Interview mit Alea, Falk, Jean von Saltatio Mortis

Nachdem sich SALTATIO MORTIS nach ihrer letzten Scheibe „Für immer frei (Unsere Zeit Edition)“ komplett auf die Veröffentlichung einzelner Songs mit stilistisch breitem Spektrum konzentriert haben, kam die Ankündigung von „Finsterwacht“ gleich doppelt überraschend. Nicht nur ein komplettes neues Studioalbum, sondern ein ganzes Paket aus Album, Buch und Rollenspiel-Abenteuern in der Welt von „Das Schwarze Auge“ und damit auch wieder mehr Mittelalter-Elemente im Sound der Band sollte es geben. Grund genug, um mit Alea, Falk und Jean ausführlich über das Projekt „Finsterwacht“, Leidenschaft für die Nerd-Kultur und die anstehende Burgentour zum Album zu sprechen. 

Die Ankündigung von „Finsterwacht“ als DSA-Konzeptalbum kam ziemlich überraschend, vor allem nach den stilistisch sehr breiten Singles der letzten Zeit. Wie kam es dazu?
Jean: Wir hätten selbst nicht gedacht, dass wir das so aufziehen würden. Der ursprüngliche Plan war eigentlich ganz einfach. Nämlich, wenn eine Band auf Tour geht, ist es immer gut und vor allem sehr interessant für die Leute, wenn man auch ein neues Produkt hat, das man präsentieren kann. Also war unsere Idee: Lasst uns ein kleines Produkt machen, etwas Interessantes. Maximal eine Handvoll Songs, drei oder vier vielleicht. Und auf dem Weg dahin kamen plötzlich spannende Ideen. Zum Beispiel von Falk, der ja jahrelange Erfahrung mit „Das Schwarze Auge“, DSA hat, früher dafür geschrieben hat und so weiter. Irgendwann waren wir so voll mit Ideen, wirklich voll mit Ideen, dass relativ schnell klar war, wenn wir das jetzt angehen, dann wird das ein Album.
Falk: Für mich war es von Anfang an so, dass die anstehende Burgentour einen Rahmen brauchte. Also wie Jean gesagt hat, ein oder zwei Songs dafür aufnehmen. Dann kam aber schnell die Frage: Wollen wir das in einen Kontext setzen? Und dann war auch relativ schnell klar: Okay, wie wäre es denn, wenn wir das in eine Fantasywelt einbetten? Wie wäre es denn, wenn wir das in die Welt des Schwarzen Auges transferieren?
Alea: Der nächste Schritt war dann, dass plötzlich die Idee aufkam, dass wir daraus ein umfassendes, großes Projekt mit Ulisses Spiele machen könnten, also Pen & Paper-Abenteuer, die zu unseren Liedern passen, und einen Roman, der dazu passt. Und da gab es ein paar Namen, mit denen man zusammenarbeiten könnte. Wobei jeder von uns dachte, das kannst du nicht machen. Und vor allem Falk dachte, die machen da nie mit. Und dann hat sich zum Beispiel herausgestellt, dass Bernhard Hennen ein alter Kumpel von Falk ist aus der Schwertkampfzeit.

(C) Christian Bartz

Damit standet ihr aber vor einer Mammutaufgabe, oder?
Jean:Um es kurz zu machen: Die ursprüngliche Idee war eine kleine EP mit einer Handvoll Songs. Plötzlich ergab ein Satz den anderen und man traf plötzlich alte Weggefährten wieder, die man irgendwie schon seit fast 30 Jahren kannte. Irgendwann war klar, wir machen ein Album, wir machen einen Roman dazu, der extra für das Album geschrieben wird, von genau diesen beiden Autorengrößen. Und es wird ein Pen & Paper-Spiel geben, das dann zusammen mit dem Album und dem Roman in einer Fanbox veröffentlicht wird. Und das alles wirklich, weil wieder ein Satz zum nächsten geführt hat. Also dieses berühmte: Hey, wisst ihr, was cool wäre? Lass uns mal was zusammen machen. Und plötzlich klappt alles Mögliche. Klar, das klingt jetzt so einfach, aber du kannst dir wahrscheinlich vorstellen, dass da immer wieder Steine im Weg lagen. Aber wir haben es irgendwie geschafft, die alle aus dem Weg zu räumen und noch viel mehr. Auch im Nachhinein war das einfach beeindruckend. Wir sind total verrückt, und wir haben das in einer Rekordzeit geschafft, weil letztes Jahr im Herbst noch nicht ganz klar war, wo das Projekt letztendlich hingeht.

Und wie kam es zur Zusammenarbeit mit Ulisses Spiele, dem Verlag hinter „Das Schwarze Auge“?
Falk: Ich hatte früher viel Kontakt mit der alten DSA-Redaktion und dann haben Jean und ich zufällig Nikolai Hoch getroffen, als wir auf einer Comic-Con waren und im selben Hotel übernachtet haben. Nikolai Hoch ist der Chefredakteur bei Ulisses Spiele. Jean kannte ihn schon von einer Recherche und dann saßen wir mit ihm an der Hotelbar. Nikolai mochte ein DSA-Abenteuer, das ich damals mit Lasterbalk zusammen geschrieben hatte, „Die unsichtbaren Herrscher“. Wenn man Rollenspiele spielt, hat man immer tolle Abenteuer, die man nie vergisst. Und das, was wir geschrieben haben, war zufällig für Nikolai ein Abenteuer, das ihn mega beeinflusst hat und wo er immer noch eine Figur spielt, die in diesem Abenteuer groß geworden ist. Und dann war klar, okay, wir fragen da mal an, können wir den DSA-Hintergrund überhaupt verwenden? Und dann hat Nikolai gesagt, ja klar, machen wir, das ist toll. Aber dann machen wir ein richtiges DSA-Abenteuer dazu. Also gibt es ein Soloabenteuer und ein Gruppenabenteuer zum Album.
Jean: Diese Geschichte, dass wir den Chefredakteur von „Das Schwarze Auge“ durch Zufall in einem Stuttgarter Hotel an der Bar treffen, kannst du dir nicht ausdenken. Der kommt auf uns zu und sagt, ihr seid doch von Saltatio Mortis. Ich bin Fan von eurer Arbeit, aber ich meine nicht eure Musik, sondern das Abenteuer, das Falk und Lasterbalk damals geschrieben haben. Es ist eines seiner absoluten All-Time-Favorite-Abenteuer und ganz viele Nerds lieben das auch. Er meinte dann, wir sollten mal was zusammen machen. Dann haben wir mit dem zwei, drei Bier getrunken an dem Abend und das war die Initialzündung.

Ihr habt ja schon erwähnt, dass Falk und Bernhard Hennen alte Bekannte sind, hat sich dadurch dann die Zusammenarbeit für den Roman „Die Feuer der Finsterwacht“ ergeben?
Falk: Unser Manager Leo Loehr kennt Bernhard Hennen. Und der hat gesagt, fragen wir doch mal den Bernhard. Und den Bernhard, den kenne ich auch noch von früher, ja logisch. Und über Thorsten Weitze haben wir dann den Lausch-Hörbuchverlag kennengelernt, und deswegen wird es auch ein Hörbuch zum Roman geben. Und bei diesem Hörbuch wird es vielleicht noch eine Überraschung geben, aber das können wir jetzt noch nicht verraten. Die Autoren haben ihre laufenden Projekte verschoben. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Die haben unseren Roman quasi ein halbes Jahr dazwischen geschoben in ihren normalen Zeitplan. Ulisses hat unser Produkt in ihre DSA-Timeline integriert. Und Believe, unser Vertrieb, musste sich erst mal mit Ulisses, einem Rollenspielverlag, und einem Buchverlag, zusammenschließen. Das ist, wie wenn man eine Schraube und einen Nagel zusammenbringen muss.

Aber auch ein Traum für viele Künstler, oder?
Falk: Bernhard Hennen hat im Studio gesagt, als er und Thorsten Weitze uns besucht haben, dass es für ihn immer ein Traum war, dass verschiedene Künstler aus verschiedenen Bereichen einmal zusammenarbeiten. Und wir als Musiker kennen das aus der Zusammenarbeit mit Cover-Artists oder Fotografen. Auch Buchautoren haben diese Schnittmenge, dass sie mit Grafikern zusammenarbeiten. Aber Roman, Spiel, Musik und dann plötzlich auch Film, ist schon etwas besonderes.

Du sprichst vom „Finsterwacht“-Video?
Falk: Ja, das war natürlich der nächste Hammer. Quasi über Nacht haben wir mit einem fantastischen Team, FX-Künstlern, zwei, drei Orkstämmen oder einem verrückten Lederer, der die Kostüme gemacht hat, dieses Projekt realisiert. Ohne diese Unterstützung wäre es nicht möglich gewesen. Jeder hatte dieses Leuchten in den Augen, an jeder Stelle. Ob es der Beleuchter war, der nachts frierend im Wald stand, oder der Packer im Lager von Ulisses. Alle haben an einem Strang gezogen und wir durften ein Teil davon sein. Das war für mich die schönste Erfahrung.

„Finsterwacht“ klingt einerseits vertraut und unverkennbar nach SALTATIO MORTIS, andererseits aber auch voller neuer Facetten. Wie hat sich das Songwriting für euch gestaltet?
Jean: Das Spannende bei uns ist, wenn wir einen roten Faden haben, an dem wir uns entlang hangeln können, dann geht das Songwriting fast von alleine. Korrigiert mich gerne, wenn ich falsch liege, aber zum Beispiel beim Titelsong war klar, dass er „Finsterwacht“ heißen und ein Epos werden sollte. Die Vorgabe war, lasst uns irgendwas in Richtung zehn Minuten machen. Also wirklich weg von allem, was man sonst von uns gewohnt war. Als dieser rote Faden dann da war, war es, als hätte man uns so ein Korsett abgenommen. Jetzt kann man einfach drauflos schreiben. Denn ein zehnminütiges Lied schreiben zu dürfen bedeutet, dass du erstmal in alle Richtungen denken darfst. Du kannst nach einer Minute irgendwo abbiegen, dann kann die Strophe das machen, der Refrain kann das machen, dann gibt es einen ausgedehnten Mittelteil oder, oder, oder. Man muss sich nicht an die Popformel halten, man muss nicht diesen dreieinhalbminütigen Song schreiben, der ins Rockradio passen muss. Das war auf dem ganzen Album so, dass wir einfach loslegen konnten. Jeder hat wirklich sein A-Game gebracht. Till, unser Gitarrist, der normalerweise wirklich der stillste und ruhigste Typ ist, der hat aufgedreht und kam mit einem Demo nach dem anderen.
Falk: Das liegt auch daran, dass bei Till das Gamerherz geweckt wurde. Er ist auch ein Fantasy-Fan, aber eben mit Pixeln. Und ich glaube, was das Album jetzt so besonders macht, ist, dass wir eben nicht in Musik gedacht haben, sondern in Story-Elementen. Weil wir plötzlich gedacht haben, okay, wir brauchen einen Tavernensong, wir brauchen ein Lagerfeuersong. Deswegen haben wir Lieder ohne Refrain, deswegen haben wir ein zehnminütiges Lied. Da sind Sachen passiert, die wir auf einem marketingkonformen Album nie gemacht hätten. Manche Bands, ich kenne jetzt keine (lacht), aber manche Bands machen das vielleicht. Aber das war überhaupt nicht nötig, weil klar war, das wird unser nerdigstes Album, bewusst mit Ansage und Arschbombe rein in unsere Rollenspielwelt.

Nerdig im Bezug auf die Texte?
Jean: Ja, man darf natürlich nicht vergessen, dieses ganze Generde ist immer auf den Inhalt der Songs bezogen. In dem Bereich, in dem wir uns bewegen, ist der Inhalt in der Wahrnehmung unheimlich wichtig. Es gibt sicher Rockbands, da ist der Inhalt völlig egal. Die singen über dies und das, das interessiert keinen. Hauptsache, man kann mit dem Hintern wackeln und irgendwie drei Akkorde für ein Halleluja spielen. Aber bei uns ist eigentlich der Inhalt super wichtig. Und trotzdem, finde ich, haben wir das musikalisch super abwechslungsreich auf den Weg gebracht.

(C) Christian Bartz

Die Riege an Gästen auf „Finsterwacht“ ist mehr als hochkarätig. Wie wurden diese ausgewählt?
Alea: Auf jeden Fall. Ich glaube, dass wir durch diese Freiheit, die wir uns genommen haben, einfach Dinge gewagt haben. So war es auch mit den Prager Symphonikern. Klar, Prager Symphoniker, das ist der Hammer. Aber können wir denen jetzt schreiben? Ja, machen wir. Mehr als nein können sie nicht sagen. Das war genau diese, wie soll ich sagen, Naivität, die aber bei den Leuten gezündet hat. Ob das Tina Guo war oder die anderen Gäste. Wir haben so coole Features auf dem Album.
Falk: Schon bei „Finsterwacht”selbst, aber hallo! Wen könnte man denn da fragen? Und vielleicht auf Deutsch. Kommt, lasst uns mal den Hansi fragen. Aber der macht doch nie mit! Der singt doch nie Deutsch. Doch dann meinte er sofort: Ja klar, mach ich. Das ist dann wie einen Ritterschlag zu erhalten, großartig.
Alea: Genau, Ritterschlag erhalten, kann man da wirklich sagen bei Blind Guardian. Ich meine, wir sind alle wahnsinnige Guardian-Fans und das ist eine Ehre, das erleben zu dürfen. Und ich meine, das ist ja nur der Anfang des ganzen Albums. Da kommt ja noch viel, viel mehr.
Jean: Dann schreiben wir eine total poppige Nummer und sagen, wisst ihr, wie das jetzt klingt, in welche Richtung wir das machen könnten? Wir sollten mal Faun fragen, das wird richtig cool. Und plötzlich sagen die ja und sind am Start und liefern ihre Sachen auch in Rekordzeit. Oder die Geschichte, die Alea gerade erzählt hat, mit dem Orchester. Der Produzent dreht sich um, wir waren gerade am Arbeiten und sagt, Jungs, jetzt mal ohne Witz, das wäre eigentlich eine Platte, wo man mit Orchester arbeiten könnte. Ja, aber weißt du, was das kostet.

(C) Ingmar Wein

Schlussendlich kam es ja dann aber doch zu einer Zusammenarbeit.
Jean: Ja, wir haben vor ein paar Jahren eine Platte gemacht, die hieß „Klassik und Krawall“, und da haben wir mit einem sehr guten Arrangeur zusammengearbeitet. Ein ganz alter Hase, der für den WDR gearbeitet hat und Arrangements für James Last geschrieben hat. Den haben wir wieder kontaktiert und der hatte Verbindungen zu den Prager Symphonikern. Der hat gesagt, die haben Bock auf so was, die machen viel Gaming, die machen Soundtracks, die haben die ganzen tschechischen Märchenfilme vertont und Conan, der Babar und Ben Hur und wie sie alle heißen. Tatsächlich kam die Rückmeldung, dass die Lust auf das Projekt haben und dass die auch ein Budget aufrufen, über das man nachdenken kann. Das kostet natürlich Geld, das darf man nicht verschweigen. Aber hey, dann haben wir es gemacht und Dietmar Menzinger hat dann noch die Arrangements geschrieben. Wirklich toll. Und dann sind Alea, Luzi und ich hingeflogen. Das war der Wahnsinn.

Wie war das für euch, live bei den Orchesteraufnahmen dabei zu sein?
Alea: Das war eines der schönsten Erlebnisse meines Lebens. Dabei zu sitzen und die Songs zu hören mit dem Orchester. Also ich habe eigentlich die ganze Zeit geheult, kann ich einfach zugeben. Also gerade bei „Oh Treues Herz”, da war es dann völlig vorbei (lacht).
Jean: Ich saß völlig übernächtigt in der Regie und versuchte, die Partitur zu lesen, nachdem wir am Vorabend in so einer tschechischen Bierkneipe abgestürzt waren. Wir kamen direkt vom Videodreh zu „Finsterwacht“. Wir hatten vier Tage Videodreh und sind direkt vom Set zum Flughafen und nach Prag geflogen und standen noch total unter Strom. Um runterzukommen, haben wir uns erst mal in so eine tschechische Bierkneipe gesetzt und ein bisschen was getrunken. Dann wurde es immer später und am nächsten Morgen habe ich versucht, die Partitur mitzulesen. Das kannst du vergessen (lacht).

Die Lyrics von „Finsterwacht“ sind klar im Fantasy-Bereich verortet, erschlagen aber auch Nicht-DSA-Fans nicht mit Insider-Anspielungen. War das ein Kompromiss oder natürlich entstanden?
Alea: Wir wollten, dass jemand, der DSA spielt und sich damit auskennt, sich zu Hause fühlen kann, aber definitiv auch, dass sich jeder, der vielleicht gar nichts mit Rollenspielen und solchen Sachen zu tun hat, sich auch darin wiederfindet. Ich meine, wir kommen alle aus einer Szene, die früher belächelt wurde. Leute, die Tolkien und so gelesen haben. Das ist jetzt modern und gilt als cool, spätestens seit Game Of Thrones. Und ich glaube, das ist der Grund, warum dieses Album so wunderbar funktioniert.
Jean: Nicht jeder kennt sich in Aventurien so gut aus, wie unser Falk. Wenn du da einmal den Stöpsel ziehst, dann sprudelt das drauflos (lacht). Tatsächlich ist es beim Schreiben der Lyrics so gewesen, dass wir zusammensaßen und Falk sagte, Leute, eigentlich müssten wir das jetzt so und so ausdrücken oder wir könnten noch den und den Namen einbauen. Teilweise haben wir das gemacht, wie bei Rondra in „Finsterwacht“ zum Beispiel. Aber bei vielen anderen Dingen mussten wir dann die Waage halten, denn es darf nicht so abdriften, dass jemand, der sich damit nicht beschäftigt oder auch nicht beschäftigen will, komplett raus ist. Sondern es soll für alle ein guter Song sein. Viele haben auch gefragt, wo denn der Schwarze Strand ist. Denk’s dir aus! Ich meine, es ist Fantasy (lacht).

Und was hat es tatsächlich mit dem Schwarzen Strand auf sich?
Falk: Tatsächlich kann man das DSA intern erklären. Also es gibt einen Totengott, es gibt Rethon, die Seelenwage, es gibt Golgari, es gibt den Flug über das Nirgendmeer, am Schwarzen Strand, um in ein Paradies zu kommen.
Alea: Ich finde auch „Feuer und Erz“ ist ein sehr schönes Beispiel. Natürlich ist es ein Song über das Zwergentum, klassische Fantasy, aber da sind so viele Bilder drin, die von Zusammenhalt, von gemeinsam stark sein sprechen. Ich glaube, deshalb funktionieren die auch wundervoll für Leute, die keinerlei Kontakt zur Fantasy-Szene haben.

(C) Christian Bartz

„Finsterwacht“ erscheint nur als Boxset mit den bereits genannten Extras, wieso veröffentlich ihr das Album nicht auch als reguläre CD oder LP?
Falk: Ja, es wird keine separate CD zum Album „Finsterwacht“ geben. Also kein einzelnes Album. Sondern es gibt tatsächlich nur diese Box. Ich habe in meinem Leben schon genug Boxen von Bands gekauft, in denen Bierdeckel, eine Fahne, Aufkleber und Streichhölzer drin waren. Deswegen ist es für mich persönlich so wichtig, dass klar ist, das ist kein generisches Set. Kein „Ich packe mal irgendeinen Krusch zusammen, der nicht schnell genug weg war“. Sondern das ist wirklich mit sehr viel Liebe zusammengestellt und ich hoffe, dass viele Leute das wertschätzen können.
Jean: Es wurde auch immer wieder nach dem Warum gefragt. Da muss ich kurz kontrovers werden: Die Leute da draußen haben beschlossen, dass Musik nichts mehr wert ist. Vor ein paar Jahren und jedes Jahr aufs Neue. Wir haben jedes Jahr zweistellige prozentuale Rückgänge im Vergleich zum Vorjahr bei den physischen Verkäufen, und dazu zählt mittlerweile auch der Verkauf einer digitalen Kopie. Ich mache niemandem einen Vorwurf, dass das so ist, aber daraus folgt eben auch, dass man uns keinen Vorwurf machen kann, wenn wir ohne Budget kein Produkt herausbringen. Man musste uns zwischenzeitlich sogar bremsen, sonst hätten wir noch viel mehr in die Kiste gepackt. Aber irgendwann sagen die Geschäftspartner, dass zwei Dinge passieren: Es wird insgesamt zu teuer und entweder verdient keiner mehr etwas daran oder wir müssen es für den Kunden so teuer machen, dass es im Zweifelsfall zu viel wird. Für uns war aber wichtig, dass es ein bezahlbares Produkt wird. Das ist einfach so. Ich schere jetzt bewusst alle über einen Kamm, ich weiß, dass das unfair ist, es gibt viele Leute, die sagen, ich will mir trotzdem eine CD kaufen, ich würde auch Geld bezahlen. Aber der Großteil der Leute macht das nicht mehr und bei kleinen Stückzahlen lohnt sich das heute nicht mehr. Also entweder ist es ein Liebhaberprodukt und damit eine Fanbox, die wirklich wertvoll ist, oder es gibt Streaming.
Falk: Ja genau, die Musik ist ja für alle verfügbar.

Was ist euer Lieblingssong auf dem Album?
Jean: Täglich wechselnd, mal der eine, mal der andere. Am Anfang war es „Finsterwacht“ und wenn wir ihn live spielen immer noch. Ansonsten „Vogelfrei“ und „We Might Be Giants“.
Alea: Ich finde auch „Feuer und Erz“ einen absoluter Killer. Was ich wirklich liebe, obwohl ich es dreieinhalb Stunden gehört habe: „Der Himmel muss warten“! Und es ist nicht so, dass ich den Text nach den dreieinhalb Stunden besser kannte, nein, schlechter (lacht). Irgendwann hat sich der Kopf dagegen gewehrt, glaube ich.
Falk: Das wechselt bei mir auch. In dem Moment, wenn ich ihn spiele, ist quasi jeder Song mein Lieblingssong. Völlig absurd, aber dadurch, dass die Songs so unterschiedlich sind kann man sagen, okay, das ist mein Lieblings-Metal-Song, das ist mein Lieblings-Lagerfeuer-Song.

Im Juni startet eure gleichnamige große Burgentour durch Deutschland. Könnt ihr uns schon einen Einblick geben, was die Besucher erwartet?
Falk: Wir machen, was wir immer machen: Wir spielen so viel von dem neuen Album, wie es normalerweise keine andere Band macht (lacht). Normalerweise geht man auf ein Konzert von einer Band und du hörst vielleicht ein, zwei neue Stücke. Bei uns nicht. Bei uns wird es ein „Finsterwacht”-Konzert werden. Und auf die Locations, denn das war ja die Grundidee. Wir verlegen quasi diese Locations in die Finsterwacht, nach Aventurien. Wir haben ein spezielles Sonderprogramm, das wir… Dürfen wir darüber jetzt schon sprechen? Ich glaube nicht.
Jean: Nein (lacht).
Falk: Okay. Also, es wird episch. Es wird genauso episch wie das Prager Orchester, weil wir auch hier wieder mal gesagt haben, oh, es wäre doch geil, wenn… Und genau das hat funktioniert. Also, wenn du kommst, wirst du Dinge erleben, die du von uns so bisher noch nicht gesehen hast.
Jean: Das wird auf jeden Fall eine ganz besondere Atmosphäre. Die historischen Burgmauern geben schon viel Atmosphäre. Das ist schon das eine. Aber wir haben uns natürlich bemüht, so viel kann ich verraten, dieser Atmosphäre gerecht zu werden und uns ein Programm und eine Art und Weise, was wir da machen, zu überlegen, dass es etwas Besonderes wird. Also, dass man jetzt nicht das Gefühl hat, hier ist das Stadtfest Buxtehude-Klöbbelbach, sondern wir wollen schon irgendwie was Ordentliches auf die Beine stellen und auf die Bühne bringen. Das ist uns wichtig, also diese Atmosphäre.

Wobei ein SALTATIO-MORTIS-Konzert meiner Meinung nach auch stark von der besonderen Interaktion zwischen euch und den Fans lebt.
Alea: Ich glaube, das Wichtigste ist, dass jeder, der zu einem Schlosskonzert kommt, ein einzigartiges Erlebnis hat. Und das liegt zum Teil an den Dingen, die wir uns ausgedacht haben. Zum Teil liegt es an den Locations, die wir haben. Aber vor allem liegt es an dem, was das Publikum und wir jeden Abend gemeinsam schaffen. Denn ich bin absolut davon überzeugt, dass ein SALTATIO-MORTIS-Konzert nichts ist, wo man sagen kann, und dann passiert das und das. Natürlich gibt es in bestimmten Teilen Dinge, die man als Ritual eingeführt hat, die man immer wieder macht. Aber es ist jeden Abend ein anderes Gefühl. Und da ist eine wunderbare Familie vor der Bühne, von jung bis alt. Alle sind da, inzwischen teilweise mehrere Generationen, alle feiern zusammen und machen den Abend unvergesslich. Darauf freue ich mich riesig.
Jean: Und was ich echt toll finde, wenn man jetzt selber so ein bisschen Musikfan ist und oft auf Konzerte geht, was ich relativ oft mache, dann sieht man, wie erschreckend viele Leute mittlerweile das Konzert über ihr Handy gucken. Ich finde, das hat sich bei uns total gut etabliert, dass wir, also das gebe ich jetzt mal als Dankeschön an die Fans raus, dass wir wirklich eine Fanbasis haben, die das mit eigenen Augen und mit dem eigenen Körper miterlebt, weil es auch immer etwas wirklich sehr Intensives ist, was bei uns passiert.
Alea: Es gibt auch viele Leute, die immer sagen, hey, warum springt das Publikum die ganze Zeit? Warum die ganze Zeit das? Ich bin ein Mensch, der körperlich erlebt. So funktioniere ich und das gebe ich weiter. Und das Erstaunliche ist, wenn du von der Bühne ins Publikum schaust, die Leute strahlen einfach nach einem Konzert. Und das Wichtigste ist, dieses Licht anzuzünden. Und euch allen da draußen noch mal vielen, vielen Dank, dass ihr das macht. Aber vergesst nicht, ihr macht das auch umgekehrt. Jeder von uns ist manchmal Streichholz und manchmal Kerze. Es ist definitiv so, dass ihr uns genauso anzündet, wie wir euch anzünden. Und das ist das Wunderbare an einem Konzert von Saltatio Mortis, finde ich.

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Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.

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