Review Empyrium – A Wintersunset

Jugendlich, naiv, stürmisch sind nur drei Adjektive, mit denen sich EMPYRIUMs Debütalbum „A Wintersunset“ treffend beschreiben lässt. Man stelle sich zwei junge Männer vor, die den unwiderstehlichen Drang verspürten, ihre Gefühle musikalisch darzubieten. Markus Stock – heute wohl bekannter als Ulf Theodor Schwadorf (u.a. The Vision Bleak) – und Andreas Bach griffen zu Instrument und Mikro und legten scheinbar einfach mal los. Diesen Eindruck vermittelt, im Gegensatz zu späteren Veröffentlichungen der Band, jedenfalls der Klang der sieben Stücke, die sich recht unregelmäßig auf 45 Minuten verteilen. Dass zunächst der Wunsch im Mittelpunkt stand, Black Metal zu kreieren, merkt man „A Wintersunset“ dagegen nur bedingt an, selten sind die Ausbrüche, aber damit umso wirkungsvoller eingesetzt.

Und damit wären wir eigentlich auch schon beim Thema. Wer tatsächlich nur die neuen und „kommerziell“, falls das Wort in diesem Zusammenhang erlaubt ist, erfolgreicheren Alben „Where At Night Those Wood Grouse Plays“ und „Weiland“ kennt, wird sicher zunächst einmal an eine Verwechslung denken, doch schon bald erkennt man die melancholischen Strukturen, die typisch für das Klangbild der Franken ist. Wenn man hingegen mit „A Wintersunset“ aufgewachsen ist, ist sowieso alles klar. Die Liebe zur Natur wird mit etwas simplen Gitarren- (und Bassläufen sowieso), reichlich Keyboards und abwechselnd meist tiefer, klarer, stellenweise aber auch keifender Stimme vertont. Doch auch damals schon bauten EMPYRIUM stellenweise akustische Gitarren ein, dazu kam als sparsam eingesetztes, aber durchaus ernstzunehmendes Trademark das Flötenspiel von Markus` späterer Frau Nadine.

Der Titel des Intros Moonromanticism ist sicher nicht von ungefähr gewählt, was man, um es vorweg zu nehmen, von allen Titeln und Texten sagen kann. Rein lyrisch betrachtet bedient man natürlich nur einen kleinen Teil der Hörerschaft, aber es ist keinesfalls so einseitig und „schlimm“, dass man sich als nur halbwegs aufgeschlossener Hörer der Musik verschließen könnte. Jedenfalls funktioniert eben dieses Intro ganz hervorragend, rasch nimmt man die Stimmung der Musik an, rasch ist man bereit, sich auf die Musik einzulassen, rasch erkennt man, dass hier ehrliche Arbeit verrichtet wurde. Was unter dem Strich herauskommt, ist hingegen nicht ganz so klar; die Anleihen beim Black Metal sind bereits genannt, die prinzipiell düster-verträumte Stimmung lässt an Gothic Metal denken, nicht nur aufgrund der textlichen Ausrichtung muss man aber definitiv auch den Folk mit ins Boot nehmen. Besonders offensichtlich werden diese Beschreibungen beim Herzstück des Albums, The Franconian Woods In Winter`s Silence, welches konsequenterweise bei der späteren Best-Of A Retrospective als Vertreter des Debüts ausgewählt und mit neuem Soundgewand präsentiert wurde. Ein sanftes Intro aus Keyboard und Akustikgitarre lässt eine verschneite Landschaft im Abendrot entstehen, die Härte, die der Winter aber auch zeigt, wird schön durch mehrere Ausbrüche im Mittelteil des Songs zum Leben erweckt, bis zum Ende des Liedes wieder zarte Klänge das Ende der Nacht, der kalten Zeit einläuten.

Neben der deutlichen Ausrichtung der Texte auf das Naturmystische fällt vor allem die Verwendung von eher altenglischen Ausdrücken auf, im Rückblick doch eher eigenartig, wenn man bedenkt, wie heimatverbunden Stock und Co daherkommen. Weiland wurde später dann auch nur auf Deutsch getextet. Zumindest ist die Wortauswahl als recht gelungen zu betrachten, denn genau so tiefgründig wie die Musik, so wohlklingend sind die Texte.

Bevor jetzt aber jeder losstürmt und sich doch noch das ambitionierte Debüt einer außergewöhnlichen Band kauft und damit wohl die Produktion des Prophecy-Presswerks lahm legt, sollte ein Lauschangriff auf das frühe Tun von Markus Stock nicht ausbleiben, bei aller Liebe zu diesem absolut authentischen Album kommt man nicht umhin, daraufhin zu weisen, dass die gesamte Angelegenheit vor allem im Vergleich mit der Spätphase doch noch arg in den Kinderschuhen steckte. Sturm und Drang ja, aber um es mit dem Dichterfürsten Goethe – der nicht umsonst im Booklet zitiert wird – aufnehmen zu können, braucht es schon etwas mehr.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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