Konzertbericht: ASP w/ Leichtmatrose

20.04.2023 Backstage (Werk), München

Nach mehreren coronabedingten Verschiebungen bleibt es bei ASP in München auch 2023 bis zuletzt spannend: Von einer Kehlkopfentzündung geplagt, ist bis kurz vor dem Konzert unklar, ob Sänger Asp Spreng wirklich singen kann. Das ärztliche Go kommt rechtzeitig und „ENDLiCH!“ kann – im wahrsten Sinne des Wortes – in München live stattfinden.

Bevor ASP loslegen, tritt der Support LEICHTMATROSE auf die Bühne. Vor einigen Jahren waren die Münsteraner im Vorprogramm von Peter Heppner zu sehen, auf der aktuellen Tour mit ASP haben sie ihre neue EP „Wir Kinder vom Bahnhof Adamo“ dabei. Deren Präsentation und das übrige Liedgut des rund 35-minütigen Auftritts geraten allerdings schnell zu einer Belastungsprobe für die Menge im gut gefüllten Backstage: Bereits beim Opener brüllt Sänger Andreas voller Inbrunst immer wieder ein langgezogenes „Aaah!“ ins Mikro, später wird das Wort Liebe beinahe zweckentfremdet. Garniert wird dies durch lyrische Ergüsse wie „Doch was zählt ist Charakter – also fick dich ins Knie“ („So schmeckt es frei“) und Ex-Scooter-Keyboarder Rick J. Jordan am Bass. Ab und an gerät der LEICHTMATROSE mit seinem Elektro-Pop auch zum Seichtmatrosen. Wer konzeptionell keinen Zugang zur Exzentrik des Frontmanns gepaart mit gewöhnungsbedürftigen Texten findet, wird wenig unterhalten – und so geht es einem Großteil des Publikums.

Schnell vergessen ist diese Darbietung wenig später, als die ersten Takte von „Bedenke gut“ erklingen und ASP mit „Ziel“ ihr Konzert eröffnen. Sofort wird deutlich: Der Meister erfreut sich nicht nur bester Stimme, sondern auch bester Laune – und die Menge hängt ihm bei fast jeder Zeile an den Lippen. An der Setliste nehmen die Gothic-Rocker erwartungsgemäß kleinere Umstellungen vor: Einzig das „zutiefst“-Medley fällt den Anpassungen zum Opfer, dafür schafft es mit „Kokon“ später ein umjubelter Klassiker ins Programm. Der Rest bleibt gleich, ist nur von der Reihenfolge gefühlt stimmschonender. Genau wie Frontmann ASP ist seine Band auch mit leicht modifiziertem Programm on-point: immer rockig nach vorne wie in „Die letzte Zuflucht“, oft metallisch und ungemein druckvoll eingegroovt liefern Lutz, Sören, Lias und Stefan ein echtes Brett als Fundament für die Kompositionen, bei denen der Fokus überwiegend auf neuerem Material liegt. Dieses offenbart wie in „Ruine“ oder „Spät“, dass ASP lyrisch und kompositorisch nicht mehr immer auf dem Level früherer Werke agiert. Das Gesamtpaket funktioniert allerdings live, besonders wenn alle Beteiligten vor positiver Energie strotzen.

Dadurch gehen im späteren Verlauf auch eher simple Rock-Nummern wie „Raise Some Hell Now“ und das live scheinbar immer noch nicht überstrapazierte „Rücken an Rücken“ klar. Auf Kompromisse möchte sich ASP insgesamt und im Einzelnen nicht einlassen: „Und wir tanzten (ungeschickte Liebesbriefe)“ gehört für ihn in das aktuelle Live-Set und so wird es eben mit etwas mehr Publikumschor gesungen, wenn er selbst nicht bei bester Stimme ist. Auch das obligatorische „Hey“/“Yo“ im Wechsel funktioniert bei „Schwarzes Blut“ im Zugabenblock, ohne dass sich ASP plagen muss. Ein einfaches Handzeichen genügt. Kurz zuvor gibt es mit „Ich, der Teufel und du“ einen ersten Ausblick auf das künftige Schaffen, welches im Einklang mit vielen Werken der Combo ist. Nach über zwei Stunden verlassen die Musiker schließlich erstaunlich fidel die Bühne und hinterlassen sichtlich zufriedene Konzertgänger, die unter den gegebenen Umständen vermutlich sogar mit weniger Programm glücklich gewesen wären. Aber Halbgares gibt es bei ASP eben nicht.

Mit dem crowdgefundeten Turm-Zyklus bestehend aus drei Alben, erstmals unter eigenem Label, stehen ASP (erneut) vor großen Veränderungen: Live wirkt die Band frisch und wie eine gut geölte Maschine, auch für all jene, die zwischen all den Zyklen und Co. den Überblick über oder die Lust an den Studioproduktionen verloren haben.

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