Konzertbericht: The Spirit w/ Maahes

19.09.2020 München, Backstage (Werk)

Ganz Deutschland ist von Corona lahmgelegt. Ganz Deutschland? Nein! Ein von unverdrossenen Bookern geleiteter Club in München hört nicht auf, der Pandemie Widerstand zu leisten. Um das Leben für die Fans von Live-Musik in diesem Krisenjahr zumindest etwas unbeschwerter zu machen, aber natürlich auch – da muss man sich nichts vormachen – um sich selbst irgendwie über Wasser zu halten.

Mit bewundernswertem Ehrgeiz organisiert das Team des Backstage München derzeit „Abstandskonzerte“ – indoor wie outdoor abgehaltene Konzerte mit Bestuhlung, Maskenpflicht abseits der Sitzplätze und geringen Ticketkontingenten (hier gibt es eine Übersicht der nächsten Shows). So ist das Backstage Werk auch am heutigen Samstagabend in Sitzgruppen bestuhlt – Biertischgarnituren, Fünfer-Bänke und Zweier-Stuhlgruppen bieten für 200 Personen alle Möglichkeiten, sich mit nötigem Abstand in der Halle zu verteilen und ausschließlich mit ihnen bekannten Personen zu gruppieren. Dass das Publikum einmal mehr ausnahmslos Rücksicht zeigt, Abstand hält und, wann immer nicht am Platz, Masken (richtig) trägt, zeigt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Daran sollten sich andere Veranstalter ein Vorbild nehmen, um – wenn Shows internationaler Acts schon kaum mehr möglich sind – zumindest den regionalen Underground zu unterstützen.

Auch heute bekommen zwei aufstrebende Bands aus dem Deutschen Underground eine Chance, sich immerhin 200 Konzertbesuchern zu präsentieren. Um 21:30 Uhr sind das erst einmal MAAHES: Mit Anch-Kreuzen und Kerzen als Bühnendeko nehmen die Niederbayern die Hörer konzeptionell mit in Cleopatras Reich der singenden Löwen, um bei Asterix zu bleiben. Zwar wirken die Bühnenoutfits aus Zipfelmützen-Kapuzen und Mullbinden-Mumienlook noch nicht zu 100 Prozent stimmig – viel mehr lässt sich am Auftreten der erst 2015 gegründeten MAAHES jedoch nicht kritisieren: Spielerisch top und im Stageacting absolut souverän, gelingt es den Niederbayern schnell, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Kein Wunder, ist ihr melodischer Black Metal mit merklichen Dimmu-Borgir-Anleihen doch so gefällig wie gut gemacht. Das gilt schon für die Songs ihrer ersten EP „Ancient Force“, mehr noch aber für das Material des Debütalbums „Reincarnation“, dessen Release heute gefeiert wird. Dass MAAHES beim Publikum so gut ankommen, freut deswegen gleich doppelt – haben doch Band wie Album die Aufmerksamkeit verdient. Dass der perfekte Sound und die vergleichsweise abwechslungsreiche Lightshow ihren Teil zum Erfolg beitragen, wird erst 30 Minuten nach Showende so richtig klar.

  1. Sacrifice (Intro)
  2. Reincarnation
  3. Irreversible
  4. Perfection
  5. Invincible
  6. Chaos
  7. Ares
  8. Medusa
  9. Prometheus
  10. Decisive Strike
  11. Idolization
  12. Final Chapter Of Apocalypse
  13. Master Of The Black Arts

Denn weder das eine, noch das andere lässt sich auf die folgenden THE SPIRIT übertragen: Optisch fast durchgehend in rotem Licht ertränkt, wird die Freude an der Show des Quartetts soundtechnisch vom viel zu laut abgemischten Bass getrübt. Die Melodik der Gitarren geht darin weitestgehend unter – was bleibt, ist Uptempo-Black-Metal, der an die härteren Passagen älterer Dissection erinnert. Durch einen (schnell wieder aufgelösten) Vertrag mit Nuclear Blast Records hatten die Saarländer Gelegenheit, sich auf ausgedehnten Touren und großen Bühnen viel Live-Routine zu erarbeiten. So präsentieren sich auch THE SPIRIT als abgebrühte Liveband, obwohl auch das Quartett gerade einmal fünf Jahre existiert: Synchrones Headbangen, aufeinander abgestimmtes Stellungsspiel und natürlich eine astreine Performance lassen erahnen, wozu die Truppe bei gutem Sound und mit stimmungsvoller Lightshow in der Lage wäre. Beim heutigen, unausgewogenen Sound verliert der Auftritt über die gebotenen 60 Minuten Spielzeit jedoch etwas an Spannung. Hier profitieren THE SPIRIT vom in Sachen Live-Shows ausgehungerten Publikum, das trotz der alles andere als perfekten Show dankbar Applaus spendet.

  1. Strive For Salvation
  2. Serpent As Time Reveals
  3. Cross the Bridge To Eternity
  4. Pillars Of Doom
  5. Repugnant Human Scum
  6. Illuminate The Night Sky
  7. The Path Of Solitude
  8. The Wide Emptiness
  9. Cosmic Terror
  10. The Clouds Of Damnation

Wenn trotz Corona Konzerte stattfinden können, sind grundsätzlich einmal alle Beteiligten „Gewinner“: Die Veranstalter, die Bands wie die Fans, denen zumindest für einige Stunden (wenn auch unter ungewohnten Bedingungen) Live-Musik und damit Normalität vergönnt ist. Müsste man dennoch einen Gewinner des Abends auserkiesen, so sind das fraglos MAAHES, die unter günstigeren Bedingungen die packendere Show abliefern und so zu keiner Zeit den Eindruck einer Supportband vermitteln. Damit ist der Abend nicht nur ein Beweis für die Qualitäten dieser Newcomer-Band, sondern auch dafür, dass man auch in Pandemie-Zeiten verantwortungsvoll Konzerte veranstalten kann – und dass Underground-Bands keinesfalls Bands der zweiten Wahl sind.

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