Konzertbericht: Hämatom w/ Ihresgleichen, Vlad In Tears

16.11.2013 Backstage, München

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Einen Erfolg haben die NDH-Rockmetaller HÄMATOM bereits zu verzeichnen: Bei der Wahl des kreativsten Albumtitels 2013 dürfte “Keinzeitmensch” zumindest in die engere Auswahl kommen. Nach der 2011er Studioproduktion “Wenn man vom Teufel spricht” liefen die letzten beiden Jahre für Nord, Ost, Süd und West alles andere als schlecht: Nachdem die vier Jungs live erst Megaherz mächtig Paroli boten, folgte eine Support-Tour mit Eisbrecher und Frei.Wild sowie die mehr als gelungene DVD-Veröffentlichung “Schutt und Asche”. Kein Wunder also, dass die vier Männer mit “Keinzeitmensch” zum nächsten Schritt in der Bandvita ansetzen. Und diesen meistern sie auch live auf der ersten eigenen Headliner-Tour quer durch die Bundesrepublik.

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Einzig an der Support-Front sollten Hämatom noch feilen: Hier sammeln sich mit VLAD IN TEARS sowie Ihresgleichen direkt zwei Kapellen, die den Zweck eines Supports mehr oder minder verfehlen. Die Italiener rund um Fronter Kris Vlad wurden dem Billing in der bayerischen Landeshauptstadt erst kurzfristig hinzugefügt und machen auch nach mehreren Songs keine Anstalten dem recht ratlosen Publikum in München zu verraten, wer denn dort gerade auf der Bühne steht. Die Reaktionen auf die Mischung aus Dark Rock und Gothic Metal mit gewissem Glam-Faktor fallen derweil unbekannterweise überschaubar aus. Als wenig förderlich erweist es sich, dass Sänger Kris auf Grund seiner horrenden englischen Aussprache bei seinen Ansagen kaum zu verstehen ist und darüber hinaus mehr mit sich selbst als seiner Live-Performance beschäftigt zu sein scheint. Darüber hinaus gerät es bezeichnend für den gesamten halbstündigen Auftritt, dass Vlad In Tears als Kollektiv ihre besten Reaktionen dafür ernten, eine mehr schlechte als rechte Coverversion von Slipknots „Duality“ auf die Bühne zu zaubern. Bei den Eigenkompositionen des Erstlingswerks „Welcome To Vladyland“ reicht es hingegen vereinzelt nicht einmal zu Höflichkeitsapplaus in der Halle.

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Für etwas mehr Stimmung sorgen die deutschen Dunkel-Metaler IHRESGLEICHEN rund um Mastermind und Gründervater Bobbes. Diese nutzen die Support-Tour für Hämatom, um ihr drittes Studioalbum namens „Kreuz an Kreuz“ vorzustellen, welches im Oktober 2013 erschienen ist. Generell ein gutes Timing, doch leider wird auch die Mischung aus harten Gitarren,  Schlagzeug und Bass mit Gesang live nicht den vollmundigen Worten der Homepage gerecht. Zwar gibt es zumindest in den ersten Reihen einige Fans, die Bobbes und seine Mannen feiern, doch so richtig in den Bann zieht das Quartett eben nur jene vorderste Front. Und je länger der Auftritt dauert, desto eher wünscht sich mancher Konzertgänger, dass Ihresgleichen ihren Songtitel „Erlöse mich“ für die anwesende Menge wörtlich nehmen – allerdings im Plural und nicht im Singular. Beim überlangen Rausschmeißer „Deutscher Stahl“ wird der Auftritt schließlich etwas grenzwertig-parolig, doch jegliche Form von Aufregung sind IHRESGLEICHEN unter dem Strich nicht wert. Daran ändern auch die kurzen „Zugabe!“-Sprechchöre nichts.

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Erfreulicherweise gelingt es dem eigentlichen Headliner relativ fix, den schwachen Auftakt buchstäblich in Schutt und Asche zu spielen: HÄMATOM und besonders Sänger Nord nehmen die Bühne sowie die Halle bereits beim Opener „Säulen des Wahnsinns“ ein. Zuvor werden die Deutschmetaller entsprechend inszeniert und präsentiert, indem der Sänger aus einem illuminierten Holzkasten tritt. Im Anschluss funktioniert „Seelenpiraten“ dank eingängigem Refrain (und gleichzeitig der Vorlage für neues Merchandise) besser als in der Studioversion und die vier Himmelsrichtungen legen früh den Grundstein für einen gelungenen Abend. Dieser ist gespickt von harten Klängen, die im Verlauf des Konzerts zu beachtlichen und dennoch zivilisierten Mosh Pits im vorderen Drittel der gut gefüllten Halle führen.

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Einzig in den ruhigeren Momenten wie bei „Sing“ oder „Morgenrot“ passt der übertriebene Ellbogeneinsatz nicht zur Musik. Dafür beweist Sänger Nord in diesen Momenten, was er unter dem Strich für ein hervorragender Sänger ist. Bei „Sing“ fungiert sogar eine umgebaute Glühbirne als stimmungsvolles Mikro. Im Hinblick auf Einsatzbereitschaft und rohe Gewalt in der Stimme ist der Hämatom-Frontmann und Rampensau in Personalunion bereits über jeden Zweifel erhaben und so verliert die Schminke in seinem Gesicht recht schnell ihre Daseinsberechtigung, noch ehe Nord seine Sangeskarriere beim wahnwitzigen „Panik“ gefühlt um ein paar Monate reduziert.
Neben wenigen Füllern bieten HÄMATOM gegen Ende mit zwei kostümierten Affen noch einen würdigen Rahmen für die EAV-Coverversion, ehe die wenig heilige „Eva“ ausgerufen wird , ein letzter „Sturm“ aufzieht und man sich im Rahmen des hymnischen „Alte Liebe rostet nicht“ ein baldiges Wiedersehen verspricht.

SONY DSCSetlist HÄMATOM:
Willkommen
Säulen des Wahnsinns
Seelenpiraten
Ahoi
Man muss nicht sterben um in der Hölle zu sein
Auge um Auge
Schutt und Asche
Bester Freund, bester Feind
Ihr kotzt mich an
Sing
Morgenrot
Es ist nicht alles Gold was glänzt
Panik
Warum
Neandertal
Eva
Sturm
Alte Liebe rostet nicht

Totgesagt doch neugeboren – Teil 2
Leck mich
Outro

Dass HÄMATOM nicht ohne den erhobenen Mittelfinger zu „Leck mich“ und die damit einhergehenden Gedanken an das individuelle Lieblingsarschloch von dannen ziehen, ist inzwischen obligatorisch. So kehren die vier Musiker noch einmal zu einem lautstarken Abschied zurück, ehe der „Keinzeitmensch“ München mit einer Schneise der Verwüstung verlässt.

Anm. des Redakteurs: Bei den Liveaufnahmen handelt es sich um Archivaufnahmen anderer Konzerte.

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6 Kommentare zu “Hämatom w/ Ihresgleichen, Vlad In Tears

  1. Ich war zwar nicht bei dem Konzert, kann in anderer Situation aber zumindest eine kleine Lanze für Vlad In Tears brechen; wir haben im Sommer mit ihnen ein Konzert in einer kleinen Location und einem auf die Band abgestimmten Publikum gespielt (das ist natürlich schwierig, wenn man erst kurzfristig ins Billing rutscht). Da waren sie schon recht gut und sind entsprechend angekommen. Hier passte es vielleicht einfach nicht mit den anderen Bands und den Erwartungen des Publikums. Uneingeschränkt recht geben muss ich aber, was die englische Vokalakkrobatik des Sängers angeht, mit allen anderen konnte man sich gut unterhalten (wobei zwei auch akzentfrei deutsch sprechen), den Sänger konnte man kaum verstehen ;)

  2. Mehr Offenheit und Objektivität täte auch sinnvollen Kommentaren gut. Ich besuche seit einiger Zeit pro Jahr rund 40 bis 50 Konzerte und sehe jede Form von Musik, ebenso wie jede Band, so differenziert wie möglich. Fakt ist, dass die Stimmung bei Vlad in Tears rund 2 Meter vor der Bühne non-existent war. Bei Ihresgleichen war dies etwas besser. Wie es anders geht, haben schon zig andere Gruppen an gleicher Stelle bewiesen. Dass jeder individuell einen anderen Geschmack hat, ist nur menschlich. Aber abgesehen davon traue ich meinen Ohren und Augen. Und wenn dieser Bericht ach so weit weg von den Tatsachen gewesen wäre, hätten ihn Hämatom wohl kaum auf ihrer offiziellen FB-Seite geteilt und es gäbe nicht vergleichbare Kritiken zu diesem Konzert auf anderen Portalen. In diesem Sinne: Nenn mir gerne deine Tatsachen, die hier angeblich nicht stimmen.

    1. Sigi, es geht nicht um das, was du über Hämatom geschrieben hast, es geht darum, was zu den Vorbands steht – ich hatte keinesfalls den Eindruck, dass die Vorbands nicht beim Publikum angekommen sind – vielmehr fand ich die Leistung beider Vorbands sehr gut, wenn man bedenkt, wie weit sie musikalisch vom Headliner entfernt sind. Dies macht doch gerade Konzerte interessant, dass eine Vielfalt geboten ist und nicht 3 Stunden das gleiche Programm. Geschmack ist menschlich, da bist du natürlich richtig und es wäre furchtbar wenn wir alle das Gleiche wollten – dann bräuchten wir ja nur eine Band. Aber warum muss es so negativ klingen nur weil es nicht dein Geschmack war, wie z.B. “ Und je länger der Auftritt dauert, desto eher wünscht sich mancher Konzertgänger, dass Ihresgleichen ihren Songtitel “Erlöse mich” für die anwesende Menge wörtlich nehmen – allerdings im Plural und nicht im Singular“. Ich hatte den Eindruck, dass beide Vorbands beim Publikum sehr gut ankamen – wie es dem Status einer Supoortband entspricht. Warum muss, was nicht den eigenen Geschmack trifft, negativ sein ? Welches für viele Schreiberlinge gilt. Warum nicht anfangen Musik mal offener zu sehen / hören, und zu honorieren, was die Bands dort leisten. Ich finde nicht, dass alles vom Grundsatz her schon platt gemacht werden muss – ich respektiere Leistung und den Mut, als Support für eine Band zu stehen, welche doch recht weit weg vom eigenen Stil ist. Hinzu kommt der Aufwand, den eine Supportband betreiben muss, um überhaupt tourfähig zu sein – unter anderem vom finanziellen her. Wir könnten sicher endlos drüber debattieren, nur es bringt nichts – daher danke ich an dieser Stelle für deine Ansicht auf die Dinge, wünsche sowohl dir und dem Portal weiterhin viel Erfolg und verbleibe mit einem freundlichen Gruss aus Berlin.

  3. Junge, ich war auch in München – wo hattest du denn deine Augen und Ohren – der Bericht zu den Vorbands entspricht vielleicht deiner persönlichen Meinung – aber bei weitem nicht den Tatsachen. Mehr Offenheit und Objektivität täte einer sinnvollen Berichterstattung gut, ansonsten reiht es sich ein in die endlose Schleife der händegringend gesuchten Mitwirkenden in der Flut neuer fachlich ( in )kompetenter Onlineportale.

    1. Ich weiß zwar nicht genau, auf was sich in deinem Satz das „es“ bezieht – so du allerdings Metal1.info meinst, kann von „neu“ bei elfjähriger Geschichte nicht unbedingt gesprochen werden. ;)

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