Konzertbericht: Saltatio Mortis w/ Indecent Behaviour

22.03.2019 Löwensaal, Nürnberg

Unter dem Titel „Brot und Spiele“ des gleichnamigen Albums geht es in eine neue Runde mit dem Oktett von SALTATIO MORTIS, die ihr aktuelles Werk „Brot und Spiele – Klassik & Krawall“ bewerben wollen. Das Album selbst hat einiges an Kritik einstecken müssen und die Band selbst sah sich schon länger (unter anderem für „Zirkus Zeitgeist“) dem Vorwurf gegenüber, nicht mehr sie selbst zu sein, sich im Deutschrock verloren zu haben und Authentizität einzubüßen. Ob die Punkte berechtigt sind und wie das anvisierte Publikum live reagiert, galt es hier zu prüfen.

Wie es sich aber für eine Band gehört, die seit einigen Jahren wachsende Bekanntheit genießt, gibt es freilich eine Vorband, die vorab die Stimmung bringen soll. Diese Aufgabe fällt für das Konzert im ausverkaften Löwensaal an INDECENT BEHAVIOUR, einer noch relativ unbekannten Melodic-Hardcore-Punk-Band aus dem beschaulichen Saarland. Die Kombination scheint etwas kurios, um nicht zu sagen „mutig, wenn man bedenkt, wo SALTATIO MORTIS herkommen und welches Klientel wohl vor Ort sein würde. INDECENT BEHAVIOUR haben aber Glück und scheinen trotzdem den Nerv der Anwesenden zu treffen. Sänger Henrik platzt geradezu vor guter Laune und grinst im Angesicht des vollen Saals über beide Ohren hinaus – schließlich ist das erst der zweite Auftritt vor größerem Publikum. Von Nervosität ist keine Spur zu sehen. Man kann sich an dieser Stelle wie bereits erwähnt über die Wahl der Vorband und deren Spielart beschweren wie man möchte, Gefallen finden INDECENT BEHAVIOUR an diesem Abend allemal. Sänger Henrik weiß sein Publikum zu begeistern und fängt mit auf Mitsingen ausgelegten Titeln wie dem Opener „Outnumbered“ die Hörerschaft ein. Der Sound ist hervorragend auf die Band abgemischt und das Licht gut gewählt, es fehlt allerdings ein bisschen an musikalischer Abwechslung, da sich die Lieder stark ähneln. Nichtsdestotrotz kommen die Songs technisch sauber gespielt daher und animieren dank vieler genretypischer Stellen zum Mitsingen und -klatschen. Apropos „genretypisch“: Es entsteht sogar ein Circle Pit um den Frontmann, als dieser sich kurzentschlossen in die Saalmitte begibt, bevor sich die Band mit „99-1“ verabschiedet.

  1. Outnumbered
  2. Bridges
  3. Roots
  4. Falling Down
  5. Restore
  6. Land of Eagerness
  7. ADAD
  8. Legal Torture
  9. Drowning
  10. 99-1

Es ist also Zeit für den ersehnten Hauptact des Abends: SALTATIO MORTIS. Die Totentänzer eröffnen ihr Konzert mit dem deutsch-rockigen „Große Träume“ – und plötzlich ergibt die Wahl der Vorband Sinn und alles fügt sich ineinander. Der Beginn ist ein guter Schachzug, um das Publikum gleich dort abzuholen, wo es eben noch von der Vorband verlassen wurde. In Verbindung mit Pyrotechnik nimmt der Auftritt sofort Fahrt auf. Alea ist in seinem Element, genießt „seine“ Bühne und springt wie besessen über die Bretter, während er sich in die Musik ergibt. Der Einsatz von Pyro und ein sehr aktives Publikum treiben die Temperaturen des zum Bersten gefüllten Saales nach und nach in die Höhe. Der erste Teil des Auftritts ist geprägt von neueren, sozial-kritischen, und rockigen Liedern wie „Brot und Spiele“, „Besorgter Bürger“ und „Europa“ (passend inszeniert mit großen Flaggen), bevor Lasterbalg das Konzert mit kurzen Einwürfen und Hinführungen zu den nächsten Titeln unterbricht – so auch für „Heimdall“, dessen Ursprung er noch erklärt.

„Heimdall“ und gerade auch der vorangegangene „Drachentanz“ (beide vom aktuellen Album) bieten eine erfreuliche Abwechslung und schlagen wieder altbekannte, folkig-mittelalterliche Töne an – so auch „Eulenspiegel“. Über „Mittelalter“ lässt sich streiten, wirkt es an dieser Stelle deplatziert, genauso wie das später folgende „Nie wieder Alkohol“, das das Publikum zwar lautstarkt mitsingt (und wohl auch das Motto des darauffolgenden Tages so manches Besuchers sein müsste…), aber dennoch plattitüdenhaft daherkommt. Insgesamt fällt der Auftritt von SALTATIO MORTIS erfreulich lange aus. Nach „Sie tanzt allein“ täuschen SaMo einen Abgang vor, werden aber lautstark vom extatischen Publikum zurück auf die Bühne zitiert, sodass – freilich eingeplant – eine ausgiebige Zuage erfolgt.

Bei „Prometheus“ steigt dann aber leider die Bühnentechnik aus. Das beschworene Feuer bleibt aus bzw. im Werfer, aber Alea improvisiert und spannt das Publikum ein. Das funktioniert sehr gut ud bei jedem „Feuer“ im Refrain streckt er mit dem in Rot getauchten, kompletten Publikum die Hände in die Höhe. Mit dem „Spielmannsschwur“ gibt es zum Abschluss noch ein kleines Schmankerl, das mit Piano und dezenter Beleuchtung eingeleitet wird. Beide Seiten – Band und Publikum – verausgaben sich regelrecht final.

  1. Große Träume
  2. Dorn im Ohr
  3. Wo sind die Clowns
  4. Brot und Spiele
  5. Wachstum über alles
  6. Europa
  7. Besorgter Bürger
  8. Idol
  9. Spur des Lebens
  10. Drachentanz
  11. Heimdall
  12. Le Corsaire
  13. Eulenspiegel
  14. Mittelalter
  15. Nachts weinen die Soldaten
  16. Brunhild
  17. Ich werde Wind
  18. Rattenfänger
  19. Sie tanzt allein
  20. Tritt ein
  21. Nie wieder Alkohol
  22. Prometheus
  23. Spielmannsschwur

Was bleibt also zu sagen? Hat sich SaMo „verloren“, „verkauft“ und „verraten“? Nun – Nein! Ja, SALTATIO MORTIS hat sich musikalisch geändert, ist aktueller geworden und hat sich neuen Thematiken geöffnet – das ändert allerdings nichts daran, dass die Band live immer noch durch Spaß an der Musik und dem Austausch mit dem Publikum zu überzeugen weiß und das wurde auch an diesem Abend wieder bestätigt. Damit hat sowohl das „Alte“ wie auch das „Neue“ seine Daseinsberechtigung. Die Band präsentiert sich selbst nach wie vor authentisch, steht zu „ihrer“ Musik und zeigt das auch nach außen. Es dürfte also keiner der Besucher frustriert nach Hause gegangen sein. Man darf gespannt sein, was sich hier noch alles entwickeln wird.

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Fotos von: Andreas Brückner

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