Konzertbericht: Kamelot w/ Firewind, Forever Slave

2008-04-25 Hamburg, Markthalle

Ein fettes Multikulti-Power Metal-Paket versprach dieser sonnige Freitag zu bieten: Die Spanier von FOREVER SLAVE, die Griechen-Connection FIREWIND mit dem Hamburger Jung Mark Cross am Schlagzeug und die bunt gemischte Szenegröße KAMELOT, allesamt mit neuem Album im Gepäck, gaben sich die Ehre. Bereits früh am Tage, um 16 Uhr, begab ich mich zum Ort des Geschehens, um dort ein Interview mit Gus G., seines Zeichens Griffbrettwichser bei den Griechen, zu führen. Selbiges ging reibungslos und dank neuem Diktiergerät ohne technische Probleme (wie es sie noch bei Turisas gab) vonstatten, und nach gut zwei Stunden anschließender Wartezeit gewährte man endlich dem zahlenden Publikum sowie auch mir Einlass. Kleines Lob am Rande für Century Media: Bei den Herren funktioniert’s mit den Gästelisten. Vielen Dank und weiter so!

Pünktlich um 20 Uhr begannen FOREVER SLAVE mit der Darbietung ihrer Musik. Schon jetzt ärgerte ich mir ein zweites Loch in den Hintern, dass ich mal wieder meine Kamera vergessen hatte: Sangesdame Lady Angellica präsentierte sich überaus ansehnlich und sorgte mit luftiger Oberkörper-, sowie enger Unterkörperbekleidung und hüftbetonten Tanzeinlagen für das erste optische Highlight des Abends. Musikalisch gab es von den Spaniern leider nur recht ereignislosen Gothic Metal, der zwar einigermaßen wuchtig daherkam, aber eben ohne wirklich erkennbare Merkmale blieb; auch das Publikum ließ sich nicht wirklich begeistern (zumindest nicht äußerlich) und verblieb ziemlich ruhig. Dazu kam aus den Boxen vom galtzköpfigen Gitarrero Oswalth ein ziemlich matschiger Sound, der die meisten Details in seinem Spiel verschluckte. Auch Lady Angellicas Stimme (oder eher Stimmchen) war zwar ganz hübsch anzuhören, tönte jedoch auch alles andere als kraftvoll. So blieb insgesamt ein etwas durchwachsener Eindruck von FOREVER SLAVE; vielleicht wirken sie ja auf CD besser.

Nach minimaler Umbaupause waren FIREWIND an der Reihe, die in den letzten Wochen mit ihrem neuen Album „The Premonition“ für einigen Wind sorgten. So wurden die Griechen vom nun rappelvollen Saal auch ordentlich abgefeiert, als sie mit „Into the Fire“, dem Opener des neuen Albums, das Set eröffneten. Nun ging ordentlich die Post ab, und dem einen oder anderen schien die entstehende Hitze (passend zum Bandnamen) das Hirn zu verbrutzeln: Ich stand in der ersten Reihe an der Absperrung und bangte fröhlich zur Musik, als sich von hinten ein pickliger 90-Kilo-Koloss mit reichlich Schwung und zwei Kumpels im Gepäck nach vorn warf, mich dabei ins Metall drückte und dann wie ein Spastiker mit epileptischem Anfall auf der Stelle zu moshen begann. Dabei huldigte er Gitarrenzauberer und Idol vieler Junggitarristen Gus G. mit Pommesgabeln, Jubelrufen und sonstigen Aktionen, nicht ohne dabei abzugehen wie ein ecstasygeschwängerter Technojünger in der Disko; und das nicht ohne (trotz freundlichem Hinweises meinerseits) die Gesundheit dreier etwa Zwölfjähriger, die durch eine Stufe in der Absperrung weiter unten standen, zu gefährden – von meiner eigenen will ich gar nicht reden.
Mal ganz ehrlich: Auch ich feiere bei eigentlich fast jeder Band ab und suche immer wieder Blickkontakt zu den Musikern, weil das ein Konzert für mich zu einem persönlicheren Erlebnis macht. Aber was hier von diesem Typen und seinen zwei Kumpels abgezogen wurde, war wirklich nicht mehr feierlich; das grenzte schon arg an fanatische Götzenanbetung, und in dieser Annahme bestärken mich auch sein Gebaren und seine depperten Ausrufe („Gus, you’re my God!!!“). Meine Herrn! Ich war zwischenzeitlich kurz davor, dem Kerl kräftig einen Ellenbogen in die Rippen zu stoßen. Abgesehen von dieser unerfreulichen Begebenheit, für die die Band im Grunde ja nichts kann, boten FIREWIND einen sehr guten, energiereichen Auftritt. Gus G. frickelte sich ordentlich einen ab, Sänger Apollo animierte das Publikum zum Abfeiern und der Hamburger Jung Mark Cross schaute zwischen den Songs immer wieder freudig grinsend hinter seiner Schießbude hervor. Mit Krachern wie „Head up high“, „Falling to Pieces“ oder „Mercenary Man“ hatten die fünf das Publikum absolut auf ihrer Seite und konnte sich beim ulkigen Reggae-Singalong über beste Beteiligung freuen; bis zuletzt wurden FIREWIND frenetisch gefeiert.

Schon jetzt dürfte jeder im Sall ordentlich durchgeschwitzt gewesen sein, doch der große Headliner, für den die meisten gekommen waren, ließ noch auf sich warten. Die Umbaupause zog sich hin; das abgebaute kleinere Schlagzeug ließ einen Blick auf mit Scheinwerfer versehene Treppen zu, die Headliner-Schießbude mit epischen Ausmaßen thronte imposant fast zwei Meter über der eigentlichen Bühne auf einem Podest. Schließlich war es dann soweit: Gastmusikerin Anne-Catrin Märzke, verantwortlich für Hintergrundgesang und Geigenspiel (wobei das irgendwie nach Playback aussah), trat maskiert mit ihrer Fidel in die Mitte der Bühne und leitete den Power Metal-Reigen ein. Und mit ihrem Abtritt kam nun auch der Rest der Band auf die Bühne und rockte gleich mächtig los. Ich hätte im Vorfeld nie erwartet, dass KAMELOT live solch eine Macht sind – doch sie sind es! Ungeheuer wuchtvoll und mit bestem Sound bot die multinationale Truppe ein Konzert der Spitzenklasse. Mit Krachern wie „Rule the World“, „Center of the Universe“ oder „Forever“ wurde das Publikum in beste Feierlaune versetzt, beim erfreulich abwechslungsreichen Instrumentalintermezzo konnten die Musiker ihre Klasse beweisen, und später bekam der deutsche Keyboarder Oliver Palotai noch Gelegenheit, mit einem Auszug aus Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ die Leute zu begeistern und zum Mitsingen anzuregen. Auch die zunächst noch etwas hölzern erscheinende und mehr im Hintergrund agierende Anne-Catrin Märzke taute später auf und erwies sich als elfengleiche Schönheit mit elegantem Bühnenacting und toll anzuhörender Stimme, die sich speziell bei „Ghost Opera“ perfekt mit der von Roy Khan ergänzte.
Überhaupt, Roy Khan! Dieser Mann ist ein Sympathieträger erster Klasse und ein Frontmann, wie es sie nur selten gibt. Es verging kaum eine Minute, in der er nicht mit dem Publikum, sei es durch Blickkontakte, Aufrufe zum Klatschen oder Handschläge von der mittig aufgestellten Bühnenerweiterung, um die sich die Fans scharten. Immer wieder schüttelte er Hände, lächelte glücklich wie ein Kind, das einen Riesenlutscher bekommt und veranstaltete einen tollen Mitsingpart. Auch ich ließ mir gegen Ende des Auftritts ein Händeschütteln nicht entgehen, und der Ausdruck, der in diesem Moment in Roy Khans Augen zu sehen war, war einer, der von riesengroßer Freude sprach. Diese dürfte wohl das gesamte Publikum verspürt haben, denn KAMELOT wurden ohne Grenzen abgefeiert und legten zwei Zugaben auf ihr Set drauf.

Ein wunderbarer Abend voller Heavy/Power Metal und ein wenig Gothic liegt hinter mir, der nur durch ein paar fanatische Idioten einen kleinen Makel erhält. Ich hoffe, dass wir hier in Hamburg Roy Khan beim Wort nehmen können, denn er sagte: „It’s been a long time since we last played here in Hamburg… but it won’t be a long time until we play here again!“

Geschrieben am 25. April 2008 von Metal1.info

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