Review 1349 – Liberation

  • Label: Candlelight
  • Veröffentlicht: 2003
  • Spielart: Black Metal

Im Jahre 1349 wütete in Norwegen die Pest – heute wüten dort unter diesem Namen die Black Metaller 1349, die vor allem durch Schlagzeug-Legende Frost (Satyricon) um Aufmerksamkeit heischen. Während Satyricon jedoch, was den Sound angeht, dem truen Black-Metal-Geschraddel längst abgeschworen haben, kann man das von 1349 beim besten Willen nicht behaupten.

So beginnt „Manifest“ mit einem Intro, das ebensogut im Studio wie auf einer Großbaustelle aufgenommen worden sein könnte, bevor Frost in bester Black-Metal-Manier loslegt. Schon der Drum-Sound klingt erschreckend dünn – doch bevor man überhaupt Gelegenheit hatte, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, drängt sich die nächste Frage auf: Was hat mein Rasierapparat in dem Song zu suchen? Die Hoffnung, es handle sich dabei nicht um die Gitarren, stirbt einen schnellen Tod.

Hat man sich damit abgefunden und ist somit bereit, sich auf die Musik einzulassen, stellt man fest, dass diese durchaus ihre Qualitäten hat. Geboten wird rasender Black Metal, wie man sich rasenden Black Metal eben vorstellt. Wütend und ähem, rasend. Ohne große Verschnaufpausen für den Hörer zuzulassen, peitscht Frost die Gitarristen in aberwitzigem Tempo voran. Auch Sänger Ravn kann punkten, da seine Vocals zwar aggressiv sind, jedoch nicht bloß aus unartikuliertem Gekreische bestehen – mit geschultem Ohr kann man sogar recht gut versteht, was gesungen wird. Titel wie „I Breathe Spears“ legen allerdings nahe, dass dies ein eher verzichtbares Feature des Albums sein dürfte.
Als einzige Ausnahme in der 38-minütigen Prügelorgie kann man mit viel gutem Willen die ersten 45 Sekunden von „Satanic Propaganda“ vermerken: Hier sorgt eine Cleangitarren-Melodie (zumindest im Vergleich zum restlichen Material) fast für so etwas wie Melodik. Damit ist das Thema „Sanfte Klänge“ allerdings auch durch – der Rest des Albums besteht (wie schon die erste Hälfte) aus gnadenloser Prügelei: Ein Riff jagt den Nächsten, auf Feinheiten wie Übergänge oder nachvollziehbare Songstrukturen hingegen verzichten 1349 zumeist. Die ungeschliffene Rohheit auf spielerisch vergleichsweise hohem Level macht hier den Reiz aus und verleiht dem Album einen gewissen Charme – Feingeister hingegen dürfte „Liberation“ ebenso wenig ansprechen wie Endstilles „Frühlingserwachen“.

Das Album-Debüt der Norweger 1349 ist aus mehreren Gründen nur für absolute Genre-Liebhaber zu empfehlen. Allen anderen Aspekten voran sei hier der Sound zu nennen: Selbst Darkthrone oder alte Satyricon klingen im Vergleich nicht viel roher – doch vielleicht ist im Jahr 2003 ja gerade das die Kunst. Doch auch das ungeschliffene, wilde Songmaterial dürfte die Geister scheiden: Denn vermag der hier aufgrund fehlender Strukturen und kompositorischer Willkür bloße unstrukturiertes Riff-Chaos auszumachen, liegt für andere in eben dieser ungebändigten Rohheit der Reiz. Beide Standpunkte sind vertretbar – um dauerhaft in der Szene Fuß zu fassen, müssen sich die Norweger allerdings definitiv steigern.

Wertung: 6 / 10

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