Review Deep Purple – Made in Japan (Re-Release)

  • Label: Universal
  • Veröffentlicht: 2014
  • Spielart: Hard Rock

Die großen Hard-Rock-Bands der frühen 70er nahmen wegweisende Alben auf, deren Einfluss auf ihr Genre bis heute kaum zu überschätzen ist. Doch mehr noch als geniale Studiokünstler waren DEEP PURPLE, Led Zeppelin oder AC/DC Meister der Live-Inszenierung. Mit „Made in Japan“ wird nun eine Konzertaufnahme von 1972 als Re-Release auf den Markt geworfen, die schon bei ihrer Erstveröffentlichung für Furore sorgte. Zu Recht, denn näher kommt man der Magie, die die Gruppe um Sänger Ian Gillan zu entfalten wusste, heute nicht mehr.

„Made in Japan“ glänzt dabei nicht zuletzt durch seinen per Remaster aufpolierten Sound: Alle Instrumente sind klar und druckvoll hörbar und auch der Gesang passt sich exzellent in den Gesamtsound ein – für Livedokumente dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit. Die starken technischen Rahmenbedingungen machen auch noch einmal deutlich, warum ein gutes Live-Album ein Studio-Album der 70er jedenfalls aus heutiger Sicht leicht überflügeln kann: 2014 klingt kaum eine 40 Jahre alte Studio-Aufnahme noch wirklich kraftvoll und differenziert. Zudem geht den Bands im Studio häufig die rohe Ungeschliffenheit ab, die für den energetischen Vibe des Hard Rock unverzichtbar ist; nicht zuletzt wurden Songs nach ihrer Veröffentlichung auf der Bühne durch Jams erweitert und auch in ihrer Struktur noch weiterentwickelt.
„Made in Japan“ klingt also ziemlich gut, aber, was noch wichtiger ist, DEEP PURPLE lieferten in Tokyo und Osaka auch denkwürdige Shows. Der Zeitpunkt für einen Konzertmitschnitt war günstig, die Briten befanden sich mit der Veröffentlichung von „Machine Head“ auf dem Höhepunkt ihrer kreativen Schaffenskraft und hatten mit Songs wie „Smoke On The Water“, „Highway Star“, „Lazy“ und „Space Truckin’“ den Großteil ihrer Referenznummern auf einmal veröffentlicht. Diese tauchten dementsprechend auch alle im Set auf, ergänzt wurden sie durch „Strange Kind of Woman“, ein durch ein ausgedehntes Schlagzeugsolo erweitertes „The Mule“ und das unverwüstliche „Child In Time“. Dieses präsentiert den Unterschied zwischen DEEP PURPLE damals und heute sehr deutlich: Die treibende, tighte Rhythmus-Fraktion aus Roger Glover und Ian Paice mag sich gehalten haben, doch an die entfesselten Hammond- bzw. Gitarrensoli von Jon Lord und Ritchie Blackmore reicht man schon seit einigen Jahren nicht mehr heran. Von Ian Gillan ganz zu schweigen, der hier noch vollkommen treffsicher in kaum noch vorstellbare Tonhöhen vordringt. Das Gesamtprodukt „Child In Time“ steht auch exemplarisch dafür, was das Faszinosum DEEP PURPLE damals ausmachte: Die Kombination aus entrückten, entspannten Psychedelic-Sequenzen und energetischem Blues Rock, der sich in wuchtigen Hard-Rock-Ausbrüchen entlud – DEEP PURPLE konnten vollkommen selbstverständlich gleichzeitig verträumte Poeten und Bad-Ass-Rocker sein. Im Live-Kontext waren die Musiker zudem in der Lage, ihre Qualitäten ungehindert zu entfalten und auch ihren Improvisationskünsten freien Lauf zu lassen.

Obwohl „Made in Japan“ mit einer Spielzeit von knapp 80 Minuten ohnehin keine Wünsche bezüglich der Konzertdauer offenlässt, wurde dem Re-Release eine Bonus-CD beigegeben, die insofern überrascht, als es hier neben „Lucille“ gleich drei verschiedene Versionen von „Black Night“ und immerhin zwei von „Speed King“ zu hören gibt. Zwar kann man hier gut vergleichen, wie sich die Performances von Abend zu Abend unterschieden und bekommt einen Einblick, wie die jeweilige Tagesstimmung Einfluss auf eine Komposition nehmen konnte, so markant, dass man nicht möglicherweise die ein oder andere abweichende Nummer lieber gehört hätte, fallen die Unterschiede dann aber doch nicht aus. Nichtsdestotrotz: Drei weitere hochklassige Songs gibt es auch hier.

„Made in Japan“ genießt seinen Ruf als bestes DEEP-PURPLE-Album nicht zu Unrecht, wird hier doch alles, was die Band ausmachte und zum Teil immer noch ausmacht, in kondensierter Form dargeboten. Mitreißende Live-Stimmung, eine naturgemäß gelungene Songauswahl und fünf Musiker in Bestform. Wer wissen will, wie Hard Rock vor 40 Jahren zu klingen hatte, kommt an „Made in Japan“ nicht vorbei.

Neben der hier besprochenen 2-CD-Version erscheint das Album auch als Limited-Edition-Boxset mit u.a. 4 CDs, einer DVD und einem 60seitigen Hardcover-Buch, sowie als Vinyl Boxset mit 9 LPs und ebenfalls dem 60seitigen Hardcover-Buch.

Keine Wertung

Publiziert am von Marius Mutz

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