Review Heino – Mit freundlichen Grüßen

  • Label: Starwatch
  • Veröffentlicht: 2013
  • Spielart: Entmetallisiert, Schlager

Wer erinnert sich an „Meister der Musik“ von den Comedy Metallern J.B.O.? Auf diesem Album mischten die Franken illustre fiktive Kombinationen: So sang Udo Lindenberg Mariah Carey und Sodom interpretierten Clowns & Helden. HEINO, der einen Rammstein-Song covert? Es wäre damals ebenfalls für einen Lacher gut gewesen. Doch im Gegensatz zur bloßen Fiktion aus dem Jahr 1998 macht der Schlagerstar fünfzehn Jahre später ernst. „Mit freundlichen Grüßen“ wehrt sich Heino gegen die jahrelangen Schmähungen – und scheitert nicht an der Idee an sich, sondern an deren Hintergrund.

Wozu eine Bild-Schlagzeile gut sein kann: In großen Buchstaben titelte das Axel-Springer-Medium von einem Rockerkrieg – ausgerechnet angezettelt vom Blondschopf mit der schwarzen Sonnenbrille, der sich schon vor rund 30 Jahren von Otto Waalkes in dessen Filmen durch den Kakao ziehen lassen musste. Doch vom Rockerkrieg kann keine Rede sein. HEINOs Botschaft auf „Mit freundlichen Grüßen“ ist eine einfache: Sind wir nicht alle ein bisschen Schlager? Und so klingt „Junge“ von Die Ärzte wie „Augen auf“ von Oomph! und „Leuchtturm“ von Nena. Ist das per se schlecht? Nein. Der Volksmusiker spielt jeden einzelnen Song exakt so wie das Original, um jeglichen Copyright-Problemen direkt aus dem Weg zu gehen. Entsprechend profitiert er größtenteils vom Bekanntheitsgrad und der Qualität der Vorlagen. Lediglich bei „Vogel der Nacht“ von Stephan Remmler und „Kling Klang“ von Keimzeit werden einige Hörer kurz stutzen. Die übrigen Songs dürften auch zu Nicht-Charthörern durchgedrungen sein.

Und Heino? Der schafft es mit seiner 20. Veröffentlichung nicht nur erstmals auf den Thron der deutschen Albencharts, sondern wird plötzlich auch von Metalwebzines wie diesem wahrgenommen. Dabei ist es viel Lärm um nichts. Ein „Haus am See“ von Peter Fox ähnelt – aus den oben genannten Gründen – dem Original so sehr, dass man die Unterschiede mit einer Lupe suchen muss. Deutlich mehr auf den Punkt kommen die Versionen von „Junge“, „Augen auf“ und „MFG“. Hier setzt Heino sein gerolltes R und Schlagerorgan gezielt ein, um den Songs einen etwas anderen Anstrich zu verpassen – der allerdings weniger einer Hommage als vielmehr einer Gleichschaltung unterschiedlicher Genres ähnelt. Musikalisch hochwertig ist dabei sicherlich anders, doch die gewollte Gleichförmigkeit kommt zum Ausdruck. So würde sich auf einem HEINO-Konzert ein „Sonne“ von Rammstein nahtlos an ein „Blau blüht der Enzian“ oder „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ reihen.

Während Bands wie Faun oder Unheilig sich bewusst dem gleichförmigen Mainstreamklang zuwenden, übernimmt HEINO dieses Unterfangen für insgesamt zwölf Künstler von Nena über Clueso bis zu den Sportfreunden Stiller. Den meisten dürfte dieser selbsternannte Rachefeldzug herzlich egal sein, sind sie und ihre Karriere unabhängig von solchen Schlagercovern. HEINO selbst tat sich auf „Mit freundlichen Grüßen“ einen riesigen Gefallen, dringt seine Musik doch erstmals nicht nur zu Lieschen Müller am Bügelbrett durch. Doch einen echten Imagewechsel vollzieht der Schlagerbarde nicht: Stattdessen handelt es sich um einen professionellen PR-Coup, der fernab der Musik aus HEINO keinen zweiten Mambo Kurt in Wacken machen dürfte.

So stellte der blonde Engel bereits klar, dass er auf künftigen Touren kaum etwas von seinem neuen Material präsentieren wird. Und auch wer einen genaueren Blick auf das Albumcover nebst Lederjacke und Totenkopfring wirft, wird relativ schnell bemerken, wie plakativ die „Ich zeig’s euch allen“-Kampagne aufgezogen ist. So trieft „Mit freundlichen Grüßen“ nicht nur musikalisch vor Parodie und Häme – um nicht gar Verachtung zu sagen. Und verfehlt dadurch am Ende deutlich ein noch viel größeres Ziel: einen Bogen zu spannen zwischen der damaligen und heutigen Generation, wo gleichermaßen jegliche Form von Musik auf ein einfaches Grundgerüst reduziert werden kann. So wie es einst Johnny Cash mit dem Nine-Inch-Nails-Cover „Hurt“ und anderen Liedern tat. Mit einem Augenzwinkern und nicht aus kalkulierter Profitgier auf Kosten anderer. Eine Wertung entfällt an dieser Stelle, ist es hier doch weniger die Musik als vielmehr die Vermarktung, welche bei „Mit freundlichen Grüßen“ im Vordergrund steht.

Keine Wertung

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert