Konzertbericht: Lord Of The Lost w/ Stoneman

2011-09-28 Garage, München

Ab und an ist die Macht von Facebook begrenzt: Knappe 4.500 Follower haben LORD OF THE LOST auf dieser Plattform. Wäre nur jeder fünfte bis zehnte davon zu einem Konzert der „Antagony“-Tour gekommen, die Besucherzahlen hätten vermutlich ein wenig besser ausgesehen. In der intimen Atmosphäre der Münchner Garage störte dies allerdings weniger als in den größeren Hallen. Und der kleine Club im Osten der bayerischen Landeshauptstadt war wie geschaffen für Chris „The Lord“ Harms und seine Mitmusiker.

Doch bevor die norddeutschen Newcomer die Bühne enterten, rockten erst einmal die Schweizer STONEMAN die Garage – bzw. sie versuchten es. Begleitet von Britney Spears‘ „Ooops, I did it again“ betrat die Band beinahe pünktlich um 20 Uhr die (zu) kleine Bühne. Nicht unbedingt der erwartete Einstieg für ein Metal-Konzert. Doch direkt mit dem ersten Song schlug der Support die Gangart für die kommende Stunde ein: fürchterlich abgemischter Growlgesang mit viel Gitarre, Schlagzeug und Bass. Das sozusagen non-existente Klangbild schreckte zunächst ab, doch nach dem anfänglichen Soundschock konnte man den „Steinmännern“ aus musikalischer Sicht durchaus etwas abgewinnen: Sänger Mikki Chixx bewies als Fronter durchaus Talent und vor allem Bühnenpräsenz. Ein Kriterium, an dem manch etablierte Szenegröße zu nagen hat. So schwang er zu Songs wie „Devil In The Gucci Dress“ den Mikroständer, während seine Bandkollegen den maroden Soundteppich mit durchaus überzeugenden Riffs beisteuerten. Ein Hauch von Eisregen erfüllte den Club, wenngleich die zweite Konzerthälfte abwechslungsreicher und etwas eigenständiger geriet. Mit dem einzig deutschen Titel „Wer ficken will, muss freundlich sein“ versuchten Stoneman schließlich auf plumpe Art und Weise zu punkten. Dies gelang in Teilbereichen. Ebenso wie der Rest des Auftritts, der mehr als nötig unter der Technik litt.

Die Soundaussichten für Lord of the Lost waren demnach mau. Doch die Befürchtungen blieben unbegründet. Wie von Zauberhand erklangen plötzlich (fast) alle Instrumente zusammen mit dem Gesang von Frontmann Chris „The Lord“ Harms, ohne dass man instinktiv zu Ohrenstöpseln greifen musste. Mit diesem kleinen Tonwunder wurde früh der Grundstein für eine 90-minütige Show gelegt, die zu überzeugen wusste: Der Kombo gelang spielerisch der schwierige Spagat zwischen Härte und Harmonie. Nie wirkten LotL wie eine weitere Knüppelfraktion, doch auch die seichten Rockfahrwässer umschifften die Hamburger gekonnt. Mögen einige Songtitel der beiden Alben „Fears“ und „Antagony“ recht plakativ wirken, so besitzen die einzelnen Stücke ein merkliches Eigenleben. Sänger Chris wechselte dabei scheinbar mühelos von hart zu zart und griff zwischenzeitlich u.a. bei einer kurzen Akustikeinlage selbst zur Gitarre.
Bei „Prison“ ließ er sich in seiner Kindesheimat passend zum Oktoberfest ein Bier von der Theke reichen. Die Flasche stand allerdings nicht lange vor ihm, sondern fiel um und sorgte für einen Kurzschluss der Sound und Show gleichermaßen rapide zum Erliegen brachte. Doch von Nervosität keine Spur: Souverän lösten Lord of the Lost diese ungeplante Atempause mit Small Talk und spielten eine ihrer stärksten Nummern kurzentschlossen von vorne, nachdem das technische Problem gelöst war.
Auch sonst präsentierten sich die Nordlichter als eingespielte Truppe, bei der die Gitarren im Club synchron geschwungen werden wie bei etablierten Szenegrößen in der Olympiahalle. Dass es das ist, was die Leute sehen wollen, wurde bei den Ansagen von Sänger Chris deutlich, der mehrfach mit lauten „Rocken!“ und „Spuin!“ (bayerisch für Spielen)-Rufen unterbrochen wurde. Das taten die Metaler dann auch und schüttelten damit die Garage ordentlich durch. Entsprechend stark fielen die Publikumsreaktionen aus, wenngleich selbst beim größten Jubel des Abends noch Luft nach oben war.
Affektierte Posen und unnötiges Gehabe blieb den Konzertbesuchern bis zum Ende erspart, als sich Chris beim Abschied „Sex On Legs“ in die Hose griff. Davor hatten die Band u.a. mit der Lady Gaga-Coversion „Bad Romance“ jedoch genüg Bonuspunkte gesammelt, um selbst diesen fraglichen Kunstgriff zu verzeihen.
Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis findige Produzenten auf Lord Of The Lost aufmerksam werden. Nächstes Jahr wurde die Band z.B. bereits für das Amphi-Festival bestätigt. Eine logische Entwicklung nach den starken Auftritten als Support von Mono Inc. sowie einer ersten Headlinertour, die soundtechnisch noch mehr dem Klangbild von Chris und Co. entsprach. Ob sich der LotL-Sound mit zunehmender Festival- und Medienpräsenz weiter so unverfälscht entwickeln kann, wird sich alsbald zeigen. Noch sind LotL ein Insidertipp, doch die München-Show vor rund 100 Zuschauern hatte das Potential, um zukünftig weitere größere Clubs zum Kochen zu bringen. Wie sehr sich die jetzigen Fans dann darin musikalisch wiedererkennen, das ist das einzig große Fragezeichen. Für alles andere lieferten Lord Of The Lost mehr als überzeugende Antworten.

01. Intro
02. We Are The Lost
03. Do You Wanna Die Without A Scar
04. Undead or Alive
05. Fragmenting Façade
06. Prison
07. Antagony
08. Son Of The Dawn
09. Death Doesn’t Kill You But I Do
10. See You Soon
11. Till Death Us Do Part
12. Prologue
13. Epiphany
14. Break Your Heart
15. Last Words
16. Dry The Rain
17. Bad Romance
18. Sex On Legs

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