Review Accept – Blind Rage

  • Label: Nuclear Blast
  • Veröffentlicht: 2014
  • Spielart: Heavy Metal

Was war der Aufschrei vor einigen Jahren groß, als sich die Solinger Stahlschmiede ACCEPT ohne ihren langjährigen Sänger Udo Dirkschneider wiedervereinigte. „Die brauchen doch nur wieder Geld!“, „Ohne Udo gibt es kein ACCEPT!“, „Jetzt gibt es bestimmt ein zweites ‚Eat The Heat’!“ Die Reaktionen auf das bevorstehende Comeback mit dem Amerikaner Mark Tornillo am Mikro fielen in vielen Szene-Foren durchweg negativ aus. Ironischerweise war das allgemeine Staunen dann ebenso groß, als man der gefürchteten „Blood Of The Nations“ (2010) den ersten Hörtest unterzog, denn mit so einem bärenstarken Comeback hatten die wenigsten gerechnet! Die Truppe rund um Gitarrist und kreativen Impuls Wolf Hoffmann zeigte sich spielfreudig, hungrig und verstand es hierbei, ihrem Sound einen modernen, zeitgemäßen Anstrich zu verpassen, ohne ihre Wurzeln zu vernachlässigen. Mark ließ in seiner Rolle als neuer Frontmann sämtliche Kritiker verstummen und seinen Vorgänger fast schon vergessen machen.

Nachdem der Nachfolger „Stalingrad“ (2012) in dieselbe Kerbe schlug und wenige bis gar keine Leistungsabfälle zu verzeichnen hatte, sich sogar noch etwas abwechslungsreicher präsentierte, schicken die Männer nun im braven Zweijahresrhythmus „Blind Rage“ hinterher. Und wie auch nicht anders erwartet, stellt auch das insgesamt 14. Studioalbum einen amtlichen Knaller dar, kann aber wiederum mit interessanten Neuerungen aufwarten.

Konkret legen ACCEPT mit „Blind Rage“ ein deutlich melodischeres Album als zuletzt vor, welches vermehrt auf hymnische Refrains und harmonischeres Gitarrenspiel setzt. So erscheinen Titel, Artwork und erste Singleauskopplung („Stampede“) eher irreführend – hätte man angesichts dessen doch einen Anstieg des Härtegrades erwartet. Stattdessen frönen ACCEPT 2014 lieber dem Midtempo und servieren eingängige Hymnen à la „Dark Side Of My Heart“, „Fall Of The Empire“, „From The Ashes We Rise“ oder das rockigere „Wanna Be Free“, alles Tracks, die auch auf den 80er-Platten einen berechtigten Platz gefunden hätten. Mit „Dying Breed“ hauen uns die Solinger gar einen zukünftigen Live-Klassiker um die Ohren. Neben den hymnischen Stampfern gibt es noch die Comeback-typischen ACCEPT-Songs der Marke „Stampede“, „Final Journey“, bei dem Wolf Hoffmann im Mittelteil erneut seine Vorliebe für klassische Stücke ausleben darf (Edvard Grieg – „Morning Mood“) sowie „Bloodbath Mastermind“, die durch ein moderneres Riffing punkten und ebenso auf den beiden Vorgängern hätten stehen können.

Sänger Mark liefert auf diesem Album die wohl bisher beste, da variabelste Gesangsleistung ab und ist mit dieser Performance aus der Band nicht mehr wegzudenken. Das Gitarrenduo um Wolf Hoffmann (den man seit „Metal Heart“ nicht mehr so kreativ und verspielt gehört hat) und Herman Frank wirkte selten so perfekt aufeinander abgestimmt. Selbst Produzent Andy Sneap weicht von seiner sonst so typischen „Baller-Produktion“ ab und setzt stattdessen auf mehr Dynamik und Ausgewogenheit im Zusammenspiel der einzelnen Instrumente.

Mit „Blind Rage“ schaffen es ACCEPT scheinbar mühelos, ihr seit 2010 ohnehin hohes Qualitätslevel nochmals anzuheben und an die erfolgreiche Zeit der 80er anzuknüpfen. Der Vorgänger „Stalingrad“ wird somit spielend leicht übertrumpft und selbst „Blood Of The Nations“ erscheint nicht mehr unantastbar. Mit dieser Leistung können die Jungs gerne noch einige Jahre weitermachen. Chapeau!

Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von Sebastian Ostendarp

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