Interview mit Joshi von ZSK

Für ZSK gilt definitiv: Nach der Tour ist vor der Tour. Waren die Skate-Punks erst im Herbst auf (verschobener) Tour zum Album „Ende der Welt“, geht es jetzt schon mit der Jubiläumstour weiter – und dazwischen waren die Berliner auch noch mit Rise Against unterwegs. Dass sie mit „Hass/Liebe“ auch noch ein neues Album am Start haben, macht ein Interview mit Joshi über alte und neue Songs, Hoffnungen und Erinnerungen aus 25 Jahren ZSK unerlässlich.

Erst einmal willkommen in München – wie geht’s wie stehts?
Releasewoche ist Stress. Da rappelts im Karton, wir haben viel zu tun, die Konzerte sind groß … aber wer wäre ich, wenn ich da jammern würde. Im Gegenteil: Ich freue mich ja! Andere Bands sagen reihenweise ihre Touren ab und wir spielen heute die größte Headliner-Show, die wir in München je gespielt haben. Also ich bin hochzufrieden!

Es ist nicht nur irgendeine Tour, sondern die Jubiläumstour zu eurem 25. Bestehen – Gratulation dazu! Lass uns das nutzen und etwas auf eure Karriere zurückblicken. Gab es eine Art „Wendepunkt“, ab dem du dir sicher warst, dass euch nichts mehr passieren kann?
Na ja … also „uns kann nichts mehr passieren“ … das möchte ich so nicht sagen. Aber ein einschneidender Punkt war definitiv, als uns Die Toten Hosen 2006 gefragt haben, ob wir mit ihnen auf Tour gehen wollen. Das war für uns schon ein riesiger Schritt, hat uns einen wahnsinnigen Schub gebracht und ab da wurde es auf jeden Fall größer und professioneller. Das war ein wichtiger Punkt.

„Was wir damals hatten und wie es jetzt ist –
das ist wirklich unglaublich“

Hattet ihr auf der anderen Seite auch einen absoluten Tiefpunkt, an dem du an allem gezweifelt hast?
Nö. Wir machen das ja einfach, weil wir Freude daran haben. Die hat ja nie nachgelassen, weil uns diese Musik einfach sehr, sehr viel Spaß macht und wir damit großgeworden sind. Ich find es auch toll, mit meinen besten Freunden unterwegs zu sein. Ob da nun 100 Leute kommen oder 1.000 … ich würd’s auch für 100 machen!

Aber ihr seid ja schon auf einem Level unterwegs, auf dem es sich finanziell auch tragen muss.
Ja, klar. Aber es wird seit Jahren alles immer nur größer und nicht kleiner, deshalb können wir da nicht jammern. Aber wir haben mal hier im Backstage 2007 mal vor 17 zahlenden Zuschauern gespielt …

Das hat sich dann vermutlich finanziell nicht getragen …
Ne. Das ist schon krass. Wenn man überlegt, was wir damals hatten und wie es jetzt ist – das ist wirklich unglaublich. Im Grunde bin ich wirklich jeden Tag dankbar, dass wir machen können, was wir wollen, dass wir all die Leute hier dabei haben können und alle bezahlen können … wir haben sehr viel Spaß zusammen und so muss das doch sein!

„Wir machen jetzt einfach die Sachen, von denen wir denken:
Das klingt gut, da haben wir Bock drauf“

ZSK 2022 in München
ZSK 2022 in München

Aber ist es auch eine Form von Erfolgsdruck, wenn man eben weiß, dass es nicht nur Spaß machen, sondern auch Rechnungen bezahlen muss? Hast du das im Hinterkopf, wenn du ein neues Album schreibst?
Jede Band liest die Reviews und was die Fans so sagen, und hofft, dass die es gut finden. Wenn dir irgendwer erzählt: „Das ist mir total egal, ich mach einfach nur meine Musik“ … das ist einfach Quatsch. Aber wir sitzen nicht da und sagen: „Oh, wir müssen jetzt mal einen erfolgreichen Song schreiben“ sondern machen vieles aus dem Bauch heraus – und dann ist es, wie es ist. Es ist sogar eher andersherum: Bei den letzten beiden Alben war es uns eher egal, ob jemand rumjammert, dass ihm das nicht Punk genug ist oder so. Wir machen jetzt einfach die Sachen, von denen wir denken: Das klingt gut, da haben wir Bock drauf.  Wir haben da nicht mehr diese Punk-Schere im Kopf. Witziger Weise steht trotzdem immer in allen Reviews „ja ja, alles wie immer“ – obwohl da wirklich Songs dabei sind, die wir in der Art nie hatten und die für uns sehr ungewöhnlich sind. Trotzdem schreiben alle: „ganz klassisch“.

Wenn du auf eure Diskografie insgesamt zurückblickst – gibt es Songs oder auch Texte, die du so heute nicht mehr schreiben würdest?
Würde ich manche Songs heute nochmal neu schreiben, wären sie natürlich anders – das ist ja auch logisch, es wäre ja auch komisch, wenn nicht. Aber zum Glück gibt es wirklich nichts, wofür wir uns schämen. Es gibt ja Bands, die irgendwelche alten Songs nicht bei Spotify drin haben, oder wie Die Ärzte, die irgendwann gesagt haben, dass sie „Elke“ nicht mehr spielen, weil das heute einfach nicht mehr OK ist. Solche Leichen haben wir nicht im Keller – es gibt keinen Text, bei dem ich denke: „Oh Gott, warum haben wir das jemals gemacht, das ist ja ganz schlimm“. Da bin ich auch froh drum. Aber ganz früher habe ich die Zugabe öfter mal komplett nackt gespielt. Das würde ich zum Beispiel heute nicht mehr machen. Ich finde das auch nicht schlimm, dass ich das damals gemacht habe … dafür würde ich mich nicht entschuldigen, da war ich 15 und das war unsere Art von Provokation und Eskalation. Das war ja kein „wir sind geile Männer und machen uns nackig“ sondern „wir sind bescheuert, wir machen hier was total Bescheuertes“. Aber das würde ich heute nicht mehr machen.

Damit hören ja mittlerweile alle auf. Selbst Wölli von den Kassierern spielt nicht mehr nackt!
NEIN! Was ist da los! Das ist ja furchtbar!

„Aber allen ist klar: gegen Nazis und geil!“

Zurück zu eurer Diskografie: Gibt es auf der anderen Seite einen Song, auf den du besonders stolz bist?
Also mit „Antifascista“ ist es schon eine verrückte Geschichte. Ich wollte den damals gar nicht auf das Album nehmen, der war mir zu einfach. Das ist ja ein sehr einfacher Song. Ich war da ganz unsicher, aber unser Produzent meinte: „Ey, mach den drauf, der ist doch super!“ Dann haben wir das gemacht und es ist unser erfolgreichster Song überhaupt. Es gibt den in verschiedenen Sprachen, uns schicken Leute aus sonst wo in der Welt diesen Song … den gibt es auf Russisch, auf Spanisch, auf Englisch … wir bekommen ständig Videos von Coverversionen oder wenn der Song auf irgendeiner Antifa-Demo in Griechenland läuft … es ist wirklich verrückt. Heute spielen wir den auch zusammen mit Zebrahead – da ist man dann schon ein bisschen stolz drauf. Weißt du, wir fliegen nach Tel Aviv, spielen dort eine Show … keiner kennt uns. Aber den Song kennen alle und singen alle mit. Wir spielen in Moskau … alle kennen diesen Song. Das ist schon cool – und nicht einmal mit einem englischen Text. Sondern ein scheiß deutscher Text, den die kaum verstehen. Aber allen ist klar: gegen Nazis und geil! Da muss ich schon sagen: Das ist ganz cool.

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Du hast das vorher schon angesprochen … es scheint bei euch immer bergauf zu gehen. Das finde ich insofern beachtlich, als andere Bands mit 25 Jahren oft längst ein Plateau erreicht haben, wo es dann nicht mehr weitergeht. Ihr hingegen wart jetzt gerade noch mit Rise Against auf Tour, was wieder ein Schritt nach oben ist …
Ja! Das ist so geil, es ist einfach so toll!

Kannst du dir das selbst erklären? Was macht ihr richtig, dass es nach wie vor in diesem Maße größer wird?
Ich glaube wir sehen extrem gut aus und deshalb kommen die Leute!

„Wir haben mit der Band locker
zehn Jahre lang Scheiße gefressen“

OK, das Aussehen ist definitiv ein Argument! Was noch?
Wir machen das schon ziemlich lange, und wir haben da nichts geschenkt bekommen. Es gibt heute Bands, die machen das zwei Jahre mit einem verrückten Masterplan, und wenn nach zwei Jahren nicht dieses und jenes Ziel erreicht ist, löst man sich wieder auf und bevor man überhaupt zum ersten Mal probt, hat man ein Management und Equipment im Wert von 30.000 € und Förderung und alles. Das haben wir nicht. Wir haben mit der Band locker zehn Jahre lang Scheiße gefressen. Bei jedem Konzert. Wir haben immer draufgezahlt, wir wurden um Gagen beschissen, wir haben auf dem Boden gepennt … wir sind durch die harte Schule des Punkrock gegangen. Wir haben uns glaube ich wirklich jeden einzelnen Fan aufgebaut. Und da bin ich ehrlich gesagt auch recht stolz drauf. Wir haben nie etwas geschenkt bekommen. Und bis heute empfangen uns nicht alle Leute mit offenen Armen. Wir machen uns ja nicht nur Freunde mit dem, was wir machen. Manchmal kommen ja so Klugscheißer, die sagen: „Ihr macht diese Polit-Texte ja nur, weil das so gut läuft“ – bist du dumm? Das Dümmste, was wir machen konnten, waren diese Texte!

ZSK im Februar 2023 in München
ZSK im Februar 2023 in München

Weißt du … würdest du zu allem die Fresse halten, machst du dich nicht angreifbar. Dann machst du ein paar Lieder übers Saufen und Fussball und alles ist gut. So läuft’s. Aber ich glaube, dass wir über all die Jahre kontinuierlich bei jedem Konzert 150 % gegeben haben und alle glücklich sind. Ich glaube, die Leute schätzen, dass das, was wir machen, von Herzen kommt. Das ist die Musik, mit der wir großgeworden sind, die Musik, die wir lieben, und das kommt glaube ich bei vielen auch so an. Was mir dabei auch Spaß macht, ist, dass wir seit Jahren immer junge Leute vorne haben. Die wachsen immer nach. Die älteren rücken nach hinten und es kommen immer junge nach. Wir sind keine Alte-Männer-Band. Das macht mich sehr froh, das wäre mir nicht recht. Ich bin selbst jetzt manchmal bei Konzerten, da war ich 1997 der Jüngste im Publikum und jetzt bin ich da heute immer noch der Jüngste. Da denke ich mir: Oh shit, das ist aber krass. Das ist bei uns zum Glück nicht so.

„… ‚authentisch‘, würde man wahrscheinlich sagen.
‚Credibil‘! ‚Von der Straße‘!“

Das mit den jungen Fans ist bei euch definitiv auffällig. Viele eurer Texte richten sich aber auch explizit an eine junge Hörerschaft. Was ist da Henne und was Ei, schreibst du die Texte so, weil du weißt, dass ihr viele junge Leute erreicht, oder erreicht ihr dank dieser Texte junge Leute besser als andere Bands?
Die Texte stecken so einfach in mir drin. Aber ich bin gut darin, mich in die Lebenswelt junger Menschen hineinzuversetzen, weil ich ehrlich gesagt mit einem halben Bein da selbst noch drin hänge und mich die Sachen, die vielleicht sonst eher irgendwelche 18-Jährigen beschäftigen und wütend machen, immer noch genauso wütend machen. Ich glaube, deshalb funktioniert das. Wir sind ja auch nicht ganz weit weg. Ich gehe ja selbst zu diesen Demos, ich bin ja selbst dabei. Das ist für uns ja nicht weit weg und ich versuche dann, irgendwas zu schreiben, wovon ich denke, dass das den jungen, wütenden Leuten gefallen müsste. Wir hängen da schon noch so halb mit drin, dadurch geht das glaube ich … „authentisch“, würde man wahrscheinlich sagen. „Credibil“! „Von der Straße“!

Die Tour mit Rise Against war schon kurz zur Sprache gekommen.
Das war fantastisch! Wir hatten so eine schöne Zeit!

Was nimmt man von so einer Tour für Erfahrungen mit? Hast du noch etwas „gelernt“ oder etwas erlebt, das ihr so noch nicht erlebt hattet?
Was wir gelernt haben, ist vor allem: In diesen scheiß Hallen dauert jeder Weg doppelt oder dreifach so lang. Ich hab das Gefühl, wir sind die halbe Tour nur durch diese Hallen gerannt und haben irgendwas gesucht. Nein … also diese Größe haben wir ja schon oft gespielt, mit den Toten Hosen und so, insofern war das für uns jetzt nicht „völlig verrückt“, aber es war mal wieder extrem schön, eine Band persönlich kennenzulernen, mit der man groß geworden ist, und dann zu merken, dass das echt nette, faire Typen sind. Das hat Spaß gemacht!

Besser so als andersherum – das könnte ja auch desillusionieren…
Ja, das gab es auch schon, aber zum Glück sehr selten.

„Ich kann nicht den ganzen Abend
nur B-Seiten spielen“

Für die Jubiläumstour habt ihr jetzt zwei wirklich selten gespielte Nummern ausgegraben, „Küsst die Faschisten“ und „Riot Radio“, ansonsten spielt ihr aber doch vornehmlich die etablierten Hits…
Weißt du, die Leute zahlen viel Geld – da kann ich nicht den ganzen Abend nur B-Seiten spielen! Wir haben nur 90 Minuten, wir wollen auch nicht länger als 90 Minuten spielen. Die Toten Hosen und Die Ärzte, die dürfen das. Aber wir nicht. Die Songs kamen ja auch über eine Abstimmung unter unseren Fans ins Set – das war sehr interessant, das da alles so rausgekommen ist. Es gab ein paar Songs, von denen wir gar nicht wussten, dass die Leute da so drauf stehen – „Küsst die Faschisten“ beispielsweise. Ich weiß, den mögen die Leute, aber der Balken war wirklich riesig, und der nächste dagegen echt klein. Das war schon ein Wow-Moment.

Wie fühlt es sich an, so einen Song dann nach all den Jahren zu reaktivieren?
Ziemlich verrückt. Wir haben ja ziemlich viele Songs geprobt, wir spielen ja nicht alle. Aber die anderen sagen immer: Das ist im Rückenmark dann drin. Das war dann einfach – baff – wieder da. Aber der Arne musste sich natürlich alles neu drauf schaffen. Der Arme. Mal gucken, ob er’s heute richtig spielt!

Hat er’s gestern nicht richtig gespielt?
Doch, aber sein Amp ist ausgefallen. Ich hoffe, das passiert heute nicht wieder. Einfach ausgegangen, nichts ging mehr. Wir haben es dann irgendwie repariert bekommen und ich hab so lange irgend ’nen anderen Song gespielt und überbrückt … aber das ist eine unschöne Situation als Band, wenn du da vor so vielen Leuten stehst.

„Diese Spaltung in der Gesellschaft
ist extremer geworden“

ZSK - Hass/Liebe Cover ArtworkKommen wir zum neuen Album, „Hass/Liebe“. Ganz plump gefragt: Was steckt hinter dem Titel?
Ja, die Welt ist gerade ein Haufen Scheiße, und es kracht an allen Ecken und Enden, und ich habe schon das Gefühl einer Spaltung in der Welt zwischen Gut und Böse, Hass und Liebe – auf der einen Seite dieser wahnsinnige Krieg, auf der anderen Seite aber auch ganz viele Leute, die ganz toll solidarisch sind und Flüchtlinge aufnehmen und helfen, wie unser Backliner mit seiner Aktion. Das Gleiche im Internet: Es gibt ja überhaupt keine Redekultur mehr, keine Argumentationskultur, keine faire Auseinandersetzung. Es wird sich nur noch angeschrien. Ich glaube, diese Spaltung in der Gesellschaft und der Welt ist extremer geworden. Und darum geht es. Das ganze Album beschäftigt sich mit Gegensätzen. Wir singen viel darüber, wie schlecht alles ist, aber gleichzeitig singen wir auch viel, dass man nicht aufgeben soll und Hoffnung haben soll. Man könnte ja auch sagen: Wenn alles so schlecht ist, warum hören wir dann nicht auf und geben auf …

Das finde ich tatsächlich beeindruckend, dass du bei all diesen Themen, die du ja sehr nüchtern betrachtest, trotzdem noch so optimistisch bleiben kannst. Wie machst du das?
Tja, es ist alles zum Verzweifeln, aber ich werde einfach nicht aufhören.

„Man muss sich einfach auch immer klar machen,
was in der Welt Gutes passiert“

Ja aber wie schaffst du das. Wie kannst du mit nem Lachen im Gesicht bei „Darwin“ so viel aufzählen, was wirklich scheiße läuft?
Man muss sich einfach auch immer klar machen, was in der Welt Gutes passiert. Man muss die Leute, die was machen und sich krass engagieren, größer machen und mehr zeigen und unterstützen. Dann fällt einem das alles leichter. Und es hilft auch, in der Geschichte zurückzuschauen: Wenn du vor 150 Jahren oder was gesagt hättest „Aber Sklaverei wird mal abgeschafft!“, hätten alle gesagt: „Bist du bescheuert, auf keinen Fall, nie!“ Und es passiert dann einfach. Oder dass Schwule und Lesben heiraten dürfen: Früher wären die ins Gefängnis gekommen und jetzt geht das. Also es gibt ja schon auch immer progressive Entwicklungen in der Welt, wo man sich denkt: Krass, da kommt die Welt ein Stück voran und wird ein Stück besser. Natürlich, dann passieren immer irgendwelche Scheiß-Sachen, aber insgesamt gibt es schon tolle gesellschaftliche Errungenschaften, wo man sich denkt: Ja, ist doch eigentlich gut!

Mit „Scheißtyp“ habt ihr einen Song über toxische Maskulinität geschrieben mit Romana Aufinger von Attic Stories als Gastsängerin – wie kam es zu dieser Zusammenarbeit? War erst der Song da, und sie ist euch dazu eingefallen …
Ja.

Warum ausgerechnet sie?
Weil wir sie sehr gut finden und sie ja auch mit auf Tour genommen haben. Wir fanden, dass das einfach sehr gut passt. Und wir fanden es gut, eine junge, frische Band zu unterstützen, anstatt wieder nur eine Band, die alle schon kennen. Das könnte man ja auch machen … andere Bands suchen sich für so ein Feature ja bewusst große Bands, um den Song erfolgreicher zu machen. Aber das war uns scheißegal.

ZSK im Februar 2023 in München
ZSK im Februar 2023 in München

Der Song ist tatsächlich insgesamt ziemlich anders als eure anderen Songs. Wie waren die Reaktionen?
Siehst du? (lacht) Gemischt. Ne, insgesamt schon gut, aber es sagen schon einige „Oh, der ist aber sehr poppig“. Aber es gab jetzt auch niemanden, der gesagt hat, dass das richtig scheiße ist oder so. Ja.

„Wir halten keine Politik-Vorlesungen.
Da habe ich auch keinen Bock drauf“

Wie wichtig ist dir in so einem Fall dann das Feedback, gerade wenn es um ein so wichtiges Thema geht?
Alle meine Songs haben wichtige Themen! Es interessiert mich wirklich bei jedem Song, wie die Leute ihn finden. Ich fand bei dem Song wichtig, dass wir dieses Thema „Sexismus“ etwas lockerer und entspannter anzugehen, eben nicht so verkrampft und ernst. Solche Songs und Diskussionen gibt es schon genügend. Ich glaube, wenn du da Leute erreichen willst, ist es wirklich wichtig, wie die Ansprache funktioniert … gerade bei einem Konzert und bei Leuten, die eigentlich feiern wollen. Wir halten keine Politik-Vorlesungen. Da habe ich auch keinen Bock drauf. Ich glaube … Fat Mike von NOFX zum Beispiel: Dass der so ganz offen sein Cross-Dressing macht und seinen Bondage-Fetisch und so weiter auslebt … dass er da damit so offen umgeht, sich im Rock auf die Bühne stellt und den Leuten sagt: So ist es. So ist es, und wem’s nicht gefällt, der soll sich verpissen – mit einem ganz tollen Selbstbewusstsein und einer absoluten Selbstverständlichkeit … ich glaube, dass Fat Mike damit in der Punk-Szene mehr gegen Homophobie und Transphobie getan als 500 verschiedene Flyer, die in einer ganz komischen, wissenschaftlichen, verdrehten Sprache irgendwem irgendwas erklären wollen. Das heißt nicht, dass Leute nicht auch solche Flyer und Texte schreiben sollen, das können die gerne machen. Aber wenn du irgendwelche 15- oder 20-jährigen Punk-Kids erreichen willst, die eigentlich zum Konzert kommen, um Bier zu trinken, musst du da anders rangehen. Und so ist ja auch dieser Song gedacht: Der ist ein bisschen witzig und lustig, aber man denkt ja trotzdem drüber nach. Man kommt am Ende eben nicht drum herum, sich den Text nochmal durch den Kopf gehen zu lassen.

Ein anderer Song, auf den ich noch konkret eingehen wollte, ist „Hipster“ – da wirkst du fast etwas resigniert über das Auseinanderdriften von zwei Personen …
Nein! Dass alle das immer so … es fragen mich auch immer Leute: „Ja wer ist denn dieser Freund von dir?“ Das ist einfach ein Witz! Das ist eine Geschichte! Ich stelle mir vor, wie zwei Menschen so sind, und habe beide Charaktere total überspitzt gezeichnet. Weil es nur dann witzig ist. So funktioniert Satire und Ironie. Ich habe nichts gegen Hipster, aber ich sehe sie tatsächlich in Berlin viel, und die reden auch teilweise wirklich so, was ein bisschen ulkig ist … sollen sie machen. Aber ich stelle mir das so vor, zwei Freunde, der eine ist immer noch Punker, und der andere ist eben jetzt Hipster. Aber das ist eine völlige Fantasiegeschichte, das hat nichts mit der Realität zu tun. Aber es ist ulkig, wenn ich im Cafe sitze – ich schreibe oft Texte in Cafes und hänge da rum – und dann ist echt neben mir einer, der sagt: „Ja Thorsten, können wir jetzt noch das Project pitchen, ja, ich muss jetzt in die Agentur … wo bleibt mein Chai Latte?!“ Das kann der ruhig machen, aber ich darf’s auch ulkig finden.

ZSK im Februar 2023 in München
ZSK im Februar 2023 in München

„Die macht halt einfach was. Lass sie machen“

Zum Abschluss hätte ich noch unser traditionelles Brainstorming für dich … fünf Begriffe, und du sagst, was dir dazu einfällt!
Ach zu Scheiße! Schieß los!
Die Akustik-Shows von Anti-Flag: Mega gut. Bisschen weird, dass das in Berlin in einem Sexclub war.
Akustik-Shows von ZSK? Gibt’s ja nicht. Also … machen wir manchmal, aber [uarg] … diese Bands, die dann nach 500 Jahren als Band auf die Idee kommen, die Songs nochmal akustisch rauszubringen … [macht ein Furzgeräusch] Da gibt es ganz wenig Bands, wo das geil war.
Letzte Generation: Nicht ganz meine Aktionsform, aber: Who am I to judge. Ich finde dieses Abkotzen über die richtig lächerlich. Lasst die doch machen, weißte? Ich finde das ziemlich arrogant, über die so abzukotzen. Früher hätte auch jemand gesagt: „Rosa Parks, dass die sich im Bus auf den falschen Sitz setzt, ist doch scheiße!“ Ich mein’: Halt’s Maul. Die macht halt einfach was. Lass sie machen. So sehe ich das. Ich bin grundsätzlich solidarisch mit denen, auch wenn man sich darüber streiten kann, ob das eine schlaue Aktionsform ist. Aber ich werde denen doch nicht vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Das ist schon voll in Ordnung!
Elon Musk: Der nervt mich! Der will mir bei meinem Twitter-Account die Zwei-Faktoren-Authentifizierung wegnehmen! Wirklich, kam heute so ’ne Nachricht. Der Fickspecht! Hier, wenn ich unser Twitter aufmache: Du musst jetzt einen VIP-Account haben! Das is quasi wie: „Du willst ins Schwimmbad? Ist in Ordnung … aber wenn du ein Schloss an deinem Spind haben willst, musst du zahlen!“ Hä? Voll verrückt!
ZSK in zehn Jahren: Sehen wir uns wieder hier, hoffentlich!

Joshi von ZSK und Moritz (Metal1.info) nach dem Interview in München.
Joshi von ZSK und Moritz (Metal1.info) nach dem Interview in München.

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Dieses Interview wurde persönlich geführt.

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