Interview mit Juha Raivio von Swallow The Sun

Vier Alben und eine meher als achtbare EP in zehn Jahren, diese Leistung haben die finnischen Doom Metaller von SWALLOW THE SUN mit der Veröffentlichung ihrer neuen Langrille „New Moon“ erbracht. Grund genug, um Bandgründer Juha Raivio zum Gespräch zu bitten. Zwar konnte der Gitarrist dem neu verpflichteten Drummer Kai Hahto keine neuen Details zur kommenden Wintersun-Scheibe entlocken, aber dafür plauderte er ungezwungen über die Gründe, wieso er SWALLOW THE SUN ins Leben gerufen hat, die Gefahr sich zu Tode zu arbeiten und wieso seine Band wohl immer zu den Außenseitern gehören wird.

Hy Juha. Vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview nehmen konntest, es ist mir eine Ehre. Wie geht’s dir im Augenblick und wie geht’s dem Rest der Band?
Ebenfalls hallo. Nach der Europatour im Dezember hab ich mich ein wenig ausgeruht und ein bißchen Zeug für Trees of Eternity und Plutonium Orange geschrieben. Im Augenblick warten wir darauf, im Februar ein paar Gigs in Finnland zu spielen und dann auf Europatour mit Katatonia zu gehen, und dann von da aus direkt nach Amerika mit Finntroll. Ein paar der Jungs aus der Band ruhen sich auch aus und ein paar Arbeiten noch vor der Tour, auf jeden Fall sind wir alle aufgeregt die „New Moon“-Tour im Frühling fortzusetzen.

Ihr habt euer viertes Album „New Moon“ (herzlichen Glückwunsch übrigens, es ist ein großartiges Album und ich hab euch in meinem Review 9 von 10 Punkten gegeben) vor etwa zwei Monaten [das Interview wurde Anfang Januar abgeschickt – Anm. der Redaktion] veröffentlicht und seid dann mit Insomnium und Omnium Gatherum durch Europa getourt. Kannst du uns ein bißchen was darüber erzählen, solange die Erinnerung noch frisch ist?
Das war unsere erste größere Headliner-Tour und die ganze Tour war einfach nur unglaublich. Wir wussten nicht, was wir von dieser Tour erwarten sollten, aber das ganze Lineup war so gut, mit Insomnium und Omnium Gatherum, dass viele Leute zu unseren Auftritten kamen. Und es war toll zu sehen, dass wir so eine große Fanbase in Europa haben.

Was ist jetzt im Augenblick los, nachdem das Album draußen, die Promo-Arbeit getan und die Tour (größtenteils) zu Ende ist? Gönnt ihr euch eine Pause vom Bandleben oder geht alles so weiter wie bisher?
Naja, ich hoffe, dass wir mit dem Album wenigstens noch ein Jahr lang weiter touren. Im Augenblick sind noch zwei Touren angekündigt und hoffentlich kommen nach den Sommerfestivals noch welche dazu. Vielleicht wird es eine kurze Pause im nächsten Herbst geben, weil ich da mit Plutonium Orange ins Studio gehen und auch ein Album mit Trees of Eternity aufnehmen sollte, wenn alles so läuft, wie es geplant ist. Aber ich hoffe, dass wir danach auch mit Swallow the Sun weiter touren. Keine Zeit für Pausen.

Wie gesagt, „New Moon“ kam im November raus. Habt ihr das Veröffentlichungsdatum absichtlich so gewählt, weil es so ein passendes Album für die dunklen Herbst- und Winternächte ist, oder war es einfach Zufall, dass die CD zu dieser Zeit fertig wurde.
Naja, das Album kam halt einfach zu der Zeit raus, aber es ist immer gut diese Art von Musik in der dunklen und kalten Zeit des Jahres zu veröffentlichen, das ist fast wie ein Soundtrack für diese Jahreszeit.

Du hattest jetzt ein wenig Zeit, um auf das Album zurück zu blicken. Bist du immer noch genau so stolz darauf wie damals, nachdem es veröffentlicht wurde, oder sind dir inzwischen ein paar Dinge aufgefallen, die du lieber verändert hättest, wenn du könntest?
Es gibt immer ein paar kleine Dinge, die man gerne verändern würde, wenn das Album fertig ist, aber ich bin sehr glücklich damit wie das Album geworden ist und könnte nicht stolzer darauf sein.

Ihr hattet auch schon die Gelegenheit, während der genannten Tour ein paar von den neuen Songs an einem Livepublikum „auszuprobieren“. Wieviele von den neuen Songs habt ihr in die Setlist eingearbeitet? Und gab es irgend einen Song, den das Publikum besonders gut aufgenommen hat, den man vielleicht einen „zukünftigen Live-Klassiker“ nennen könnte?
Wir spielen sehr viel vom neuen Album, weil da viele gute Live-Songs drauf sind. Es war wirklich großartig Songs wie „These Woods Breathe Evil“, „New Moon“ und „Sleepless Swans“ zu spielen. Wir würden auch „Lights On The Lake“ gerne öfter spielen, aber wegen den weiblichen Vocals ist das ziemlich unmöglich, wenn Aleah nicht gerade bei dem Konzert dabei ist. Wir haben „Lights On The Lake“ auf unserer finnischen Tour gespielt und das schien zu der Zeit der am meisten gewünschte Song zu sein, aber ich schätze mal, dass wir ihn wegen dem Gastgesang in Zukunft nicht so oft spielen können.

Euer neues Material hat mich zuerst ein wenig überrascht. Ganz besonders diese Black Metal Einflüsse, die mir auf euren vorigen Alben nie wirklich aufgefallen sind, haben mich einfach nur umgehauen. Mikkos erste Gesangslinien bei „These Woods Breathe Evil“ sind total bösartig und intensiv. Wann habt ihr euch entschieden, diese Einflüsse weiter auszubauen, und hatte Mikkos Involvierung in das aktuelle Alghazanth-Album vielleicht was damit zu tun?
Mikko ist ein alter Black Metal Typ und hat in den letzten zehn Jahren in einer ganzen Reihe verschiedener BM-Bands gesungen. Ich hab mir schon immer gewünscht, dass er mehr Black Metal Gesang für uns benutzt, aber er war sich nicht sicher, ob das zu unserem Stil passen würde, aber jetzt auf der letzten EP und dem neuen Album hat er angefangen mehr davon einzubauen und es funktioniert wirklich gut.

Es gibt auch diesen Teil von „Lights On The Lake“ mit dem Tremolo-Riffing und den Blast Beats. Da euer neuer Drummer Kai Hahto bei diversen Black Metal Bands gespielt hat, drängt sich die Frage geradezu auf: War das seine Idee oder war die Idee bereits vorhanden, als er eingestiegen ist?
Alle Songs waren schon fertig, bevor Kai eingestiegen ist, aber wir hätten gar keinen besseren Schlagzeuger finden können, um dieses Zeug zu spielen. Vielleicht wird es in Zukunft mehr in diesem Stil von uns geben, oder vielleicht werden wir sogar noch langsamer, wer weiß?

Bei „Lights On The Lake“ steuert auch die schwedische Sängerin Aleah ein wenig Gesang bei. Wie kam es dazu? Hattet ihr schon geplant, weiblichen Gesang einzubauen und seid dann auf sie gestoßen, oder war es anders herum?
Ich hab ihre Stimme bei Myspace gehört und das hat mich umgehauen. Sie hörte sich wie ein Gespenst an und ich hatte sofort die Idee, sie als Stimme des ertrunkenen Kindes in dem Song zu benutzen. Ich hab sie kontaktiert und es stellte sich heraus, dass sie auch Swallow the Sun Fan ist, was eigentlich gar nicht hätte besser laufen können.

Der Song trägt auch den Beinamen „Horror Pt. 3“. Schließen die „Horror“-Songs damit jetzt ab oder wird es auf den nächsten Veröffentlichungen noch mehr geben?
Ich weiß nicht, ob wir noch mehr „Horror“-Songs machen werden, aber ich hoffe es auf jeden fall, weil die wirklich viel Spaß machen. Normalerweise weiß ich beim Schreiben von Musik ziemlich schnell, ob ein Song ein Teil der „Horror“-Saga wird und dann entwickeln die sich ganz natürlich in diese Richtung. Jemand hat mich mal gefragt, ob wir nicht noch ein paar mehr „Horror“-Songs schreiben und die später alle zusammen auf einem Album veröffentlichen wollen, das wäre ein sehr merkwürdiges Album, aber eine großartige Idee!

Ich habe gerade mal auf meiner Kopie von „The Morning Never Came“ nachgeschaut und hinten drauf wird der Song „Swallow“ schon „Horror Pt. 1“ genannt. Wie fest war die Fortsetzung dieses Songs von Anfang an ins Bandkonzept eingeplant? Wusstet ihr da schon, wie es weitergehen würde, wann und wie viele Teile noch folgen würden?
Ich habe keine Ahnung, woher diese „Horror“-Songs kommen und wie viele es noch geben wird. Ich bin ein alter Prog-Typ und liebe diese Art von seltsamen Songs, die auf jedem weiteren Album fortgeführt werden, also werden wir hoffentlich noch mehr davon machen.

Worum geht es bei diesen Songs? Erzählen sie eine fortlaufende Geschichte oder sind sie nur durch das Thema verbunden?
Es gibt ein gewisses Geistergeschichten-Thema, das all diese „Horror“-Songs zusammen hält, aber es gibt keine gerade, fortlaufende Geschichte. Wenn du genau hin hörst, dann kannst du auch ein musikalisches Thema in jedem der Songs hören, eine Melodie, die in jedem „Horror“-Song drin ist und auch in den zukünftigen sein wird.

Wie gesagt, ich mag das Album sehr gerne und in meinem Review schrieb ich, dass die ersten fünf Songs vielleicht das beste sind, was ihr je geschrieben habt. „New Moon“ steht für mich auf einer Stufe mit eurem fantastischen Debut als das beste Swallow the Sun Album überhaupt. Obwohl ich ein paar Schwierigkeiten mit dem letzten Track „Weight Of The Dead“ habe. Sein Finale lässt mich irgendwie etwas unbefriedigt zurück, weil ich den Eindruck habe, dass der Song eher „stoppt“ als ordentlich auszufaden. Was sagst du dazu?
Der plötzliche Stop am Ende des Songs ist so wie das Durchschneiden einer Kehle, es ist wie ein sicherer Tod und totale Stille danach. Ich weiß nicht wieso mir Songs, die am Ende ausfaden, nie wirklich gefallen haben, die klingen in meinem Ohren einfach sehr lahm. Wenn ich mir das Album anhöre, dann kommt das Ende so abrupt, da fühle ich mich total leer danach, als ob es nichts mehr zu sagen oder nicht eine einzige Note hinzuzufügen gäbe, nur Leere und endlose Dunkelheit. Das Ende des Albums erinnert mich daran, wie schnell dieses Leben zu ende sein kann, nur ein einziger Lidschlag und die Menschen sind weg.

Ihr habt eure zweite US-Tour mit Finntroll, Moonsorrow und Survivors Zero für April geplant. Was erwartet ihr von dieser Tour?
Tatsächlich ist es unsere dritte US-Tour. Zuerst waren wir mit Katatonia unterwegs und letztes Jahr waren wir auf Tour mit Soilwork durch Nord Amerika. Wir scheinen eine sehr engagierte und stets wachsende Fanbase in den USA zu haben und es war immer so großartig in den USA zu spielen, dass ich es kaum erwarten kann, dahin zurückzukehren.

Meiner Meinung nach ist das ein recht merkwürdiges Lineup für eine Tour. Denkst du nicht, dass ihr wie eine Art „Außenseiter-Band“ rüberkommen könntet, zwischen Finntrolls Party-Musik, Moonsorrows epischem Wikinger-Zeug und Survivors Zeros Death Metal? Oder bist du der Ansicht, dass eure eher ruhige Musik einen großartigen Kontrast zum Rest der Bands bildet?
Naja, wir werden wohl immer eine Außenseiter Band bei Tour Lineups sein, weil wir langsamere Musik spielen und es nicht so viele Bands gibt, die wir uns aussuchen können, wenn wir uns nach Tourmöglichkeiten umschauen. Fast alle Metal Bands auf der Welt wollen schnelle Musik machen, schnelle Soli spielen und dieses ganze „Get those fucking hands in the air“-Zeug machen. Aber glücklicherweise suchen heutzutage einige Leute nach Bands, die etwas tiefsinnigeres zu bieten haben und nicht nur über Drachen und Schwerter singen. Es ist für viele Leute schwer bei Gigs, wenn nicht ein schneller Song nach dem anderen kommt, aber wenn die Leute verstehen, worum es bei unserer Musik geht, dann führt normalerweise kein Weg zurück.

Ihr habt auch ein paar Festival Termine auf dem Programm stehen, wie das Hellfest in Frankreich und das Summer Breeze hier in Deutschland, wo auch My Dying Bride zugegen sein werden. Ich hab in einem anderen Interview gelesen, dass deren Musik ein wichtiger Grund für dich waren, Swallow the Sun zu gründen. Was erwartest du von diesem Festival und was bedeutet es dir, auf derselben Bühne zu stehen wie sie?
Ich habe meine erste doomige Band Anfang der 90er wegen Candlemass gegründet, aber als ich My Dying Bride 2000 bei einem Festival gehört habe, da wusste ich, dass ich diese Band wieder hervorkramen und nach all den Jahren wieder langsamere Musik spielen musste. My Dying Bride sind der Hauptgrund wieso ich diese Band gegründet habe, ich liebe diese Band einfach und ich hoffe, dass ich die Zeit haben werde, um sie mir bei dem Festival anzuschauen. Es ist ein paar Jahre her seit ich sie zuletzt live gesehen habe, deswegen wird es großartig.

Hast du ihr aktuelles Album gehört? Wenn ja, wie findest du es?
Ja, ich liebe ihr neues Album so sehr, wie ich all ihre Alben liebe, besonders von „The Dreadful Hours“ bis heute. Die Band kann wirklich viel Gefühl in ihre Musik stecken und darum sollte es bei Musik gehen.

Wann können wir das nächste Swallow the Sun-Album erwarten? Das Gesetz der Serie legt 2011 nahe… ;-)
Das kann ich wirklich noch nicht sagen. Wir haben jetzt quasi 5 Langspieler in sieben Jahren veröffentlicht und waren wirklich oft auf Tour, deswegen denke ich, dass wir an einem gewissen Punkt mal eine etwas längere Pause einlegen sollten, damit wir uns nicht selbst umbringen, aber wer weiß, vielleicht kommt das nächste Album ja auch recht schnell. Ich schätze mal, wir sollten auch eine Live-DVD aufnehmen und dafür wäre jetzt eine gute Zeit, aber das hängt alles vom Plattenlabel ab.

Arbeitet ihr schon an neuem Material oder gibt es vielleicht noch ein paar fertige Songs von der „New Moon“-Session?
Nein, ich will im Augenblick nicht mal darüber nachdenken, neue Musik für Swallow the Sun zu schreiben, weil ein Album zu schreiben und aufzunehmen eine ganze Menge Arbeit ist und ich einfach nur froh bin, dass wir mit dem aktuellen Album fertig sind. Jetzt müssen wir einfach nur so viel touren und die Band promoten wie wir können.

Eine letzte Frage: Könntest du bitte mal Kai Hahto fragen, ob es irgend welche Neuigkeiten bezüglich der Veröffentlichung von Wintersuns „Time“ gibt, die er unseren Lesern mitteilen kann? ;-)
Sorry, ich hab von Kai keine Antwort auf diese Frage bekommen, ich schätze mal, er ist im Augenblick zu beschäftigt, um zu antworten.

Okay, wir sind fast fertig. Traditionell beenden wir bei Metal1 unsere Interviews mit einem kurzen Brainstorming. Antworte einfach das erste, was dir in den Sinn kommt, wenn du die folgenden Worte oder Phrasen hörst:

Düsternis? – Fünf Uhr morgens in Finnland, wenn die Leute aus den Bars kommen.
Fisch? – Großartig in der Suppe oder bei Marillion.
Anathema? – Rot
Frank Mullen? – Kehle und Schmerz
Bier? – Deutschland und Manowar
Metal1.info? – Findet raus, was mehr Metal ist, Bier oder Manowar?

Juha, dank dir vielmals für das Interview, es war mir eine Freude die Gelegenheit zu haben, dir ein paar Fragen zu stellen. Ich wünsch dir viel Erfolg mit Swallow the Sun, mit dem „New Moon“-Album, auch mit Plutonium Orange und sowieso persönlich. Die letzten Worte gehören dir, gibt es noch irgend etwas, was du unseren Leser mitteilen möchtest?
Vielen Dank für das Interview, habt alle ein frohes neues Jahr und wir sehen uns auf Tour und bei den Festivals.

Geschrieben am von Metal1.info

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