Konzertbericht: ASP w/ Burn

20.10.2016 München, Backstage

Als „wahre GeistErfahrer“ widmen sich ASP auf ihrer diesjährigen Herbst-Tour schwerpunktmäßig gesellschaftskritischen Stücken aus anderthalb Dekaden Bandgeschichte. Mastermind Alexander Spreng empfindet derlei Statements „mehr denn je“ als notwendig. Dazu haben die Frankfurter ihre EP „GeistErfahrer“ aus dem Jahre 2012 mit brandneuen Songs zur LP aufgebohrt und nochmals unter die Leute gebracht. Am Ende ergießen sich die Goth-Rocker glücklicherweise nicht in tiefsinnig-melancholischer Bedeutungsschwere.

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Bevor ASP loslegen, eröffnen die wiederauferstandenen BURN den Konzertabend im Backstage Werk. Erst 2016 meldete sich das Quartett nach längerer Schaffenspause runderneuert zurück, der letzte Longplayer „Black Magnolia“ datiert demnach aus dem Jahr 2012. Mit wavigen Rock-Klängen feiern die vier Musiker ihre eigene Wiederauferstehung, doch so ganz will sich in der Halle weder eine besondere Aufbruchstimmung noch eine sphärische Atmosphäre des gemeinsamen Schwelgens ergeben. Sänger Felix weiß stimmlich paradoxerweise mehr zu gefallen, wenn er alleine zur Menge spricht und versucht, diese mit einfachen Melodien in die Show einzubeziehen. Dann offenbart er die Klarheit und Stärke, die bei den allermeisten BURN-Songs auf der Strecke bleibt. So verfehlt der Support am Ende nach 35 Minuten eine tiefere Wirkung.

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Fehlende Wirkung und Intensität lassen sich ASP bereits nach wenigen Sekunden nicht bescheinigen: Putzmunter und erholt tritt die Szene-Ikone zum Tourauftakt vor die Menge und eröffnet mit „GeistErfahrer“ getreu dem Tourmotto seine düstere Rockshow. Zusammen mit dem Klassiker „Wer sonst?“ und dem melancholischen „Wanderer“ kommen die ersten drei Songs auf grob 20 Minuten Spielzeit, seine treuen Anhänger sind begeistert und tauchen zusammen mit ihrem Meister in die „Eisige Wirklichkeit“ ein. Anschließend richtet der schwarze Schmetterling erstmals seine Stimme ans Volk, teast verschiedene Stücke an, um dann am Ende bei „Tiefenrausch“ zu landen. Eine echte Live-Rarität und gleichzeitig ein Highlight des Abends.
„Weichen(T)stellung“ bezeichnet ASP im weiteren Verlauf als sein autobiografisch wichtigstes Lied der jüngeren Vergangenheit, mit „Der Strom“ debütiert er wiederum eine der neuen Kompositionen der „GeistErfahrer“-LP live. Auf eine zweite Live-Premiere des neuen „Abertausend Fragen“ warten seine Anhänger allerdings vergebens. Dafür befriedigen die Goth-Rocker ihre Fans mit Klassikern wie „Ich bin ein wahrer Satan“, „Biotopia“ und „Schwarzes Blut“. Das Backstage bebt – und hört zu, als ASP sich vor dem Konstantin-Wecker-Cover von „Sage nein“ erneut an seine Besucher wendet und den Wert des Lieds im aktuellen Zeitgeschehen unterstreicht. Keine Überraschung also, dass sein Gastspiel in der bayerischen Landeshauptstadt nicht mit dem Abschluss der regulären Setliste „Danach“ endet.

Vor der ersten Zugabe „Finger weg! Finger“ spricht ASP ausgiebig über Werbung im Fernsehen sowie die Formulierung „Arsch und Titten“, die in dieser Form in seinen Texten ein spärliches Gut ist und wohl unter anderem deswegen auf der Rar & Pur-Tour so herausgestochen ist. In jedem Fall macht sich der Bühnenveteran einen Spaß daraus mit diesen Worten zu kokettieren und unterhält damit sein Publikum bereits vor dem eigentlichen Lied bestens. Vor „Werben“ sowie „Ich will brennen“ sind dafür keine Worte nötig, München hat zu diesem Zeitpunkt bereits verstanden und feiert den krönenden Abschluss eines durch und durch gelungenen Konzertabends.

Wer ASP kennt, der weiß: Politische Botschaften mit Hirn und Herz gepaart mit Gesellschaftskritik füllen keinen Konzertabend. Stattdessen lädt der schwarze Schmetterling mit seinen Mitmusikern zu einer musikalischen Reise ein, die durch und durch deutschsprachig wichtige Themen adressiert, ohne pausenlos mahnend den Zeigefinger zu erheben. Zu eindringlichen Worten und viel Tiefe gesellt sich eine gute Portion Rock, die gleichermaßen intensiv wachrüttelt. Und wer sonst, wenn nicht ASP eignet sich für derlei Facettenreichtum, der nicht wie eine künstlich übergestreifte Maske wirkt?

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