Konzertbericht: Grave Digger und Therion w/ Sabaton

2007-02-12 München, New Backstage

Wo geht man hin, wenn man einen Abend mit saufen, Heavy Metal und abrocken verbringen will und nichts dabei schiefgehen können soll? Genau, dann muss man zu GRAVE DIGGER gehen. Genau das tat ich mal wieder, genauer gesagt besuchte ich die Band im New Backstage in München auf deren „Liberty or Death“-Tour 2007. Mit auf der Tour waren zusätzlich die Schweizer THERION und die Schweden SABATON, während erstere den zweiten Doppel-Headliner-Slot neben Grave Digger belegten und damit erst nach diesen auf die Bühne kamen, nahmen zweitere eher Supportfunktion wahr. Zur Location lässt sich sagen, dass das Backstage halt ein kleiner Saftladen ist, bei dem in den allerseltensten Fällen irgendetwas bezüglich Presseeintritt funktioniert, im Grunde für die meisten Bands die dort spielen viel zu klein ist und das aber trotzdem meistens gut besucht ist. So war die Location auch heute zwar nicht gerade berstend gefüllt, doch sollte trotzdem ein Großteil der 500er-Halle belegt gewesen sein. Jedenfalls hat es allen Beteiligten gereicht, um gut in Fahrt zu kommen, sowohl Bands als auch Fans sollten sich hier mal wieder die Vollbedienung an live dargebotenem Heavy/Power Metal abholen.

Los ging es wie gesagt mit SABATON, der sehr sympathische Sechser war für mich auch kein unbeschriebenes Blatt mehr, waren sie mir doch schon im Februar letzten Jahres als Support von Edguy und Dragonforce mehr als positiv aufgefallen. Und auch nach der heutigen Show kann man sich nur wünschen, mehr solcher Power Metal Bands zu haben, die den gängigen Klischees einen derart hoch erhobenen Mittelfinger zeigen und die dazu noch trotz Support-Slot dazu imstande ist, das ganze Publikum zum Mitgehen zu bewegen. Das geht damit los, dass Sänger Joakim Brodén massiv anders klingt als 95% der Sänger von Generekollegen, so bleibt er durchwegs in tieferen Regionen und übermittelt so unvergleichlich mehr Druck als die meisten anderen Power Metal Fronter. Ähnlich sieht es mit der Musik selbst aus, denn nicht, dass ich mit sowas nicht auch zurechtkomme, aber wenn wirklich jede x-beliebige Melodic Metal Band mit Keyboard-Overkill aufwartet, bekomme ich dann doch etwas die Nase voll davon. Sabaton haben das nicht, hier wird insgesamt eher auf langsamere, stampfende Songs gesetzt, deren Charakter von Keyboardwänden unterstrichen wird und die zur Melodie-Erzeugung auf die Leadgitarre setzen. Dieses Rezept, an sich gar nicht so innovativ, geht wie gesagt auf, und so bilden Sabaton mit tollem Sound, viel Spaß auf der Bühne und großer Mitsing-Kompatibilität den idealen Hallenwärme für meinen persönlichen Headliner des Abends, GRAVE DIGGER. Da sollte es den meisten anderen Besuchern des Konzertes nicht anders gehen, denn weder bei Sabaton noch bei den später folgenden Therion war die Halle derart gefüllt, wie jetzt, als Grave Digger eine halbe Stunde später mit „Liberty or Death“, dem Titelsong ihres neuen Albums loslegen. Und obwohl mir das Album eigentlich nicht so gut gefällt, sind auch die neuen Songs, die live gespielt werden, makellose Live-Kracher, im speziellen „Silent Revolution“ bleibt einem bei dem doch recht Mitsing-trächtigen Refrain gut im Kopf. Zur Live-Performance Grave Diggers braucht man weiter eigentlich auch garkeine Worte verlieren, sowohl die bühnenpräsenten Chris Boltendahl und Manni Schmidt, als auch Drummer Stefan Arnold, Bassist Jens Becker und Keyboarder Hans Peter Katzenburg (heute nicht im feschen Totengräber-Kostüm) geben alles um den Fans einzuheizen, Chris hält war er am Nachmittag im Interview versprach: „Wir rocken die Hütte!“ Das funktioniert mit obligatorischen Songs wie „The Dark of the Sun“, „Excalibur“, „The Round Table“ oder „Lionheart“ natürlich prächtig. Die nicht zwingend zum Zug kommenden „Circle of Witches“, „Maidens of War“ und „The House“ bleiben da allerdings nicht außenvor, gerade letzteres verbreitet auch live eine sehr bedrückende Atmosphäre. Die einzigen beiden gespielten Songs, die mir nicht so zusagen, sind dann „Grave In the Nomans Land“ und „Yesterday“, doch im Vergleich zur insgesamt 110 Minuten langen Setlist ist es eigentlich nur gut, dass man sich auch mal ausruhen kann, denn die anderen Songs lassen dies kaum zu, nachdem es nämlich dem Doppelschlag „Rebellion“ gefolgt von „Knights of the Cross“ das erste Mal von der Bühne geht, folgen mit den beiden Zugabenblöcken „The Last Supper“ und „The Round Table“, sowie „The Grave Digger“ und „Heavy Metal Breakdown“ 4 der größten Abrissbirnen, die selbst von Grave Digger je geschrieben wurden. Das Publikum geht selbstredend wie immer super mit, auch wenn die Chöre leider nicht ganz so donnern, wie noch, als ich die Band ziemlich genau zwei Jahre zuvor in der selben Location das erste Mal live sehen konnte. Dass die Band da nichts dafür kann, steht aber außer Frage, denn an der Performance sowie der Songauswahl war wie betont nichts zu meckern, und so entlässt die Band ein euphorisches, und überwiegend heiseres Publikum – Zu Therion, oder nach hause.

Für mich fällt die Wahl auf zweiteres, nachdem erstmal mindestens eine halbe Stunde umgebaut wird, um den 8 (!!!) Personen auf der Bühne immer genug Stellplatz einzuräumen. Während der Grave Digger-Autogrammstunde kriege ich aber doch noch so einiges mit, und so möchte ich doch noch etwas zu den 3-4 Songs sagen, die ich gesehen habe: Es gab Momente, die wirklich gerockt haben und andere, bei welchen es vielleicht vorteilhaft gewesen wäre, die Alben zu kennen, aber trotzdem bleibt es mir ein Rätsel, wie man mit zwei Gitarren, einem Bass, einem Schlagzeuger und vier Sängerinnen und Sängern so wenig Druck erzeugen kann, wie das hier der Fall war. Zum Mitbangen oder sonstigem fröhlichem Abgehen bewegt mich die Musik jedenfalls nicht, ich frage mich auch des öfteren, wozu zwei männliche Sänger gebraucht werden, wenn sie eigentlich ziemlich identisch singen, aber das bleibt mir wahrscheinlich auf immer verborgen, wären vermutlich die Songs gewesen, die ich dann nicht mehr gesehen habe. Zum Sound möchte ich, da ich mich nach Grave Digger aus den vorderen Reihen zurückzog, auch gar nicht viel sagen, es kam mir aber nicht sonderlich druckvoll vor. Bühnenpräsenz konnte die Band leider trotz 4 Sängern nicht zeigen, da immer höchstens eine Person in der Mitte der Bühne stand, um sich nach beendetem Gesangspart wieder nach rechts oder links, auf erhöhte Podeste, zurückzuziehen, die von mir liebevoll die Bezeichnung „Abstellgleis“ erhielten. Gefesselt hat mich das ganze jedenfalls nicht, und so ist dann um kurz vor 12 auch Schluss für mich.

Grave Digger und Sabaton lieferten zusammenfassend also eine Wahnsinns-Show, was man inzwischen aber auch schon von den Bands gewöhnt ist, zweitere überraschten wegen dem Support-Slot dann aber doch noch ein bisschen und so bleiben Sabaton für mich die heimlichen Sieger des Abends. Therion dagegen konnte ich gar nichts abgewinnen, ob das nun an der Band oder an mir liegt, sei aber mal dahingestellt.

Publiziert am von Marius Mutz

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