Konzertbericht: Eisbrecher w/ Project Pitchfork

2011-07-02 München

Der EISBRECHER kehrt zurück! Rund ein halbes Jahr vor der angedachten VÖ des nächsten Albums nahm das süddeutsche NDH-Flaggschiff noch einmal Kurs auf seinen Heimathafen – dieses Mal in Form der Gehrlicher Musik-Arena auf dem Münchner Tollwood 2011. Letztes Jahr im Herbst hatten Kapitän Alex und seine Mannen noch das Backstage Werk erschüttert, nun sollte also erstmals die Zeltkonstruktion auf dem Festivalgelände dran glauben. Doch bevor es richtig kalt wurde, enterten erst einmal PROJECT PITCHFORK als Support die Bühne.

Bereits seit 1989 machen die norddeutschen Synth Rocker mit ihrem krachenden Electro-/Dark-Wave-Mix die Musikwelt unsicher. Apropos Krach: Dieses Wort fasst besonders anfangs das allgegenwärtige Soundbild im Tollwoodzelt passend zusammen. So konnte sich zunächst keins der Stücke wie „Steel Rose“ oder „Stacked Visions“ entfalten, da der klangliche Einheitsbrei kaum Wiedererkennung zuließ und besonders im hinteren und seitlichen Zeltbereich für wenig Unterhaltung sorgte. Generell eine sehr unglückliche Atmosphäre für eine Band, die trotz Elektrogestampfe durchaus Wert auf ihre Texte legt, wobei die politischen und gesellschaftlichen Statements wie „K.N.K.A.“, „Vietnam“ und „Box Of Steel“ dieses Mal nicht auf der Setliste zu finden waren. Stattdessen setzten Project Pitchfork auf ihr elektronisches Partyprogramm und eine durchaus bemerkenswerte Lichtshow. Leider war dies besonders durch die bereits erwähnten Sounddefizite ein schwieriges Unterfangen, an dem schätzungsweise nur die langjährigen Anhänger wirklich Freude hatten. Lediglich gegen Ende wirkte es so, als ob Pitchfork etwas an der Soundschraube gedreht hatten und so stimmte der Abschluss mit „Endless Infinity“ und „Rescue“ ein wenig versöhnlich. Dort konnte auch erstmals die Stimme von Sänger Peter Spilles überzeugen, die zuvor von zahlreichen Synthis, Keyboards und anderen künstlichen Sounds beinahe erschlagen wurde. Too little, too late.

Setliste Project Pitchfork
01. Existence
02. Steel Rose
03. Carnival
04. Stacked Visions
05. Lam Bras
06. Beholder
07. Timekiller
08. Fire & Ice
09. Continuum Ride
10. I Am
11. Endless Infinity
12. Rescue

Im Gegensatz zu Project Pitchfork waren EISBRECHER von Anfang an auf Kurs: Mit dem Titeltrack vom neuen Album „Eiszeit“ rocken die fünf Jungs sofort ordentlich die Bühne. Harter Deutschrock verschmilzt mit Elektroklängen und der markanten Stimme von Frontmann Alexx Wesselsky zu einem düsteren Soundmix. Wie schon im Münchner Backstage letzten Herbst hat Captain Alexx seine Truppe und die feiernde Menge im Zelt fest im Griff. Seine Bühnenpräsenz und sein Charisma spielt der Sänger voll aus, indem er u.a. zusammen mit einem Plüschbären am Mikro rockt oder den Fotografen zum Abschied nachwinkt. So sorgt der „Checker“ aus dem Schwabenland trotz hörbar angeschlagener Stimme für ein Live-Erlebnis, welches insgesamt einer Best-of Show gleicht. Genau wie mit den unterschiedlichen Musikrichtungen spielen Eisbrecher gekonnt auf der Klaviatur der Stilmittel und mit ihren Texten. Provokatives („Heilig“) trifft auf Selbironisches („This is Deutsch“). Zwischen „Schwarze Witwe“ und „Engel“ schrubben Alexx und Jürgen über ihre Akustikgitarren und schmettern ihren Fans „Patrona Bavariae“ und „Tränen lügen nicht“ entgegen. Diese singen zumindest zweiteres frenetisch mit. Der Ausflug in die Schlagergebilde bleibt jedoch ein kurzes Intermezzo. Die Eisbrecher enttäuschen ihre Fans nicht und liefern eine überzeugende Bühnenshow mit etabliertem Livematerial. Dass Alexx und Co. allerdings auch einen weichen Kern haben, zeigen sie u.a. bei „Engel“ und am Ende. Als Rosenkavaliere verabschieden sie sich bei ihrem ersten Auftritt auf dem Tollwood vom Münchner Publikum. Zuvor wurde das „Miststück“ mit einem virtuosen Stilmix auf beinahe 20 Minuten gedehnt und schließlich mit „Mein Blut“ eine improvisierte Zugabe ergänzt, nachdem der Eisbrecher zumindest sein Setlistenziel schneller als geplant erreicht. Doch auch nach diesem Bonus und dem finalen Abschied hatten die Fans noch lange nicht genug – und im Herbst wird es auf der Eisbrecher-Tour eine Fortsetzung im Münchner Backstage geben. Dann allerdings ohne Project Pitchfork, sondern mit A Life Divided im Gepäck.

Setliste Eisbrecher:
01. Eiszeit
02. Willkommen im Nichts
03. Angst
04. Leider
05. Böse Mädchen
06. Antikörper
07. Heilig
08. Schwarze Witwe
09. Schlager (u.a. Tränen lügen nicht)
10. Engel
11. Vergissmeinnicht

12. Amok
13. Ohne dich
14. This is Deutsch
15. Miststück
16. Mein Blut

Publiziert am von und Uschi Joas

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