Interview mit Chris Boltendahl von Grave Digger

Mit inzwischen über 40 aktiven Jahren im Business sind die Gladbecker Teutonenstahl-Veteranen GRAVE DIGGER eine der Grundfesten, auf denen der Heavy Metal erschaffen wurde. Obendrein stellt die Truppe um Frontmann Chris Boltendahl selbst nach so langer Zeit keinerlei Anzeichen der Verlangsamung zur Schau, sondern veröffentlicht munter im Ein- bis Zweijahrestakt neue Alben. Die neueste Platte aus dem Hause GRAVE DIGGER trägt den Titel „Symbol Of Salvation“ und ist unlängst über ihr neues Label Rock Of Angels erschienen. Unter anderem, weil die Mannschaft darauf zu ihrem geliebten Tempelritter-Thema zurückkehrt, sprachen wir mit Bandkopf Chris.

Das Logo der Band Grave Digger

Hallo Chris und vielen Dank für dieses Interview! Das letzte GRAVE-DIGGER-Album „Fields Of Blood“ ist vor ziemlich genau zwei Jahren erschienen. Was war seither bei euch los?
Naja, warscheinlich so viel wie bei allen anderen auch, die im künstlerischen Bereich tätig sind. (lacht) Wir haben beispielsweise noch die Hellryder-Platte gemacht und ich habe mir hier zuhause ein Studio aufgebaut. Ich habe die Zeit genutzt und mit 60 Jahren begonnen, mich in die Studiotechnik einzuarbeiten. Das macht mir wahnsinnig viel Spaß und ich bin zum ersten Mal in meinem Leben Herr über eine komplette GRAVE-DIGGER-Produktion gewesen – das ist schon klasse.

Ein Gemälde von Grave DiggerDa offenbaren sich doch bestimmt etliche Details, mit denen man „nur“ als Musiker nicht so viel zu tun hat?
Ich habe 40 Jahre lang auf Mischpulte gestarrt und mir irgendwann gedacht, dass das doch kein Hexenwerk sein kann. Und weil ich die Zeit und auch die nötige Peripherie dafür hatte – und sowieso schon immer einen Teil meines Gesangs zuhause aufgenommen habe – habe ich eben damit begonnen, oben in meinem Haus ein Studio einzurichten. Natürlich muss das Schlagzeug immer noch aus einem anderen Studio kommen, weil ich das hier nicht aufnehmen kann. Aber es ist ein richtiges Mixing- und Masteringstudio, in dem ich auch meinen Gesang komplett produziere.

Hat sich durch deine tontechnischen Ambitionen etwas an der Studioarbeit für das neue Album geändert?
Ich bin da auf jeden Fall mit sehr viel Respekt rangegangen. Ich habe ja auch ein gewisses Vermächtnis zu tragen, weil das „Principal Studio“ eine wirklich hochkarätige Adresse ist und unser bisheriger Produzent Jörg Umbreit auf Weltklasse-Niveau arbeitet – der arbeitet ja auch mit den Toten Hosen, Saltatio Mortis und In Extremo. Ich habe mit zwei kleinen Produktionen angefangen, nämlich mit Warwolf und Veritates. Ich habe mich da wirklich reingefuchst und bestimmt ein halbes Jahr daran gearbeitet und dann kamen auch noch zwei oder drei kleinere Sachen dazu. Letztes Jahr im September habe ich dann mit dem GRAVE-DIGGER-Album begonnen und auch dabei habe ich mir sehr viel Zeit gelassen. Das Resultat liegt euch ja jetzt vor (lacht).

Du hast also den kompletten Mix von „Symbol Of Eternity“ übernommen?
Genau. Ich habe alle Audiospuren hier bei mir zusammengesammelt. Markus (Kniep, Drums, Anm. d. Red.) hat sein Schlagzeug nochmal im „Prinicipal“ unter der Ägide von Jörg aufgenommen und Axel (Ritt, Gitarre, Anm. d. Red.) hat ja sowieso ein großes Studio in Babenhausen. Dort haben wir Gitarren und Bass aufgenommen. Die Vocals habe ich hier bei mir gemacht und Markus nimmt die Keyboards in seinem eigenen Studio auf. Ich habe dann alles gemischt und als es am Ende dann ans Mastering ging, hat mich erstmal der Mut verlassen (lacht). Ich habe dann beschlossen, die Platte extern mastern zu lassen – obwohl mir die Leute vorher schon gesagt hatten, dass mein Master, das ich erstellt hatte, gut ist. Es ist ja oft so, dass man selbst am wenigsten an sich glaubt. Ich habe den Mix dann also nach Amerika zu Maor Appelbaum (u. a. Armored Saint, Sepultura, Faith No More) geschickt und er hat es dann sogar komplett fertiggestellt. Das war schweineteuer! Ich glaube, für solche Preise produzieren anderen Leute eine ganze Platte (lacht)! Als ich das fertige Master zurückbekommen habe, habe ich es an Axel weitergeschickt und der fand es absolut grauenvoll (lacht). Wir haben es dann ein bisschen analysiert und es war tatsächlich nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Dann habe ich es wieder nach meinen Vorstellungen gemacht und alle waren glücklich. Das hat mich also sehr viel Geld gekostet – ich nenne das „Lehrgeld“. Man muss aber sagen, dass Maor sich sehr viel Zeit genommen hat und wir viele Sachen zusammen durchgegangen sind. Dabei habe ich natürlich auch eine Menge gelernt. Das Ergebnis war – warum auch immer – nicht so, wie wir wollten: Es hatte sehr wenig Bass und sehr wenig Höhen, sondern war sehr stark in der Mitte angesiedelt. Kann sein, dass die Amis so mastern, aber uns war das von der Bandbreite her einfach zu wenig. Insgesamt habe ich in diesem Prozess eine ganze Menge gelernt und betrachte viele Dinge natürlich auch anders: Manche Dinge, für die ich anfangs sehr lange gebraucht habe, mache ich jetzt mit zwei oder drei Handgriffen (lacht).

Ist die geringe Distanz zum eigenen Material ein Problem, wenn man auch den „Produzenten-Hut“ aufsetzt?
Das Cover von "Symbol Of Eternity" von Grave DiggerDa ist schon was dran. Ich hatte jetzt allerdings zum ersten Mal das Gefühl, dass ich GRAVE DIGGER genau so handhaben kann, wie ich es will. Das ist auch eine Zeitfrage: Wenn man ins Studio geht, hat man alleine schon aus Kostengründen maximal drei Wochen Zeit und dann muss das Album fertig sein. Und ich konnte hier bei mir zuhause ganz entspannt sitzen und die verschiedensten Sounds ausprobieren. Es war dann auch kein Problem, wenn ich das mal wieder zwei Tage weggelegt habe. An früheren Platten hat mich immer gestört, dass es eine Diskrepanz zwischen GRAVE DIGGER im Studio und GRAVE DIGGER auf der Bühne gab. Im Studio klangen wir immer sehr poliert, wohingegen wir live sehr roh rüberkommen, weil wir ja auch keine Chöre benutzen. Das wollte ich auch im Studio stärker hervorheben und bisher war die Resonanz durchweg positiv. Da bin ich auch echt stolz drauf!

In meiner Erfahrung stößt man als Bandmitglied auf sehr viel Skepsis, wenn man anbietet, auch die Produktion zu übernehmen. Wie war das bei euch?
Naja, das ist der Vorteil, wenn man der Chef ist (lacht). Der größte Skeptiker war mit Sicherheit Axel, der ja selbst ein Studio hat, in dem er auch alle seine Domain-Alben produziert hat. Er ist auch nach wie vor bestimmt nicht zu 100 Prozent mit dem Ergebnis zufrieden, weil er vor allem seinen Gitarrensound etwas zu roh findet. Ich finde das wiederum sehr geil, weil es eben sehr nach unseren Live-Auftritten klingt. Auch Markus war im Hinblick auf die Drums zunächst skeptisch – er hört ja auch sehr viel unterschiedliche Musik und interessiert sich auch für Progressiveres. Er hat mir aber unlängst noch einmal gesagt, dass er das Album richtig gut findet und es kommt natürlich einem Ritterschlag gleich, wenn mein Schlagzeuger mir sagt, dass er den Sound wirklich gut findet. Und Bassisten hören sich ja grundsätzlich nicht – egal, wie laut man den Bass macht (lacht).

Dass der Gitarrensound diesmal merklich anders ist, fällt tatsächlich ab dem ersten Song auf…
Ja, der ist jetzt viel mehr auf die Zwölf! Das passt ja auch, schließlich machen wir Gitarrenmusik. Im Grunde wollte ich wieder diesen 80er-Gitarrensound, bei dem man auch die Verzerrung wirklich mitbekommt. Das ist genau das, was Axel nicht mag, aber ich eben schon! Für mich ist das diese „Metal-Säge“. Das fand ich auch bei den alten Judas-Priest-Sachen schon immer geil – die hatten eben immer die „Metal-Säge“! (lacht) Das muss man mögen, aber für mich gehört es einfach zum Heavy Metal dazu. Ich mag diesen polierten Gitarrensound nicht. Ich habe es jetzt so gemacht, wie ich es für richtig hielt, Axel hat es akzeptiert und damit ist der Fall abgeschlossen.

Wie würdest du „Symbol Of Eternity“ beschreiben?
Ich finde, das Album klingt frisch und unverbraucht – und das, obwohl wir ein Thema „aufgewärmt“ haben. Gerade Leute, die sowieso immer das Haar in der Suppe suchen, werden uns bestimmt vorhalten, dass wir „schon wieder irgendwas mit Tempelrittern“ machen. Aber das ist eben GRAVE DIGGER – wir sind halt diese „Geschichts-Futzies“ und machen das gerne! In einem englischsprachigen Interview habe ich kürzlich gesagt, dass ich mich ein bisschen als den „Indiana Jones des Heavy Metal“ sehe. Ich erzähle halt solche Geschichten und da ist es mir auch egal, ob das jetzt um Excalibur, die Schotten oder die Templer geht. Das sind einfach geile Storys, die man im Heavy Metal super verbraten kann. Wir haben das als Band irgendwann etabliert und jetzt ist es eines unserer Trademarks. Jetzt spekulieren ja alle schon, dass als nächstes bestimmt wieder irgendwas über Excalibur kommt (lacht).

Bevor wir über „Excalibur“ reden: Wie habt ihr entschieden, mit „Symbol Of Eternity“ zu den Templern zurückzukehren?
Das ist tatsächlich aus einem Spaß heraus entstanden und wurde schon während der Produktion von „Fields Of Blood“ entschieden: Axel und ich saßen im Studio und haben darüber nachgedacht, was wir als nächstes machen sollten und ich meinte dann – mehr oder weniger als Witz – dass wir die Templer-Story ja auch noch nicht zu Ende erzählt hätten. Er war sofort dabei und damit war die Idee geboren – aus so einer flapsigen Bemerkung entsteht dann doch recht schnell ein tragfähiges Konzept. Wir haben es diesmal aber anders beleuchtet. „Knights Of The Cross“ geht das Thema ja sehr historisch an. Das neue Album beschäftigt sich eher mit der Legendenbildung und den Geheimnissen, die sich um die Tempelritter ranken – darum habe ich vorhin auch von Indiana Jones gesprochen. Das lässt mir als Künstler natürlich auch Raum, den Geschichten meine eigenen Ansichten hinzuzufügen. In gewisser Weise mache ich die Legenden der Templer zu meinen eigenen Storys und erzähle aus meiner eigenen Sicht – da wird dann natürlich immer auch noch ein bisschen was dazu erfunden. Die Texte sind also immer eine Kombination aus Fiktion und historischen Begebenheiten. Darum sage ich so gerne „Indiana Jones des Heavy Metal“, weil ich die Gelegenheit nutze, um meine eigenen Geschichten über dieses Thema zu erzählen. Das fängt ja schon mit solchen Dingen an: Ist der Gral aus Holz oder ist das ein edel verzierter goldener Kelch? Das haben wir alles in den Indiana-Jones-Filmen gelernt (lacht)! Spendet der Gral ewiges Leben? Wo ist er heute? Es ist so spannend, solche Dinge nachzulesen! Und dann darüber Songs zu schreiben ist einfach geil.

Ein Foto der Band Grave Digger

Auch für „Fields Of Blood“ hattest du schon eine eher persönliche und weniger historische Herangehensweise an das Thema gewählt, richtig?
Ich bin ja auch kein Historiker. Ich muss auch zugeben, dass ich in gewisser Weise eine faule Sau bin und ich einfach keinen Bock hatte, mich von vorne bis hinten wieder in diese Geschichte einzulesen (lacht). Also habe ich es mir ein bisschen einfacher gemacht und einen fiktiven Charakter erfunden, für den ich vor dem Hintergrund historischer Begebenheiten dann meine eigenen Geschichten geschrieben habe. Wobei man sagen muss, dass ich auf „Fields Of Blood“ weitaus historisch korrekter war als jetzt bei der Templer-Story.

GRAVE DIGGER sind mit ihren Alben wirklich enorm schnell – kaum ist eines erschienen, wird gefühlt das nächste angekündigt und in der Regel gibt es auch noch Konzerte. Wann ist da Zeit für neue Songs?
Dafür ist schon Zeit – vor allem während der Pandemie. Wir sind schließlich Künstler und machen nichts anderes. Axel und ich leben von der Musik. Für uns ist das, als würden wir zur Arbeit gehen – allerdings viel interessanter und viel spaßiger (lacht). Es macht ja auch einfach Spaß, kreativ zu sein! Wenn ich euch jetzt erzähle, dass ich gerade an meinem Soloalbum arbeite, dann erklärt ihr mich wahrscheinlich für völlig verrückt (lacht)! Ich stecke da aber schon mitten in den Aufnahmen. Ich habe bereits im April, als ich gerade mit GRAVE DIGGER fertig war, mit ein paar Jungs mit dem Songwriting angefangen. Ende Oktober bzw. Anfang November werden wir mit der Platte fertig sein, um nächstes Jahr zu veröffentlichen. Und dann gucken wir mal, was als nächstes kommt …

“Symbol Of Eternity“ ist das erste GRAVE-DIGGR-Album, das bei Rock Of Angels erscheint. Wie kam es dazu?
Unser Vertrag mit Napalm ist ausgelaufen und ich wollte einfach mal was anderes machen. Ich kenne Lia von Mystic Prophecy ganz gut und er hat mich dort eingeführt. Ich bin nach Griechenland geflogen, um die Leute vom Label zu treffen und es lief von Anfang an alles bestens. Sie machen einen tollen Job und wir sind heute sogar in den Midweek-Charts auf Platz neun eingestiegen – mal sehen, wo wir am Ende landen. (Am Ende wurde es Platz 7 und damit die bisher beste Platzierung der Bandgeschichte, Anm. d. Red.)

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle nach Hellryder fragen. Wenn aber dein Soloalbum ein Thema ist, zu dem du die Katze aus dem Sack lassen möchtest, kannst du gerne auch darüber sprechen…
Nein, das möchte ich tatsächlich noch nicht (lacht). Wir wollen das natürlich gezielt als Promo veröffentlichen. Es sind zwei bekanntere Namen dabei. Einer ist ein bisschen unbekannter, aber die anderen beiden Jungs – der Gitarrist und der Drummer – haben in bekannteren Bands gespielt und ich kenne sie alle schon sehr lange. So viel kann ich sagen: Es klingt wie eine Kombination aus GRAVE DIGGER und Metal Church. Natürlich wird es nach GRAVE DIGGER klingen, weil ich darauf singe – auch wenn ich ein bisschen anders singe -, aber das Songwriting ist definitiv anders. Ich würde sagen, es ist vielschichtiger, aber darum mache ich das ja auch. Darum habe ich ja auch Hellryder nicht als GRAVE-DIGGER-Material verwendet. Bei Hellryder können Axel und ich uns augenblicklich nicht auf eine Richtung einigen, weshalb das zur Zeit brach liegt. Aber das ist ja auch nichts Schlimmes.

Dieses Jahr gibt es endlich wieder so etwas wie eine Festivalsaison und GRAVE DIGGER mischen kräftig mit. Wie war das bisher?
Ja, zwischen Regen und starker Sonneneinstrahlung (lacht). Nein, im Ernst: Bisher war es wirklich toll. Wir haben dieses Jahr über den Sommer schon unglaublich viel gespielt – da haben wir u. a. die drei 40-Jahr-Shows nachgeholt. Das war auf dem Rock Hard, auf dem Rock Harz und in Wacken, wo wir jeweils Baul Muluy And Friends dabei hatten. Das war ja eigentlich schon vor zwei Jahren geplant und ich bin wirklich glücklich, dass wir das jetzt endlich machen konnten – es war ja auch ein Riesenerfolg. Zur Zeit spielen wir wirklich überall: Als nächstes in Eistrup vor 500 Leuten, dann auf der Merseburger Rocknacht, dann haben wir noch das Metal Is Forever Festival und das Metal Masters und Ende September fliegen wir noch nach Mexiko auf das Mexico Metal Fest. Im Oktober spielen wir dann noch auf dem Full Metal Holiday auf Malle sowie auf der Crailsheim Dynamite Night. Und dann hoffe ich, dass unsere Tour stattfinden kann, obwohl da im Moment nicht wirklich jeder dran glaubt.

Wer war der Sänger, der z. B. auf dem Rock Hard mit dir die Bühne geteilt hat?
Das ist Andreas von Lipinski, der Sänger von Warwolf. Der macht auf unseren Alben sehr viel Background-Gesang. Bei diesen drei 40-Jahres-Shows haben wir ihn daher mit dazu geholt – permanent wird das aber nicht so sein. Wir wollen ja nicht „Linkin Park für Fußgänger“ sein (lacht).

Ein Bild der Band Grave Digger

Im Augenblick wird verstärkt darüber gesprochen, dass Touren vor allem für kleinere Bands mangels Planungssicherheit kaum oder gar nicht möglich sind. Wie ist das für GRAVE DIGGER?
Es ist klar abzusehen, dass kleinere bis mittlere Bands – zu denen wir ja auch gehören – extreme Schwierigkeiten bekommen werden. Und größere Bands haben ebenfalls Probleme. Im Internet herrscht noch immer der Irrglaube, dass alles ausverkauft wäre. Das stimmt nicht. Die Shows, die jetzt ausverkauft sind, die waren es auch schon vor zwei Jahren. Alles, was jetzt kommt, hat Probleme. Das liegt einmal am Ukraine-Krieg, der für eine Teuerung der Lebenshaltunsgkosten sorgt. Manche haben noch viele Tickets und andere kaufen gar keine mehr, weil sie den Preis vielleicht nicht zurückbekommen, wenn es doch wieder ausfällt – das ist mir selbst schon passiert. Und dann kommt noch der Vorschlag des neuen Infektionsschutzgesetzes, der ab einer gewissen Inzidenz auch auf Kulturveranstaltungen wieder Maskenpflicht vorsieht – das bricht der Szene natürlich das Genick. Kein Mensch wird nach diesem Sommer noch in eine Veranstaltungen gehen, auf der er eine Maske tragen muss – es sei denn, er findet es so geil, dass er selbst das in Kauf nimmt. Auch bei GRAVE DIGGER ist es so, dass wir über den Sommer viel nachholen mussten – wir haben jetzt fast 30 Shows gespielt und das vornehmlich in Deutschland. Dann sagen die Leute natürlich nicht wie vor ein paar Jahren: “Geil, jetzt kommen die nochmal auf Tour und ich kann sie nochmal 90 Minuten lang sehen!“ Im Gegenteil: Die haben keinen Bock, das notfalls mit Maske anzusehen und das Geld wird auch knapp – wenn man für Strom und Gas das Dreifache bezahlen muss und es keinen Tankrabatt mehr gibt, dann guckt sich keiner mehr GRAVE DIGGER an, der uns schon auf einem Festival gesehen hat. Das wird auf jeden Fall schwierig. Das wird sich auch 2023 noch nicht reguliert haben. Festivals wird es immer geben, da haben auch wir schon fürs nächste Jahr Anfragen. Aber für Clubshows wird es sehr, sehr schwierig werden.

Meinst du, dass die Szene schlanker werden wird?
Ich fürchte leider schon, dass eine Menge Bands das nicht überleben wird.

Aber prinzipiell ist eine GRAVE-DIGGER-Tour gebucht?
Ja, die Tourdaten stehen. Es sind 16 Shows. Aber es spielen eben sehr viele Faktoren eine Rolle: Man kann die Tour jetzt anrollen lassen und nach zwei Tagen hat man dann zwei Mann im Bus, die Corona haben – was macht man dann? Der Bus muss trotzdem bezahlt werden und da ist noch gar nicht erwähnt, dass solche Busse augenblicklich kaum noch bezahlbar sind. Die Unternehmen verlangen teilweise bis zu 100 Prozent mehr. Früher haben wir für eine Show für den Bus 1.100 bis 1.200 Euro bezahlt und jetzt landet man locker bei 2.000 bis 2.500 Euro. Ganz ehrlich: Mystic Prophecy und Grave Digger touren ja zusammen und ich habe mit Lia gesprochen – wir haben noch keinen Plan B. Wir müssen das auf uns zukommen lassen. Die Vorverkäufe liegen derzeit zwischen 30 und 150 Karten und ab 150 bis 200 Tickets zahlen wir nicht mehr drauf – das muss man erstmal knacken. Ich hoffe, dass das jetzt mit dem Album noch ein bisschen anzieht, aber wirklich viel versprechend sieht es derzeit nicht aus …

Und kommt jetzt noch ein „Excalibur“-Album?
Ich habe noch keine Ahnung (lacht). Wie gesagt konzentriere ich mich gerade auf mein Soloalbum. Vielleicht sehe ich ja irgendeinen alten Schinken wie „Richard Löwenherz“ oder „Ivanhoe, der schwarze Ritter“ und das triggert mich dann. Kann schon sein, dass ich das ganze Ding nochmal ausgrabe – die Story ist ja schon gut. Das ist ja nicht ausschließlich historisch – Artus hat es zwar gegeben, aber es kommt ja viel Fiktives dazu. Jetzt, wo du es ansprichst, fallen mir schon wieder ein paar Sachen ein (lacht).

Damit sind wir am Ende angekommen – vielen Dank für deine Zeit!

Ein 2022 entstandene Bandfoto von Grave Digger

Publiziert am von

Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.

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