Konzertbericht: The Exploited w/ Lustfinger, Maid Of Ace, Drain Down

24.10.2019 München, Backstage (Werk)

 Es gibt zwei gängige Gründe für Bands, auf Tour zu gehen: Ein neues Album oder ein Jubiläum. Ein neues Album ist es bei THE EXPLOITED schon mal nicht: Nach wie vor ist das 2003 erschienene „Fuck The System“ auch das aktuelle Album. Weil jedoch auch für eine mehr oder minder inaktive Punkband die Zeit nicht Still steht, jährt sich die Bandgründung nun zum 40. Mal. Wenn das kein Grund zu feiern ist!

Mit THE EXPLOITED feiern wollen in München offenbar einige. Zumindest mehr, als in der Backstage Halle Platz gefunden hätten, sodass das Konzert kurzerhand ins dafür durch Aufstellwände und Vorhänge verkleinerte Backstage Werk verlegt wird.

DRAIN DOWN hilft das wenig: Von einer Handvoll verloren wirkender Gestalten – darunter The-Exploited-Bassist Irish Rob – abgesehen bleibt die Arena des Werks zunächst leer. So ganz will der Onkel-Tom-Thrash der Band aber auch nicht ins Punkige Setting des Abends passen – da hilft es auch nicht, dass DRAIN DOWN sich von Anthrax bis The Offspring durchcovern. Applaus gibt es für die engagierte Leistung zwar aus dem weiten Dunkel der Halle trotzdem, Stimmung kommt in den knapp 25 Minuten aber keine auf. Das dürften sich die Freiburger für ihre erste große Tour auch anders vorgestellt haben.

Anders bei MAID OF ACE: Als die vier Schwestern von der Südküste Englands um 20:45 Uhr auf die Bühne kommen, ist das Werk wie von Zauberhand mit einem Schlag gut gefüllt. Kein Wunder: Zum einen arbeiten MAID OF ACE in den letzten Jahren nicht nur musikalisch, sondern auch mit eifrigem Touren hart daran, sich international einen Namen zu machen – zum anderen bekommen die Konzertbesucher hier, wofür sie offensichtlich empfänglich sind, wenn sie sich Tickets für eine Show von The Exploited gekauft haben: flotten, harten Punk-Rock. Wenn von einem Moshpit hier auch noch nicht die Rede sein kann, kommen Songs wie „Made In England“ oder „Bone Death“ ganz offensichtlich gut an.

Extra für das Münchner Publikum gibt es dann noch einen Bonus: Als Reminiszenz an alte Tage, in denen sich beide Bands bereits die Bühne geteilt hatten, haben The Exploited LUSTFINGER als Special Guest eingeladen. 1981 in Lohhof bei München gegründet, zählt die Band um Tom „Foug“ Fock zu den ältesten Punkbands Deutschlands. Wobei die Liste der Ehemaligen lang und Foug das einzig verbliebene Gründungsmitglied ist. Leider spielen auch LUSTFINGER mit Hits wie „Niemals Vergessen“ oder „Baby I Love You“ mittlerweile die Sorte „Schlager-Punk“, die auch andere Deutschpunk-Veteranen wie Die Toten Hosen oder Slime heutzutage mehr oder weniger erfolgreich bedienen. Wer Heinos Rock-Cover schon etwas zu hart fand, wird mit LUSTFINGER sicher glücklich – einbettet zwischen die doppelte Portion Hardcore-Punk von Maid Of Ace und The Exploited stoßen die Punk-Rock-Veteranen mit ihren schmierigen Schunkel-Songs allerdings vornehmlich auf Unverständnis. Die Einladung wurde wohl etwas vorschnell ausgesprochen – da hätte Wattie besser nochmal reingehört.

Eine gänzlich andere Stimmung herrscht da im Werk, als um 22:30 Uhr THE EXPLOITED die Bühne stürmen: Gleich beim Opener „Let’s Start a War (Said Maggie One Day)“ starten die Fans vor der Bühne einen Moshpit, der in Härte und Ausdauer seinesgleichen sucht – bis zum Ende der 80-minütigen Show wird vor der Bühne keine Ruhe mehr einkehren. Auf der Bühne allerdings auch nicht.

Gerade bei Fronter Wattie Buchan scheinen die Akkus wieder auf 100 % – und das liegt augenscheinlich nicht nur daran, dass heute Tourauftakt ist. Voller Elan und mit einigen Pfunden weniger wirkt Wattie – immerhin auch schon 62 und zuletzt gesundheitlich stark mitgenommen – heute verglichen mit der letzten Tour vor zwei Jahren um Jahrzehnte verjüngt. Auch der Rest der Truppe ist in Bestform und genießt es augenscheinlich, wieder auf der Bühne zu stehen. „Chaos Is My Life“, „The Massacre“, „Beat The Bastards“, „Fuck The USA“, „Cop Cars“ … ein Hit reiht sich heute an den nächsten. Dass das die gleichen Songs sind, die auch schon vor zehn oder 15 Jahren auf der Setlist standen? Egal!

Für das ebenfalls obligatorische „Sex & Violence“ werden dann wie immer einige Fans auf die Bühne gelassen, die dort weiter moshen und nebenbei Wattis Job am Mikrophon übernehmen, während dieser sich das Spektakel vom Bühnenrand aus ansieht. Und zum Abschluss gibt es mit „Punks Not Dead“ und „Was it Me“ noch zwei Nummern obendrauf, ehe die Show nach beachtlichen 80 Minuten so abrupt vorbei ist, wie sie angefangen hat.

  1. Let’s Start A War (Said Maggie One Day)
  2. Fightback
  3. Dogs Of War
  4. The Massacre
  5. UK 82
  6. Chaos Is My Life
  7. Dead Cities
  8. Alternative
  9. Why Are You Doing This To Me
  10. Rival Leaders
  11. Troops Of Tomorrow (The-Vibrators-Cover)
  12. Noize Annoys
  13. Never Sell Out
  14. I Believe In Anarchy
  15. Holiday In The Sun
  16. Beat The Bastards
  17. Cop Cars
  18. Porno Slut
  19. Fuck The System
  20. Army Life
  21. Disorder
  22. Fuck The USA
  23. Sex & Violence
  24. Punks Not Dead
  25. Was It Me

Die 40 Jahre Punkrock-Lifestyle mit THE EXPLOITED auf dem Buckel merkt man Wattie heute weniger an als so manchem Fan im fast durchweg ergrauten Publikum: Dass die Schotten seit nunmehr 16 Jahren kein Album mehr veröffentlicht haben, hat ihnen augenscheinlich ein Nachwuchsproblem bereitet. So treu und fit wie sich mitgealterte Fangemeinde heute präsentiert, sollte das für THE EXPLOITED bis zum Karriereende aber kein Problem mehr darstellen. Auf dem Niveau, auf dem sich THE EXPLOITED heute präsentiert haben, darf das aber gerne noch mindestens zehn Jahre auf sich warten lassen – schließlich will noch der 50er gefeiert werden!

Zunächst stehen aber noch folgende Shows der aktuellen Tour an:

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