Konzertbericht: Edguy w/ Dragonforce

2006-02-18 Kaufbeuren, All-Karthalle

Am 18. Januar ging es zu einem meiner meisterwartetsten Konzerte des Jahres: EDGUY alleine wären natürlich schon Grund genug gewesen zu kommen, SABATON und DRAGONFORCE stellten sich aber ebenfalls als netter Zusatz heraus. Die Ticketpreise waren mit 20€ auch noch im Rahmen, einem unterhaltsamen Power Metal-Abend stand also nichts im Weg.

Einlass war um 19.00 Uhr, wir waren vorsichtshalber aber trotzdem schon um 18.30 Uhr da. Nach einer Stunde Zeitaufwand für fehlinformierte Backstage-Wächter und mein Dragonforce-Interview mit Herman Li hatte ich es dann auch schon in den Fotograben geschafft. Eine weitere halbe Stunde später enterten dann SABATON die Bühne, die interessanterweise mein selbsterdachtes Klischee, dass Frontmänner von Power Metal Vorbands styletechnisch aus der Reihe zu tanzen haben (ein anderes Beispiel wäre der Frontman von Shakra), voll und ganz erfüllten. Das tat der guten Musik zum Glück keinen Abbruch, SABATON zelebrierten im gehobenen Mid-Tempo dargebotenen Power Metal, der Sänger konnte singen, die Gitarristen konnten gitarrieren. Und auch wenn es nicht besonders voll vor der Bühne war (ich konnte problemlos nach 10 Minuten des Auftritts zu meinen Kumpeln zurückkehren) hinterlies die Band einen bleibend guten Eindruck bei den Anwesenden. „Metal Machine“ und „Panzer Battalion“ wären wohl besonders hervorzuheben. Die einzigen negativen Aspekte ihres Auftritts waren aber ohnehin die andauernden „Fucks“ des Sängers während der Ansagen, die gefallen mir schon seit Alexi Laiho nicht.

Die Show endete dann auf jeden Fall mit einem sehr ansehnlichen Applaus, die Band verabschiedete sich, und es hieß 25 Minuten warten auf die englischen Power Metaller von DRAGONFORCE. Wiederum im Fotograben durfte ich deren Gebolze 20 Minuten direkt aus den Boxen ertragen, erst danach konnte ich mich in die Menge abseilen. Toll war natürlich, dass ich so die absolut tödlichen und – im Vergleich zum restlichen Sound – sehr kreativen Soli aus allererster Reihe bewundern durfte. Doch zuerst zum Auftreten der Band: Gitarrist Herman Li und Sänger ZP Theart haben Haare bis zu den Lederhosen, zweiterer trat auch von Anfang an oben ohne auf. Sonst gab sich die Band erstaunlich klischeefrei, keine nietenüberladenen Outfits oder sonstiges, DRAGONFORCE setzten voll und ganz auf ihre Musik. Und das gelang auch, vorläufig. Die ersten drei Songs über wurde man einfach von der Kraft der Melodien an die Wand gespielt, bevor die Soli noch einen draufsetzten und einen wirklich vollständig in Ehrfurcht erstarren liessen. Das war es dann aber auch schon, denn sobald man mal halbwegs mit den Gitarrenläufen mitkommt, fällt einem auf, dass DRAGONFORCE in ihrem Sound im Grunde sehr wenig variieren. ZU wenig. Und auch das Starren auf die fliegenden Finger der Gitarristen (die sich die Soloparts übrigens geteilt haben) ist dann eigentlich garnicht mehr so spannend. Da hilft dann auch ein sehr aktives Stageacting nichts mehr. Schade eigentlich, ein paar einfach gestrickte Mid-Tempo Nummern hätten der Show vielleicht ganz gut getan. Aber die hat die Band ja nicht. Entsprechend wurde die Menge vor der Bühne im Laufe der Show immer kleiner, unter anderem wohl, weil es schlicht zu laut war. So bin auch ich mir gegen Ende des Auftritts lieber noch ein Bier (ich habe übrigens den Verdacht, dass es alkoholfrei war) holen gegangen.

Ob EDGUY da Abhilfe schaffen können? Ja, und das schon mit ihrem ersten Song, „Catch of the Century“, der schonmal ordentlich Stimmung verbreitete, zumal er mit wahnsinniger Spielfreude dargeboten wurde. Und diese beiden Attribute trafen auf die ganze Show zu, die Jungs um Tobias Sammet haben trotz 14 Jahren des Auftretens unverkennbar immernoch massig Spaß am Spielen. Und das Publikum belohnte das, zwar war mit dem viel zu langen „Sacrifice“ erstmal die Luft raus, schon beim folgenden „Babylon“ vom „Theater of Salvation“-Album ging die Menge wieder gut mit und erfreulicherweise blieb man ausnahmsweise von auf Power Metal-Konzerten völlig unüblichen Moshpits verschont, man ging einfach gut mit, hat gebangt, und das war es dann aber auch. Reicht ja vollkommen. Wie auch immer, es folgte einer der Scherze im etwas gewöhnungsbedürften EDGUY-Style, Tobi kündigte einen Song an, den sie „mal eben“ im Tourbus geschrieben haben und der nicht ganz so hart sei wie der Rest ihres Materials, aber trotzdem viel Hitpotenzial besitze. Es folgte eine kurze Darbietung von „The Trooper“ von Iron Maiden, bevor dann das erste Singspiel anstand. Das gestaltete sich nach dem Motto „Rechte gegen linke Hallenhälfte“, und erst nach einigen Minuten des emsigen Rufens und Schreiens folgte „Lavatory Love Machine“, live ein absoluter Kracher, wirkte der Song doch um einiges härter als noch im Studio. Im textlosen Mittelteil des Songs liess Tobi die Hallenhälften dann immer schneller wechseln, bis am Schluss der für diesen Song typische „Ai-Ai-Ai!!!“-Schrei dabei herauskam. Hat gerockt. Mit „Trinidad“ gabs dann auch schon den nächsten „Funsong“ der Band, der aber mindestens ebenso gut Stimmung machte wie „Lavatory Love Machine“. Ebendies galt dann auch für die folgenden „Tears of a Mandrake“ und „How Many Miles“. Einer meiner persönlichen Höhepunkte war dann das Drumsolo von Felix Bohnke, der bei dieser Gelegenheit unter Beweis stellte, dass er sich über die Jahre spielerisch wahnsinnig gebessert hat und nun durchaus in die gehobene Mittelklasse der Schlagzeuger einzuordnen ist. Die Krone wurde dem Ganzen dann durch den „Imperial March“ aus Star Wars aufgesetzt, den Felix mit Darth Vader-Maske begleitet hat. Nach „Superheroes“ und dem folgenden „Save Me“ (Tobis Ansage im Song: „Wir tun jetzt mal so als wären wir auf einem Bon Jovi-Konzert und 40000 im Stadion“) kam dann ein weiterer lustiger (?) Gag: Tobi spielte auf der Gitarre von Jens Ludwig erst die Titelmelodie von „Löwenzahn“, dann das Riff von Deep Purples „Smoke On the Water“, und schlußendlich der Anfang vom Hellfire Club-Song „Mysteria“, mit welchem die Band dann auch fortfuhr. Bei diesem fuhr ein riesiger Gargoyle hinter dem Schlagzeug hoch, der im Laufe des Songs dann auch die Flügel spreizte. Sah durchaus beeindruckend aus, war aber trotzdem mindestens ebenso unnötig. Dann war Schluss.
Wirklich? Nein, natürlich nicht. Viel mehr trat die Band nur ca. 3-4 Minuten ab, um dann von Scheinwerfern und Nebelschwaden begleitet den Übersong „Vain Glory Opera“ einzuläuten. Dieser Song hatte für mich vorerst die beste Performance dieses Abends, Publikum und Band gaben noch einmal alles. Und obwohl Jens sein Solo ziemlich in den Sand gesetzt hat war der einige Wehmutsttropfen an dem Song, dass er nur 7 Minuten dauerte. Nachdem ich und ein Unbekannter weiter vorne uns lauthals „Fucking With Fire“ wünschten , wurde mein Abend erst recht perfekt als einmal mehr Sammets extrem hohe Kiekser zum Intro des „Rocket Ride“-Bonustracks einsetzten. Nach „Avantasia“ dann ein Song, den ich persönlich überhaupt nicht erwartet hätte (der, wie ich mir sagen liess, aber wohl zu jeder Edguy-Show gehört), die letzte Zugabe war „King of Fools“ vom „Hellfire Club“-Album. Das Publikum ging immernoch extrem gut mit, es trat beinahe der „Hearts on Fire“-Effekt eines Hammerfall-Konzertes, bei welchem die Menge lauter ist als den Rest des Konzertes zusammen. Amüsant auch die Variation des Beginns der ersten Strophe des Lieds: „What do you think, when you piss in my face?“

Das wars, und was soll man noch groß sagen. Sabaton haben voll überzeugt, Dragonforce konnten den hohen Erwartungen vieler Fans wohl nicht gerecht werden und Edguy muss man halt mögen, auch wenn sie so und so gute Performance bieten, die teilweise über 5minütigen Ansagen sind eben nicht jedermanns Sache. Meine schon, und so freue ich mich auch schon extrem auf den Auftritt der Band im Sommer auf dem Münchner Tollwood.

Publiziert am von Marius Mutz

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