Interview mit Roine Stolt von Transatlantic

Vor dem TRANSATLANTIC-Konzert am 08. Mai in der Kölner Live Music Hall traf sich unser Redakteur mit Gitarrist Roine Stolt (u.a. Chef von den Flower Kings und Agents Of Mercy), um über die Tourvorbereitungen, den Zusammenhalt innerhalb von TRANSATLANTIC und seine nächsten Veröffentlichungen zu plaudern.


Hallo Roine! Schön, dich kennenzulernen. Danke, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Wie war denn die Tour bisher für Dich?

Gut! Gestern in Berlin hatten wir ein paar Probleme. Während der Pause mussten wir den Bühnenaufbau ändern und wir hatten ein paar Schwierigkeiten mit dem Sound. Aber danach war alles okay. Außerdem waren einige unserer Konzerte ausverkauft, also war’s bisher wirklich gut.
Ihr habt eine Show in einer großen Arena in Polen gespielt, in die bis zu 4000 Leute passen. Wie viele waren denn tatsächlich da?

Nein, nein…ich denke, etwa 1500 Leute kamen zu dem Konzert. Im Rückblick mochte ich die Show. Ich denke, die gesamte Band spielte gut. Für mich persönlich war es wirklich gut, Sound und Licht waren großartig. Alles in allem war es also ein großartiger Abend, aber wenn Du von der Bühne aus in diese riesengroße Sportarena schaust, fühlt sich das ein bisschen seltsam an. Wenn die Veranstalter das Konzert in ein kleineres Theater verlegt hätten, wäre es mit 1500 Zuschauern voll gewesen.

Es wäre eine bessere Atmosphäre gewesen…
Ja, ein ganz anderes Gefühl. Wärmer und intimer, sozusagen.

Ihr spielt diesmal ja eine ziemlich lange Setlist.
Es ist nicht eine ziemlich lange, es ist eine sehr lange Setlist.

Ja! Gab es vor der Tour viele Diskussionen in der Band darüber, was ihr spielen solltet, oder war das schnell klar?
Bei TRANSATLANTIC gibt es immer eine Menge Diskussionen. Aber wir sind alle einfühlsame Menschen. Etwa die Hälfte der Band wollte diese Songs spielen und die andere Hälfte wollte ein kürzeres Set spielen. Nun spielen wir also das längere Set und jeder hat das akzeptiert. Ich denke, es ist deshalb schwierig, weil wir als Band natürlich versuchen, Spaß mit der Musik zu haben, aber wir wollen natürlich auch unsere Fans glücklich machen. Sie haben so lange auf uns gewartet, und nun kommen wir zurück, machen ein neues Album und spielen live. Und einige Leute kannten uns gar nicht, als wir 2001 das letzte Mal auf Tour waren. Das sehen wir daran, dass viele Konzerte ausverkauft sind, die Konzerte sind eine deutlich größere Sache als damals. Und dann denken wir natürlich: OK, lasst uns soviel spielen wie wir können! Wir können nicht 5 Stunden spielen. Naja, vielleicht könnten wir das, aber wahrscheinlich würde dann jemand sterben, haha! 3,5 Stunden sind also das, was wir durchhalten können. Und wir geben all denjenigen Fans, die uns auf der damaligen Tour nicht gesehen haben, die Möglichkeit, so viele Songs wie möglich von den älteren Alben zu hören.

War es für Dich schwierig, Dich auf die Tour vorzubereiten? Es ist ja schon eine lange Zeit her, seit Du diese Songs das letzte Mal live gespielt hast.
Also, „The Whirlwind“ ist ja erst vor einem Jahr aufgenommen worden. Und in den Monaten danach haben wir Overdubs für die Platte gemacht. Dann ging das Album im Juli ins Mixing. Das ist also noch nicht zu lange her. Da kam ich schneller rein, weil man sich irgendwie erinnert, was man auf dem Album gemacht hat. Bei den älteren Songs muss man sich nur etwas Zeit nehmen. Aber es ist schon ein bisschen schwierig. Die Schwierigkeit besteht darin, dass es in den Stücken so viele Melodien, Themen, Taktwechsel, Breaks und Tonartwechsel gibt. Das gilt sogar für die Themen: Manchmal spielt man ein Thema und dann spielt man es wieder, aber in einer anderen Tonart. 10 Minuten später spielst Du dasselbe Thema nochmal, aber in einem anderen Tempo und einer wiederum anderen Tonart. Und wenn Du einmal auf der Bühne stehst, musst Du Dich an all das erinnern, weil wir keine Notenblätter haben. Wir proben lediglich und spielen es dann. Und das ist, denke ich…

Plötzlich öffnet sich die Tür und Neal Morse (Gesang, Keyboards) kommt herein.

Hi, Neal!
Roine: Da kommt Mr. Mooooorse! Mit seiner Wäsche!

Hey, Neal, wir sind hier gerade in einer wichtigen geschäftlichen Angelegenheit!
Roine: Der Wääääääääääschemann!

Neal: Sebastian! Hallloooo! (Der Interviewer und Neal kennen sich durch zahlreiche Begegnungen bei Neals Solokonzerten, Anm. d. Verfassers.) Wie geht es Dir? Es ist gut, Dich zu sehen! Ich werd‘ mich jetzt mal rasieren, ich bin gleich zurück.

Roine: Mr. Morse geht sich jetzt rasieren. Und das ist das Problem: Wir rasieren uns alle die ganze Zeit! Nein, also mal ernsthaft, die ganzen Akkorde, Tonarten und Rhythmen, das Zählen und all das…es sind 3 ½ Stunden! Das ist was anderes, wenn Du nur 40 Minuten spielst. Wir sind alle angespannt. Sogar Mike (Portnoy, Schlagzeuger, Anm. d. Verfassers). Aber er ist 10 Jahre jünger als ich und wenn Du erstmal älter wirst, neigst Du dazu, Dinge zu vergessen. Und genau das merke ich gerade; also, Neal, Pete (Trewavas, Bass, Gesang, Anm. d. Verfassers) und ich, wir sind alle in unseren Fünfzigern, wir sind jetzt also sozusagen die alten Männer des Prog. Es ist schwieriger, Dinge zu lernen. Aber ich denke, dieses Mal haben wir uns wahrscheinlich alle etwas besser zu Hause vorbereitet als beim letzten Mal. Selbst die erste Show in Los Angeles war ziemlich gut.

Und es wird immer Abende geben, an denen die Soundprobleme ursächlich für weitere Probleme sind und es schwierig wird. Wie gestern in Berlin, als wir eine andere Instrumentenanordnung auf der Bühne hatten. Normalerweise ist das Schlagzeug – vom Publikum aus gesehen – auf der rechten Seite, Neal auf der linken und Pete und ich in der Mitte; Daniel (Gildenlöw, Keyboards, Gitarre, Percussion, Gesang, Anm. d. Verfassers) steht hinter uns beiden. Aber gestern war die Bühne so klein, dass diese Aufstellung nicht draufpasste. Daraufhin haben die Techniker entschieden, das Schlagzeug hinter Pete und mich zu stellen. Aber das hat vorne und hinten nicht funktioniert, weil wir Mike sehen müssen und er sich komplett von uns und dem Publikum getrennt fühlte. Er sagte in etwa „Die Techniker platzieren die Drums woanders oder ich spiele das zweite Set nicht!“ Das kann ich verstehen. Es ist einfach, als würde er nur unsere Rücken sehen. Zusammen mit den Shows in Amerika haben wir jetzt fast 10 Konzerte gegeben und dann plötzlich den Bühnenaufbau zu verändern, das ist keine weise Entscheidung. Und es gab auch viele Probleme mit dem Soundsystem in Berlin. Die Lautstärke der Monitorboxen ging von quasi 0 auf LAUT! Ich stand quasi direkt vor Jimmy Hendrix. Schlagzeug, Gesang, alles; ich habe mir ernsthaft Sorgen um mein Gehör gemacht. In einem 77-minütigen Song wie „The Whirlwind“ kannst Du nicht einfach stoppen. Du versuchst also mit dem Soundmann zu kommunizieren und er versteht nicht, was da auf der Bühne passiert. Das war nur noch Chaos! Ein angepisster Schlagzeuger hinter dem Drumkit; Daniel, ganz hinten in einer dunklen Ecke, guckt an die Wand. Ich konnte einfach fühlen, dass die Band damit nicht glücklich war. Also haben wir uns in der Pause 25 Minuten mehr Zeit genommen, und danach war es viel besser.

Ich denke, heute ist die Bühne größer.
Oh ja, heute ist das kein Problem. Wir haben hier schon auf der letzten Tour gespielt, also wird es wohl gut!

Du hast eben schon Daniel erwähnt. Wie habt Ihr Euch überlegt, wer was spielt, denn auf dem Album war er ja nicht dabei?
Hm, das weiß ich ehrlich gesagt gar nicht genau. Das ist wahrscheinlich eine Sache zwischen Neal und mir. Neal wollte, dass Daniel einige Keyboardpassagen spielt. Am Anfang haben wir darüber gesprochen Daniel als Gitarristen, Sänger & Percussionisten zu engagieren und dazu noch einen zusätzlichen Keyboarder zu holen; einfach, weil es so viel Keyboardzeug auf dem Album gibt, denn Neal hat eine ganze Menge Keyboardspuren für das Album aufgenommen. Mike und ich dachten, dass wir einen zusätzlichen Keyboarder haben sollten, um Neal die Hände frei zu machen, sodass er nicht immer die Sounds ändern muss, während er singt. Er könnte so ausdrucksstärker mit seiner Stimme sein. Aber das wollte er nicht! Er wollte alle Keyboards selbst spielen. Das ist knifflig. Wahrscheinlich hat er ziemlich viel Zeit damit verbracht, das alles zu üben. Aber letztendlich ist es so okay. Er wollte dann doch, dass Daniel ein paar Keyboardparts spielt. Normalerweise ist Daniel ein Gitarrist. Aber jetzt spielt er doch fast mehr Keyboard als Gitarre. Und dann gab es Akustikgitarren-Passagen, die Neal auf dem Album gespielt hat, die jetzt Daniel spielt. Außerdem spielt Daniel Tamburin, was ganz klar ist, denn Mike kann nicht gleichzeitig Schlagzeug und Tamburin spielen. Normalerweise, also auf dem Album, spielen Neal und ich das Tamburin. Und Daniel spielt nun ein bisschen elektrische Gitarre, ein paar Akkorde und ein paar Riffs. Und normalerweise ist es so, dass er ein bisschen Akustikgitarre spielt, wenn ich singe; oder er spielt die zweite Gitarre, hinter meiner Leadgitarre. Ich denke, er könnte sogar noch mehr machen. I würde gerne seine Stimme öfter hören und ich schlug vor, dass er ein paar Leadvocals singen könnte, nur so zum Spaß. Schließlich spielen wir 3 ½ Stunden und da könnte es doch nett sein, eine Passage mal von einer anderen Hauptstimme singen zu lassen; außerdem bot ich ihm an, ein Gitarrensolo zu übernehmen, aber er sagte nur „nein nein“.

Das wäre auch spaßig für die Zuschauer…
Genau, für die Leute ist es etwas Unerwartetes. Aber mit jedem Konzert geben wir ein bisschen mehr an ihn ab, sozusagen.

Plant Ihr, auch diesmal wieder eine live DVD zu veröffentlichen?
So ist der Plan. Wir nehmen in London auf und hoffen auf eine gute Show. Das weiß man ja nie vorher! Manchmal entwickeln sich Gigs, von denen Du aus irgendeinem Grund denkst, dass sie nicht gut werden, zu etwas Tollem; und Konzerte, von denen Du erwartest, dass sie ganz wundervoll werden, gehen nach hinten los. Das ist die Natur der Musik. Du kannst nie vorhersehen, was passiert.

Ich denke, man erkennt auch, wenn die DVD-Aufnahme überarbeitet wurde…
Ja, ja! Auf der letzten DVD haben wir ein paar Sachen ausgebessert, aber nicht viel. Das war damals unser drittes Konzert der Tour, glaube ich. Wir haben in England gespielt und dann noch eine weitere Show, vielleicht hier, und dann gingen wir nach Tilburg, Holland. Das war der falsche Plan, von Beginn an. Wir hätten Tilburg am Ende der Tour spielen sollen. Dieses Mal ist das besser, wir haben sechs Konzerte in Amerika und 13 oder 14 Konzerte in Europa gespielt, bevor wir nach London gehen. Wenn wir also nach London kommen, haben wir die Songs so oft gespielt, dass jeder entspannter sein sollte, seine Teile besser kennt und wir alles ausgearbeitet haben…dass wir uns an alle Texte erinnern. Ich hoffe einfach, dass es okay sein wird. Ich meine, ich will nicht behaupten, wir werden gar nichts ausbessern, das wäre perfekt. Damit wäre ich sehr sehr glücklich. Aber das weiß man alles nicht vorher und es ist eben ein langes Set. Ich würde es gern auf ein Minimum an Overdubs beschränken, einige kleine Verbesserungen sind in Ordnung.

Aber es gibt große Bands in diesem Genre – ohne jetzt irgendwelche Namen zu nennen –, wenn Du deren DVD siehst, merkst Du, dass nur das Schlagzeug wirklich live ist, alles andere ist neu eingespielt. Sie wollen einfach gut klingen und sie haben ein großes Publikum. Irgendwie kann ich das verstehen, aber für mich raubt das einer Liveshow den Sinn. Das ist doch nicht mehr wirklich live! Du zeigst Deinem Publikum „Hört mal, wir haben einen Schlagzeuger!“ und dann overdubst Du den Rest. Es kostet einen Sänger wirklich Zeit, das Video anzusehen und die Lippenbewegungen mit seinem Gesang zu synchronisieren, sodass es die Zuschauer nicht bemerken. Das sind Wochen an Arbeit. Also habe ich lieber ein paar Noten, die nicht hundertprozentig sitzen, als eine Studioaufnahme, die eine Liveshow darstellen soll.

Ja, das ist trotzdem noch magisch, solange man hört, dass es live ist. Auch, wenn einige Fehler zu hören sind. Ist TRANSATLANTIC für Dich jetzt eine echte Band oder immer noch ein Projekt?
Das ist eine wirklich schwierige Frage. Ich denke, innerhalb der Band fühlt es sich mehr wie eine Band an als noch vor zehn Jahren. Ich denke, jeder von uns weiß, dass sich TRANSATLANTIC aus Leuten aus unterschiedlichen Gruppen zusammensetzt, die erfolgreicher sind oder die – zumindest in Mikes Fall – einen Terminplan für alles haben. Wenn er diese Tour beendet hat, geht er nach Amerika mit Dream Theater und spielt dort Shows im Vorprogramm von Iron Maiden. Und dann spielen wir mit TRANSATLANTIC in London auf dem High Voltage Festival und am nächsten Tag fliegt er zurück nach Amerika, wo er mit Avenged Sevenfold Konzerte spielt. Und dann wieder zurück, ich weiß es nicht genau. Er überquert den Ozean ein paar Mal in nur wenigen Tagen. Und dann geht es wieder weiter mit Dream Theater, in Japan oder Australien? Ich habe keine Ahnung. Pete wird an einem neuen Album arbeiten und wenn ich zurück bin von dieser Tour, werde ich an einer neuen Agents Of Mercy-CD arbeiten. Ich weiß nicht, was Neal plant, aber ich bin sicher, es wird ein neues Neal Morse-Album geben. Wir sind also alle beschäftigt. Aber wenn wir dann zusammenkommen, fühlt es sich eher wie eine Band an und ich wage es mal zu sagen – wir sind jetzt bessere Freunde.
Vor zehn Jahren war es mehr so, als würden wir zusammen das Geschäft aufrecht erhalten oder so in der Art. Und dazu kann ich auch Daniel zählen. Er ist schon seit neun Jahren dabei. Und wenn wir irgendwann ein weiteres Album machen, dann kann ich mir vorstellen, dass Daniel hinzu stößt, ein bisschen etwas einsingt und vielleicht sogar auch etwas beim Songwriting hinzufügt. Das könnte interessant sein. Vielleicht kommt also noch ein TRANSATLANTIC-Album, aber das kann Jahre dauern; oder doch nie passieren. Ich baue nicht darauf. Ich sage nur „OK, das ist die Gegenwart. Lasst uns das jetzt genießen, im Sinne vom Erfolg, vom Geld und von der Chance, vor Leuten zu spielen. Und dann lasst uns warten und sehen, was passiert.“Ich denke, das ist das Beste, was man machen kann.

Ok, jetzt die letzten beiden Fragen. Du hast bereits das neue Agents Of Mercy-Album erwähnt. Wie sieht es mit einer neuen Flower Kings-Platte aus?
Darüber haben wir noch nicht gesprochen. Dazu gab es natürlich Fragen, wie Du Dir sicher vorstellen kannst. Viele Fans fragen die ganze Zeit und sind verwirrt, warum es so ruhig um uns geworden ist. Ich denke, es war genau der richtige Zeitpunkt, wir waren schon eine ganze Zeit lang aktiv und haben immer dieselbe Sache gemacht: Album – Tour in Europa/USA – Album – Tour in Europa/USA. Es fühlte sich einfach richtig an, es für ein, zwei, drei Jahre auf Eis zu legen. Ich weiß nicht. Der Rest dieses Jahres wird natürlich dieser Sache hier gewidmet, dann den Verbesserungen für die DVD und dann dem Mix für die neue Agents Of Mercy. Und dann spielen wir mit Agents Of Mercy ein paar Shows im Herbst. Vielleicht beginne ich am Ende dieses Jahre so langsam wieder mit dem Komponieren für die Flower Kings. Das würde bedeuten, dass wir wahrscheinlich Anfang nächsten Jahres aufnehmen. Und das könnte bedeuten, dass wir möglicherweise zur Sommerzeit 2011 veröffentlichen. So schätze ich mal. Aber die Flower Kings sind nicht tot. Manchmal muss man einfach eine Entscheidung treffen und ich persönlich denke, das war eine weise Entscheidung. Ich möchte mit etwas Neuem zurückkommen. Das ist genau wie mit TRANSATLANTIC. Vielleicht war es eine gute Sache 2001 damit aufzuhören und jetzt zurückzukommen. Ich finde, das neue Album ist gut. Also ist es manchmal gut, eine Auszeit zu nehmen und andere Dinge zu machen.

Es gibt so viele Möglichkeiten in der Musik. Ich war in so vielen Projekten und Ideen und es gibt nur so wenig Zeit. Sobald Du älter wirst, gibt es plötzlich so viel, was Du tun willst. Die Fans sehen das anders. Sie sagen „Oh, ich will ein neues Album von dieser Band! Sie haben schon ein Jahr nichts mehr veröffentlicht!“. Normalerweise ist sowas für Fans schwer zu verstehen. Musiker wie Peter Gabriel brauchen sechs oder sieben Jahre, um ein neues Album zu veröffentlichen. Das wäre ein langer Zeitraum. Vergleich das mal mit den Beatles: Sieben Jahre liegen zwischen ihrem ersten und ihrem letzten Album! Solange braucht Peter Gabriel für ein Werk. Wahrscheinlich macht er eine Menge anderer Projekte zwischendurch, Sachen, die er machen will. Aus der Sicht eines Künstlers betrachtet hast Du nur ein Leben, eine Zeit, eine Chance das zu tun, was Dich glücklich macht. Und wenn Du glücklich bist, wird das höchstwahrscheinlich auch das Publikum spüren. Aber wenn Du nur mit den Dingen weitermachst, weil das die Fans erwarten, oder andere Bandmitglieder erwarten es, um Geld zu verdienen – das ist keine gute Sache. Die Musik muss aus einem guten Grund da sein. Ich denke alles hat sich zum Guten entwickelt.

Letzte Frage: Kannst Du bitte jedes Mitglied der TRANSATLANTIC-Tourband in einem Satz beschreiben?
Ich glaub nicht, dass ich das kann. Kann ich? Hmm…Oh, also, sie sind alle laut, Daniel ausgenommen. Der ist nicht laut, hahaha. Nein, also, nicht in einem Satz, das kann ich nicht.

Oder kannst Du etwas Spezifisches über jeder Person sagen – etwas, was Du erzählen darfst?
Hmm…nicht, wirklich, haha. Ich könnte, aber das wäre vielleicht eine Art Kurzgeschichte über jeden von uns. Was ich sagen kann ist, dass alle Mitglieder, die auf dem Album spielen, etwas gemeinsam haben. Alle sind sehr enthusiastisch und voller Energie. Manche Musiker sind eher ruhig und selbstreflektierend. So sind diese Kerle nicht. Sie sind eher wie Kinder im Süßigkeitenladen, wenn Du verstehst, was ich meine. Sie sind sehr aufgeregt. Deshalb passiert alles auf der Bühne, vor allem aber auch im Studio, so schnell. Da fliegen eine ganze Menge Ideen und Energie im Raum herum. Das ist signifikant für diese Band.

Davon abgesehen hat jeder seine eigene Persönlichkeit – wie Du weißt, hat Neal seinen Glauben – und wir kommen alle aus unterschiedlichen Teilen der Welt und trotzdem können wir zusammenarbeiten, uns respektieren und Musik zusammen machen. Das ist großartig. Es ist für alle ein Geben und Nehmen. Es sind vier sehr starke Persönlichkeiten. Innerhalb der Band herrscht eine sich stets bewegende Dynamik und Du findest Deinen Platz darin. Ich persönlich weiß für mich, dass ich in der richtigen Situation eine sehr dominierende Persönlichkeit sein kann. Nicht auf eine schlechte Art und Weise – ich will die Leute nicht rumkommandieren, aber ich weiß sehr genau, was ich will und wie ich das zum Ausdruck bringe und ich mag es, Kontrolle zu haben. Und darin sind wir uns alle sehr ähnlich, zumindest Mike, Neal und ich. Wir wollen alle kontrollieren. Wir haben eigene Bands und sehr deutliche Meinungen. Innerhalb dieser Band nehme ich mich allerdings eher zurück, zumindest zu Beginn der Studioaufenthalte. Ich reflektiere und komme dann mit meinen Ideen und meinem Beitrag – ich weiß nicht, ob das an der Zusammensetzung der Band liegt oder an den Persönlichkeiten der anderen Mitglieder. Das ist eine sehr befremdliche Situation für mich, weil ich – in Kombination mit anderen Leuten – sehr dominant wäre. Und außerdem, weil ich der älteste Kerl in der Band bin. Ich bin sozusagen der Vater der Band. Wie gesagt, ein Geben und Nehmen.

Wenn Du merkst, dass andere ihre Meinung verteidigen, ist es Zeit, sich zurückzuziehen und zu sagen „OK. Das ist nicht das Ende der Welt. Lass ihnen dieses Mal ihren Willen. Morgen ist ein anderer Tag und ich weiß, ich werde was anderes machen und nach Hause gehen, zu meiner Familie, meinen Bands und meinen Freunden.“. Anstatt also über alles endlose Diskussionen zu führen, zieht man sich einfach zurück. Wenn es ihnen so wichtig ist, lass ihnen ihren Weg. In einer anderen Situation würde ich aber wirklich einstehen für das, was ich will. Wahrscheinlich denken die anderen genauso. Sie können auch nicht ihren Willen durchsetzen. Wenn Du Neal fragst, wird er vielleicht sagen „Oh, ich kann bei TRANSATLANTIC nicht hundertprozentig meinen Weg gehen“ und Mike sagt „Nein, nein, nein…ich hätte das so und so machen sollen…“. Am Ende funktioniert es und das ist meiner Ansicht nach das wichtigste. Jeder scheint halbwegs glücklich damit zu sein und wir machen einfach weiter das, was wir machen. Und wie Du heute Nacht sehen wirst, wenn Du die Show erlebst: Das Publikum wird es lieben. Es funktioniert. So wie an jedem Ort…wenn Du zum Büro gehst, wenn Du in die Fabrik gehst…es geht um Kooperation und darum, Deinen Platz im Gefüge zu finden. Das machen wir und bis jetzt hat das toll geklappt. Ich bin glücklich.

Roine, das war’s! Vielen Dank, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen genommen hast. Ich freue mich aufs Konzert und wünsche Dir eine gute Show!
Vielen Dank, mach’s gut!

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