Review ASP – zutiefst

Gerade mal ein Jahr ist es her, dass wir Paul auf seinen Streifzügen durch die gefräßigen Keller des Astoria gefolgt sind, da nehmen uns ASP schon wieder mit auf eine neue Reise. Auf „zutiefst“, dem dritten Teil des „Fremder“-Zyklus, führen uns die deutschen Gothic-Novel-Rocker bis an den tiefsten Grund des Meeres und erzählen uns im Zuge dieser Erkundungstour so manche schaurige Kurzgeschichte. Ein interessantes Textkonzept als roter Faden scheint damit schon mal sicher, während das eindringliche Artwork vorab den Eindruck erweckt, dass das Quintett musikalisch ungewohnt unheimliche Wege beschreitet. In ersterer Hinsicht erfüllen ASP die Erwartungen (eigentlich wie immer), bezüglich der Musik per se könnte man jedoch leicht einem Trugschluss erliegen.

Nach dem Intro „Sturz“, das der Platte mit Wellenrauschen, Möwenkrächzen und allerlei anderen zur Thematik passenden Geräuschen den Weg bereitet, zeigen sich ASP auf „20.000 Meilen“ von ihrer besten Seite: Traumhafte, gefühlvolle Clean- und Akustikgitarren münden in einen kraftvoll hymnischen Refrain und lyrisch schlägt Gruselgeschichtenerzähler Asp die Brücke zwischen Introspektion und nach außen gerichtetem Staunen. Von einer dem Cover entsprechenden finsteren Grundstimmung kann hier zwar (noch) nicht die Rede sein, doch der Opener reißt von Anfang an bis zuletzt mit. Von dem, was folgt, lässt sich selbiges leider nicht so leicht sagen.

Der überwiegend fetzige Titeltrack, der ebenso wie die übrigen Songs mit etwas mehr Electro-Elementen und unheilvollen Leads aufwartet, entwickelt sich in der schleppenden Bridge zu einer recht zähflüssigen Angelegenheit und das nachfolgende „SonaARta“, das als einzige Nummer ganz auf Englisch eingesungen ist, bleibt als eher unspektakulär in Erinnerung. Generell stellt sich an diesem Punkt das Gefühl ein, dass ASP auf „zutiefst“ gesanglich und instrumental nicht so richtig in die Gänge kommen. Die bisweilen etwas überlangen Songs wirken bieder, große Überraschungen wie die Tango-Passagen im „Verfallen“-Zyklus bleiben aus und die an sich schön formulierten Texte lassen kaum einen Bezug zu „fremd“ und „Maskenhaft“ erkennen, auf denen es noch eindeutig um Entfremdung ging.

Nach mehrmaligem Hören wachsen die meisten Nummern aber schließlich doch noch. Mit dem energetisch-kämpferischen „Torpedos“ haben ASP eine herrliches Loblied auf den Zusammenhalt geschrieben, das schleppende Ungetüm „Leviathan“ beeindruckt im Refrain mit den vielleicht mächtigsten Leadgitarren, die man je von den Gothic-Novel-Rockern gehört hat und die mysteriösen Spoken-Word-Parts auf „Mondscheinsirenade“ unterstreichen den Storytelling-Charakter der Platte. Auf „Sog“, das mit einem richtig epischen Refrain auftrumpft, setzt Asp sogar seine sonst so rar gesäten Screams ein, die hier so aggressiv klingen, wie noch auf keinem ihrer Album zuvor.

Obwohl man anfangs ein wenig das Gefühl hat, dass ASP etwas die Luft ausgegangen ist (was in Anbetracht der Unterwasser-Ästhetik auf „zutiefst“ ein bisschen ironisch erscheint), fällt das Fazit noch positiv aus. Bei genauerer Betrachtung offenbaren sich doch immer mehr Augenblicke, in denen man gedanklich mitfiebert, einzelne Melodien oder Textstellen, die sich auf Dauer einprägen. Nichtsdestotrotz tut sich „zutiefst“ innerhalb der gesamten Diskographie des Quintetts kaum hervor. Bedenkt man, wie viele hochwertige Musikstücke ASP in den letzten Jahren herausgebracht haben, ist diese kleine Müdigkeitserscheinung jedoch nur allzu verständlich. Bleibt zu hoffen, dass die Gothic-Größen wieder mit neuen Impulsen aus ihrer kommenden Kreativpause zurückkehren werden.

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Wertung: 7 / 10

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