Interview mit Emmanuel Dalle von Benighted

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Interviews werden in der Regel in der Promophase zu einem Album oder einer Tour geführt – und dann über diese Themen. Doch Alben und Shows gäbe es nicht, wären die Gesprächspartner nicht so begeisterte Instrumentalisten. In unserer Serie „Saitengespräche“ wollen wir dem Rechnung tragen – mit Interviews, die sich ganz um Instrumente, Verstärker, Effekte und andere Technik drehen. Von Gear-Nerds für Gear-Nerds – und solche, die es werden wollen.

In Teil 20 der Serie unterhalten wir uns mit Emmanuel Dalle, Gitarrist von BENIGHTED.

Hallo und danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Wie geht es dir?
Hi, gern geschehen. Mir geht es gut. Ich hoffe, euch geht es trotz dieser Covid-Scheiße gut.

Wann hast du angefangen, Gitarre zu spielen?
Ich habe 2001 im Alter von 13 Jahren angefangen. Als ich etwa acht Jahre alt war, haben meine Eltern eine „Deko“-Ukulele auf einem lokalen Markt in Tahiti gekauft, wo ich zu dieser Zeit gelebt habe. Ein paar Stunden später habe ich sie von der Wand genommen und versucht, etwas darauf zu spielen. Zwei oder drei Tage später habe ich wieder aufgehört, weil es, na ja, eine Deko-Ukulele war.

Warum wolltest du damals lernen, Gitarre zu spielen?
Das begann, als ich den Metal für mich entdeckt habe. Ich war zwölf Jahre alt und sofort fasziniert von dieser Art von Musik, wegen des Sounds und den Bildern, die aus diesem Universum kommen. Ich habe mein ganzes Taschengeld für Metal-Magazine ausgegeben, auf denen ich CD-Sampler finden konnte, und je mehr ich sie gehört habe, desto mehr wollte ich die Songs auf der Gitarre spielen. Zum nächsten Weihnachten habe ich dann meine erste Gitarre bekommen.

Hast du vorher ein anderes Instrument gespielt?
Nein. Allerdings habe ich gerade vor ein paar Monaten angefangen, Klavier zu lernen.

Kannst du dich daran erinnern, was für ein Modell deine erste Gitarre war?
Nicht wirklich. Die allererste Gitarre war eine billige Gitarre einer Untermarke aus einem Anfänger-Gitarren-Set, das als „Testinstrument“ angeboten wurde. Da ich das Gitarrespielen direkt geliebt habe, habe ich ein Jahr später meine erste echte Gitarre zum Geburtstag bekommen. Es war eine Secondhand Ibanez RG 550 aus Japan, Baujahr 1991 … neongelb mit einem schwarzen Schlagbrett. Ich habe erst später gemerkt, wie viel Glück ich hatte, dass ich diese super Gitarre gefunden hatte.

Wie viele Gitarren besitzt du?
Ich besitze tatsächlich acht Gitarren – wenn man die mitrechnet, die ich früher hatte, und all die Instrumentenwechsel, hab ich wohl circa 20 Gitarren besessen.

Hast du verschiedene Gitarren für verschiedene Gelegenheiten, also zum Beispiel eine fürs Studio, eine für Konzerte, Ferien oder andere besondere Gelegenheiten?
Ja, seit ich bei BENIGHTED spiele, habe ich immer mindestens zwei Gitarren für die Band benutzt (Haupt- und Ersatz-Gitarre), die ich auch für die Studioaufnahmen verwende. Meine anderen spiele ich zu Hause, in unterschiedlichen Tunings, von Sechs- bis Achtsaitern, damit ich spielen kann, worauf ich gerade Lust habe. Außerdem ist es nützlich, da ich auch Gitarren-Unterricht gebe.

Was für technische Eigenschaften sind dir besonders wichtig, welche Kriterien muss ein Instrument erfüllen, damit du gerne damit spielst?
Ich war früher sehr pingelig, was die Dicke des Halses anbelangte, aber heute nicht mehr. Eine gute Gitarre muss für mich eine gute Finish-Qualität und einen guten Sound mitbringen. Alle meine Gitarren müssen zumindest „Locking Tuners“ haben, ein Floyd Rose oder eine ähnliche Bridge oder ein Evertune-System. Wenn ich wählen müsse, würde ich sagen, die Genauigkeit und Stabilität der Stimmung sind mir am wichtigsten, noch wichtiger als der Tragekomfort.

Man hört oft von Musikern, die eine besondere Verbindung zu ihrem Instrument zu haben scheinen. Geht es dir genauso? Hast du ein Lieblingsinstrument?
Ich glaube, das ist hauptsächlich Sentimentalität. Ich hatte dieses Gefühl bei zwei meiner Gitarren, weil ich jahrelang Stunden über Stunden über Stunden auf ihnen gespielt habe, und zwar bei meiner alten Ibanez RG 550 und der Lag Arkane Prestige 2000. Es ist aber auch so, dass bei all den Möglichkeiten, die wir als Musiker hinsichtlich Ausrüstungsverträgen mit Herstellern haben – ich habe übrigens einen Vertrag mit ESP – und den vielen Gitarren, die wir haben können und die alle paar Jahre wechseln, diese „spezielle Beziehung“ mit einem einzelnen Instrument nicht aufkommt. Dafür ist keine Zeit. Es verschwindet. Meine Lieblingsgitarre ist ein japanisches Custom-Modell, eine ESP Snapper, die ich letztes Jahr gekauft habe. Die Hersteller haben einen herausragenden Job gemacht. Der Preis ist genauso herausragend, aber sie ist ein Kunstwerk.

Hast du Veränderungen daran vorgenommen oder ist es ohnehin ein Custom-Modell? Kannst du uns mehr über die technischen Details erzählen?
Es ist ein Custom-Modell, aber ich bin nicht der ursprüngliche Auftraggeber. Es wurde für eine NAMM-Show (National Association of Music Merchants, A. d. Red.) gebaut. ESP hat danach einige seiner Customs zum Verkauf freigegeben und ich habe eins davon bekommen. Es ist eine einer Stratocaster nachempfundene Gitarre, die einen 80er-Jahre-Look hat. Ich wollte eine sehr vielseitige Gitarre, um damit sowohl Fusion-Jazz-Geschrammel als auch Neoklassik spielen zu können – allerdings keinen Death Metal. Für die Nerds: Der Corpus ist aus Rotesche mit einer Tigeraugen-Ahorn-Decke in Sunburst-Lackierung mit Natur-Binding. Der Hals ist verschraubt aus hartem Ahorn, das Griffbrett aus Vogelaugenahorn, Compound-Radius 240-305, schlanke U-Form, 648-mm-Skalierung, mit 22 Bünden aus rostfreiem Stahl, Perlmutt-Inlays und einem Knochensattel. Sie hat Gotoh Locking-Tuner, eine ESP Flicker-III-Brücke, Seymour Duncan Pickups – STK-7 am Hals, STK-7 in der Mittelposition und TB-16 an der Brücke. Als Schalter hat sie einen Master-Volume, einen Master-Tone, einen 5-Wege-Schalter und einen Mix-Variation-Switch. Alle Teile – Brücke, Tuner, Knöpfe – sind gold und der Pickguard ist schwarz-metallic.

Gibt es eine Gitarre, die du eines Tages mal gerne spielen würdest, etwa das Instrument eines deiner Idole?
Nicht wirklich. Ich denke, die nächste „große“ Gitarre, die ich besitzen werde, wird ein handgebautes Modell aus dem Laden sein. Aber ich weiß noch nicht wirklich, was für eine ich möchte.

Was für Plektren benutzt du, und warum genau diese?
Ich benutze 1 Millimeter dicke Jumbo-Jazz-Plektren – ich werde von InTune GP gesponsort. Ich habe früher mit Jazz-III-Plektren gespielt, aber die sie waren so klein, dass das auf Auftritten nicht gut gepasst hat. Die sind einem sehr leicht heruntergefallen. Die Jumbo-Jazz-Plektren haben dieselbe „spitze“ Form wie die Jumbo-Jazz-III-Plektren, aber in normaler Größe – für mich ist das der perfekte Kompromiss. Und 1 Millimeter ist die perfekte Dicke für Kontrolle und Geschwindigkeit.

Oft leasen Bands die Verstärker für ihre Touren – findest du das gut oder nimmst du deinen eigenen Verstärker mit? Mit welchem Modell spielst du?
Ich habe meinen Amp immer dabei. Ich spiele auf einem Kemper-Topteil, das ist klein und leicht genug, dass ich es überall hin mitnehmen kann. Viele Bands spielen damit auf Tour, weil du damit deinen eigenen Sound inklusive deiner eigenen Settings überall auf der Welt beibehalten kannst. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich dieses unfassbar schwere Peavy-6505-Topteil auf Tour benutzt habe – Gott segne die Technologie.

Neben Instrument und Verstärker spielen Soundeffekte oft eine wichtige Rolle. Benutzt du Einzelpedale, ein Multi-Effekt-Board oder eine Kombi?
Das ist alles bei meinem Kemper mit dabei. Daher liebe ich den echt sehr. Keine nervige Pedal-Konfiguration mehr zu Hause und auf der Bühne.

Lass uns ins Detail gehen: Erkläre uns doch bitte die Elemente deiner Effektschleife. Was für Geräte benutzt du in welcher Reihenfolge und warum?
Mit BENIGHTED benutze ich auf Tour ein Peavey 5150 Kemper-Profil von den großartigen PJ666 Kemper-Profilen (die kann sich jeder auf der Suche nach einem guten Metal-Profil herunterladen). Da wir sehr schnelle und „direkte“ Musik spielen, nutze ich nicht viele Effekte. Nur ein Noise-Gate und einen Overdrive Typ TS-9 oder OD-9 im „Stomp Part“, um präziser spielen zu können und bei den Soli etwas Delay auf den Effekten zu haben.

Ein Gedankenspiel: Du darfst auf der Bühne nur einen einzigen (!) Effekt benutzen – welchen wählst du? Welches Effekt-Pedal macht deinen Sound aus?
Das Noise-Gate ist das wichtigste auf der Bühne, und da ich auf einem Kemper spiele, nutze ich das dieses Topteils. Du kannst nicht professionell rüberkommen, wenn du keins benutzt. Es ist schlimm, wenn du jedes Mal, wenn du aufhörst zu spielen, die ganze Zeit Feedbacks oder andere Geräusche hörst – vor allem bei Breaks oder am Ende eines Songs. Wenn es nur um den Gitarrensound geht, nutze ich mein neues handgefertigtes Verzerrungs-/Overdrive-Pedal von Klirrton und unserem genialen Producer Kristian „Kohle“ Kohlmannslehner, das meinen Sound ausmacht – damit habe ich das letzte BENIGHTED-Album aufgenommen.

 

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Ist dein Effektboard „fertig“ oder in stetem Wandel?
Mein Effektboard ist fertig und für meine Arbeit mit BENIGHTED verändere ich es nicht, aber zuhause probiere ich immer sehr viel aus.

Hast du zum Abschluss noch einen Tipp für angehende Musiker?
Wenn du ein Anfänger bist, spiel einfach so viel, wie du kannst. Ich sage „spielen“, weil viele Leute nur üben. Übungen zu machen ist natürlich wichtig, aber vergiss das Spielen nicht. Du musst es genießen, anstatt nur im Roboter-Modus zu bleiben, du darfst nicht den Spaß am Spielen verlieren. Spiel viele Songs, die dir gefallen, und, was mir außerdem wichtig ist, versuch so früh und regelmäßig wie möglich, deine eigene Musik zu schreiben, selbst wenn du keine eigene Band hast – nimm dich selbst auf oder komponiere auf Guitar Pro, zum Beispiel. Dann kannst du dein eigenes Zeug üben, das wird dir dabei helfen, dich musikalisch weiterzuentwickeln und ein besserer Musiker zu werden.


Im nächsten Teil der Serie kommt Lust Killman (Gaahls Wyrd) zu Wort!


Die bisherigen Teile der Serie findest du hier:

Publiziert am von Pascal Stieler

Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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