Einer Freiheit

Für die einen sind DER WEG EINER FREIHEIT eine der großen Hoffnungen am deutschen (Black) Metal-Himmel – für die anderen, ob des etwas arg braven Images und Bühnenauftretens der Truppe, eine Indie-Band, die die Musik verfehlt hat.
Im Gespräch mit Frontmann Nikita zeigt sich dieser sichtlich unberührt von derartigen Style-Diskussionen und umschifft gewohnt sympathisch auch eher kritische Fragen zu seinem Schaffen.

Sers! Danke ersteinmal für die Bereitschaft zu diesem Interview! Wie geht es dir?
Hi, danke auch erstmal! Mir geht es soweit so gut.

Fangen wir ganz allgemein an… DER WEG EINER FREIHEIT ist ja nun nicht eben, was man einen typischen Bandnamen nennen würde. Wie seid ihr darauf gekommen, und was steckt dahinter?
Der Name ist entstanden, als es an die Veröffentlichung der ersten Songs ging. DER WEG EINER FREIHEIT war eigentlich als einmalige Sache geplant, d.h. der Name sollte für die „Band“ (die anfangs ja nur aus Sänger Tobias und mir bestand) und das Debüt gleichzeitig stehen und nur diese eine Veröffentlichung beinhalten. Auf unserer ersten selbstproduzierten CD-R ist deshalb auch nur der Name ohne Albumtitel angegeben. Es waren letztendlich die Hörer, die ein „self-titled“ daraus gemacht haben und die uns mit dazu angespornt haben, das Projekt weiterzuführen und neue Songs zu schreiben. DER WEG EINER FREIHEIT ist die passende Umschreibung für den Grundgedanken, dem unsere Musik unterliegt und wofür sie im Endeffekt gemacht ist.

Auch sonst seid ihr nicht die typische Black Metal-Band, zumindest in Teilaspekten. Vorneweg gefragt: Seht ihr euch eigentlich als „Black Metal“?Wir sehen uns nicht als Repräsentant eines Genres oder einer Szene. Wenn sind es die Leute, die uns als irgendetwas sehen (wollen). Wie du schon sagtest, scheinen wir keine typische Black Metal-Band zu sein und das hat natürlich auch seine Gründe, die aber rein persönlicher Natur sind.

Wie würdest du persönlich denn „Black Metal“ definieren?
Black Metal heißt für mich rasende, mitreißende Riffs und Blastbeat. Deshalb ist genau das auch der Hauptbestandteil unserer Songs. Das könnte bspw. auch auf Death Metal zutreffen aber der wirkt in mir nicht so, als dass ich ihn gerne hören würde. Black Metal stellt für mich die intensivste Musikform dar, die ich kenne. Aus ihr heraus ist ein Großteil der Bands entstanden, die ich auch heute noch regelmäßig höre. Sie ist nachhaltig und berührt mich sehr stark, was auch oft auf Erinnerungen, die ich mit bestimmten Songs oder auch nur Riffs verbinde, zurückzuführen ist.

Von Fans und Presse werdet ihr ja auch, wie du eben schon meintest, immer als Black Metal eingestuft, und ganz unpassend ist das ja auch nicht – zumindest musikalisch geht ihr ja relativ traditionell an die Sache heran. Habt ihr da konkrete Vorbilder, oder Bands, von denen ihr sagen könntet, dass sie euch dahingehend geprägt haben?
Das sind Bands wie z.B. Orlog, Emperor oder Nagelfar, die mir auch immer noch sehr viel bedeuten.

Das Auffälligste an euch ist aber ehrlichgesagt nicht die Musik, sondern euer Auftreten, welches „in der Szene“ für einige Kontroversen sorgt – man hat das Gefühl, dass sich ein Großteil der Diskussionen um euch nicht um eure Musik, sondern euer Äußeres drehen. Nervt dich diese Oberflächlichkeit nicht?
Nervig ist nur die Zeit, die durch das Lesen der ganzen Diskussionen draufgeht. Direkt d.h. persönlich bekommen wir von den Leuten ja nichts zu hören. Interessant ist das ja irgendwie schon, aber ändern lässt sich diese Mentalität nicht.

Andererseits muss man natürlich sagen, dass euer Aussehen auch, sagen wir mal, „gewagt“ ist: Im Black Metal, einer bekanntermaßen nicht all zu aufgeschlossenen Szene, sich so abzugrenzen, provoziert natürlich.
Insofern die Frage: Wie viel Kalkül, wie viel gewollte Provokation steckt hinter eurer Entscheidung, outfittechnisch eher den Weg einer Indie-Band zu beschreiten, und wie viel „Scheißegal, sollen sie doch denken was sie wollen“-Mentalität?

Ich kann verstehen, dass wir damit provozierend wirken. Wir haben am Anfang jedoch keinen einzigen Gedanken daran verschwendet und denkt man mal darüber nach, gibt überhaupt keinen Grund, warum wir eine Szene provozieren sollten, mit der wir sowieso nichts am Hut haben. Wir kamen persönlich bisher mit allen Leuten aus der Ecke gut klar und alles, was man da immer hört bzw. liest, ist und bleibt in den anonymen Weiten des Internets. Jeder hat da seine eigene Sichtweise, die er in die Sache reininterpretiert und darauf wollen wir keinen Einfluss nehmen. Genauso wenig zwingen wir jemanden, sich unsere Musik anzuhören oder sogar gut zu finden. Wenn sich dadurch jemand gestört fühlt, ist das ganz einfach sein Problem und nicht unseres.

Ihr habt ja beispielsweise letztes Wochenende auf dem Wolfszeit Festival gespielt, welches ja bekanntermaßen eines der truesten Events des Genres war. Gab es da irgendwie Probleme, oder wurdet ihr mit offenen Armen empfangen?
Ganz ehrlich (ohne folgende Bands zu bewerten), wenn wir an einem Tag mit Equilibrium, Varg und Eisregen spielen kann man sich fast ausmalen, dass die True-Fraktion daheimbleibt. Von daher haben wir speziell auf dem Wolfszeit keinerlei Probleme gehabt, bekamen im Gegenteil durchweg gutes Feedback auf unseren Auftritt. Selbst der erste Besucher, den wir auf dem Weg zum Festival getroffen haben, hat uns in seinem Absurd-Shirt nett gegrüßt.

Bei einer Post-Black Metal-Band würde euer Aussehen wohl niemanden tangieren, ich denke, was die Leute, die solche Diskussionen anregen, irritiert, ist, dass ihr euch musikalisch ja doch eher an die Traditionalisten, denn die Avantgarde-Fans in der Szene richtet.
Nun stellt sich aber natürlich schon die Frage: Wie viel „böses Image“ braucht Black Metal, um als solcher authentisch zu sein?
Wieviel Image der Black Metal braucht, kann ich dir nicht sagen. Interessiert mich auch wirklich nicht.

Für wie wichtig erachtest du denn das Auftreten einer Band für die Wirkung der Musik allgemein? Ich meine, auf Platte ist das ja eine Sache – aber gerade Live-Shows leben ja schon zu einem nicht unerheblichen Teil von der Optik. Meint ihr nicht, dass ihr eine Chance auslasst, eurer Musik mehr Wirkung zu verleihen, indem ihr euch hinsichtlich eures Bühnenoutfits „mehr Mühe“ geben würdet?
Das kommt natürlich ganz auf die Musik an. Mir reicht schon eine angemessene Lichtshow, um die Atmosphäre der Musik zu unterstreichen. Aber wenn es selbst die nicht gibt und man als Band gezwungen ist, am helligten Tag zu spielen, hilft alles nichts. Wir können uns leider weder Lichtmischer noch ein aufwendiges Bühnenbild leisten und müssen uns nunmal öfters auch zu früherer Stunde präsentieren. Auch hier verstehe ich natürlich die Kritik, dass wir uns Outfit-technisch keine Mühe geben usw. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, was es an Jeans und Bandshirt auf der Bühne auszusetzen gibt. Jetzt plötzlich mit Kutten, Springerstiefeln und Corpsepaint um die Ecke zu kommen wäre doch erst recht lächerlich.

Ihr werdet derzeit ja in eigentlich allen Medien ziemlich gefeiert. Hättet ihr damit gerechnet, dass euer Konzept so gut aufgeht beziehungsweise ankommt?
Es gab nie ein Konzept; aber nein, gerechnet haben wir damit eher weniger.

Seht ihr euch mit dem, was ihr macht, als teil einer neuen Szene junger (Black) Metal-Bands, die sich von alten Traditionen und Mustern abgrenzen? Ich meine, beispielsweise Todtgelichter haben sich ja unlängst auch recht deutlich von traditionellen Mustern verabschiedet und damit einen ziemlichen Erfolg gefeiert…
Ich finde diese neue Welle ehrlichgesagt recht interessant, da sie meiner Meinung nach einige vielversprechende Bands mitsichbringt. Wie sich das ganze entwickelt und welche dieser Bands überleben, kann man natürlich erst in ein paar Jahren sagen – solange wird es eben als “Trend” oder “Hype” hingestellt. Aber das ist ja auch nichts neues in der Musikwelt.

Das waren jetzt zugegebenermaßen recht viele „Bravo-Fragen“, wollen wir die Musik nicht ganz vernachlässigen…
Was für Musik hörst du persönlich so, und welche (unbekannteren) Bands würdest du unseren Lesern ans Herz legen wollen?

Derzeit läuft bei mir viel von Feist, Mogwai, Angantyr, Belphegor und Crippled Black Phoenix. Welche davon unbekannt sind, kommt natürlich auf den Leser an. Empfehlen kann ich davon alles. Allgemein bin ich sehr interessiert an neuer Musik und höre mich durch viele verschiedene Sachen.

Eure neue EP heißt „Agonie“, abgeleitet vom altgriechischen „agonia“, der Kampf – und auch die Songtitel klingen relativ traditionell nach Black Metal. Worum geht es auf der EP? Gibt es ein Textkonzept, oder handelt es sich mehr um eine Sammlung von Songs, die nicht auf ein Album gepasst hätten?
Wir sind anfangs nicht direkt mit dem „EP-Gedanken“ an die Sache herangegangen. Das ganze hat sich daraus ergeben, dass ich nach der Wiederveröffentlichung des Debüts über einige Monate hinweg eine Art Inspirationsebbe hatte, während der fast kein neues Material entstanden ist. Nachdem es nach und nach dann doch wieder zu laufen begann, wollte ich unter die bis dato vorhandenen Songs erstmal einen Strich ziehen und sie für sich wirken lassen. Diese Phase hat sicherlich zu der Grundstimmung und teils auch zu den Texten der EP beigetragen. Auch den Titel kann man stellvertretend dafür sehen. Ich habe allerdings nicht direkt versucht, bestimmte Ereignisse aus diesem knappen Jahr damit zu verarbeiten, zumindest nicht bewusst. Eher spiegeln Musik und Texte auf der EP das grundlegende Empfinden und meine Wahrnehmung gegenüber dieser Zeit wider.

In welchem Kontext steht das in meinen Augen recht beliebige Bild, das ihr als Coverartwork verwendet habt? Was macht dieses Photo zum perfekten Cover für die EP?
Das perfekte Motiv ist es sicher nicht, aber wir finden es im Bezug auf die EP sehr gelungen und es gibt die allgemeine Atmosphäre der Musik gut wieder. Ich hätte mir aber auch ganz andere Aspekte vorstellen können, die für das Artwork hätten verwendet werden können.
Allgemein mache ich mir um Artwork und co. aber keine großen Gedanken und lasse die Künstler, die wir dafür beauftragen einfach machen. Bisher waren wir am Ende immer zufrieden. Wie das Design zu ‘Agonie‘ überhaupt entstanden ist und was genau darauf zu sehen ist, kann ich gar nicht sagen, da wir nicht viel vom eigentlichen Entstehungsprozess mitbekommen haben. Der Dornstrauch (?) in der Mitte des Covers erinnert mich bspw. immer an einen gesenkten Kopf, der in Verbindung mit den Farben und den Ruinen im Hintergrund eine sehr triste Stimmung erzeugt. Ich finde es eigentlich ganz interessant, nicht genau zu wissen, was man da vor sich hat, denn das lässt vielerlei Interpretationen und Assoziationen mit den einzelnen Elementen des Bildes zu. Aber so wichtig ist es mir wie gesagt garnicht. Es muss vielmehr als Ganzes zur Musik passen und das tut es.

Lohnt es sich denn in Zeiten, in denen sich schon Alben schlecht verkaufen, überhaupt noch, EPs zu veröffentlichen?
Das hast du richtig erkannt und da hatte vor allem unser Label große Bedenken, da die Pressung der CDs und Vinyl-Platten ja genauso viel kostet wie bei einem vollwertigen Album, aber man auf Grund der geringeren Spielzeit für die EP natürlich nicht so viel verlangen kann. Die Befürchtungen haben sich aber glücklicherweise nicht bestätigt und wir sind froh, dass die EP trotzdem so gut ankommt.

Du meintest vorher, du wolltest unter das vorhandene Material einen Strich ziehen. Habt ihr damit vorerst euer Pulver verschossen, und müsst erstmal neues Material schreiben, oder habt ihr noch Songs in der Hinterhand?
Ich habe einen Haufen Songideen und Riffs auf meinem Rechner rumfliegen, die teils Potential haben, teils aber auch ziemlicher Müll sind. Derzeit stehen vier komplett neue, recht umfangreiche Songs, die allesamt nach Veröffentlichung der EP entstanden sind, und ein weiterer, der noch aus Debützeiten stammt. Ob er es schaffen wird, steht aber noch nicht fest, da er sich zumindest für meine eigenen Ohren stark von dem neuen Material unterscheidet.

Wie entsteht denn ein typischer DER WEG EINER FREIHEIT-Song, und was definiert deiner Meinung nach einen guten Song?
Ein Song entsteht bei mir fast immer direkt an der Gitarre und startet mit einer Grundidee bzw. einem Riff, um das herumgebaut wird. Meistens schreibt sich ein Song von selbst und ich schalte mein Hirn weitestgehend aus, manchmal dauert es aber auch Wochen und es geht garnicht voran. Ist das der Fall wird eine Idee entweder verworfen oder ich versuche sie mit anderen, schon vorhandenen Halbsongs zu verbinden. Auf diese Weise ist z.B. “Der stille Fluss” enstanden, der genaugenommen aus zwei unterschiedlichen Stücken besteht, deren Entstehungsprozesse fast ein ganzes Jahr auseinander lagen.
Die Frage nach einem guten Song ist eigentlich recht einfach zu beantworten: Ist er gut, höre ich ihn mir gerne und mehrmals am Stück an – ist er es nicht, bleibt es bei einem Durchlauf und das wars. Das ist mehr oder weniger das Hauptkriterium, nach dem ich gehe, nur selten beeindrucken mich irgenwelche technischen Spielereien. Da gibt es keine Formel oder gar eine Definition.

Und wann darf man dann mit einem neuen Release rechnen?
Wahrscheinlich schon im nächsten Jahr.

Nachdem ihr ja nun bereits einige Festival-Gigs gespielt habt – darf man von euch auch mal eine größere Hallen-Tour erwarten? Wenn ja: Gibt es da schon konkretes, was du uns verraten kannst?
Ich glaube für eine Hallen-Tour braucht es noch ein paar Jahre… Eine Tour ist geplant, jedoch kann ich dazu noch nichts handfestes sagen.

Ok, das war dann auch schon meine letzte Frage, ich bedanke mich vielmals für die Zeit, die du für das Interview aufgewendet hast!
Wenn du noch etwas loswerden willst, hast du dazu jetzt die Gelegenheit:

Danke dir auch nochmals für das recht ausführliche Gespräch! Ich hoffe, wir konnten euren Lesern damit einen guten Einblick in unser Innenleben gewähren!

Nichts zu danken, es war mir eine Freude!
Wenn du nichts dagegen hast, würde ich das Interview gerne an dieser Stelle mit dem traditionellen Metal1.Brainstorming beenden. Was fällt dir ein, wenn du folgende Begriffe hörst:

Finanzkrise: kein Interesse
Studentenleben: nie gelebt
Metal1.info: einzige mir bekannte Seite mit .info am Schluss
Satan: Sathan
Bologna: italienische Stadt; Bachelor und Master oder sowas
Bundesregierung: kein Interesse
DWEF in 10 Jahren: Zukunftsmusik

Vielen Dank für das Interview!

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert