Review Ensiferum – Unsung Heroes

Tjaha, da mag man sich in Anbetracht des Albumtitels doch etwas wundern: Haben ENSIFERUM in ihrer mittlerweile mehr als fünfzehn Jahre andauernden Karriere nicht schon jeden Helden mindestens zweimal besungen? Scheinbar nicht, denn auch 2012 zieht man wieder los, um die Geschichten von Schlachten, Schwertern und starken Männern unters Volk zu bringen.

Man mag der Einleitung vielleicht nicht die gesamte Kritik am Album entnehmen, aber einen Fingerzeig gibt sie schon ab. ENSIFERUM sind auch mit ihrem fünften Studioalbum noch ENSIFERUM, böse Zungen könnten behaupten, dass man sich seit „Ensiferum“ kein Stück weiter entwickelt hat. Etwas differenzierter kann man die Sache aber schon angehen, denn neben Verbesserungen im Bereich Sound und Songwriting hat sich auch der Stil der Finnen über die Jahre leicht gewandelt, auch wenn das nicht sofort auffällt, sondern im schleichenden Prozess etwas untergeht. Andererseits kann man auch die Bodenständigkeit loben, mit der die Band immer wieder das, was sie selbst am meisten mag, auf hohem Niveau zelebriert. Metallica mussten sich dafür kritisieren lassen, dass sich ihr musikalischer Geschmack mit der Zeit verändert hat, soll man ENSIFERUM nun das Gegenteil vorwerfen?
Dabei machen es Toivonen und Co dem Hörer auch nicht gerade leicht, wie üblich beginnt das Album mit einem kurzen, epischen Intro, dann kommt mit „In My Sword I Trust“ (im Gegensatz zu probaten Helden scheinen die guten Titel aber wohl schon auszugehen) ein melodischer Brocken, der jedem Freund der Band die Tränen in die Augen treibt. Pars pro toto, gewissermaßen, steht der Song für den Rest des Albums, denn nicht nur die gewohnten Melodien, zackigen Riffs, Gesänge zwischen soft und hart und eine große Atmosphäre beschallen den Hörer. Hier wird ebenso deutlich, dass man das Tempo insgesamt etwas herausgenommen hat. Ja, tatsächlich, man agiert nicht mehr nur beinahe ausschließlich im mittleren Midtempo, man spielt auch mal im unteren mittleren Midtempo. Das mag auf den ersten Blick nach Erbsenzählerei aussehen, wenn man das Album in seiner Gesamtheit genossen hat, fällt dies aber schon mehr auf und irgendwie auch mehr ins Gewicht. Nicht, dass diese Ausrichtung per se schlecht wäre, die Songs gefallen immer noch, aber von ENSIFERUM hört man eben auch gerne mal längere Blastbeatpassagen, da die Epik damit immer noch etwas mehr zum Tragen kommt. „Unsung Heroes“ ist mehr als jedes Album der Finnen voller Bombast und voller Dramatik, wozu auch die reichlich eingestreuten female Vocals ihren Teil zu beitragen. So ist das akustische „Celestial Bond“ gänzlich ohne männlichen Gesang, ein Umstand, der mit „Star Queen (Celestial Bond Part II)“ wohl korrigiert wird.
Sehr schön ist der Ausflug in die Gefilde der landsmännischen Waffenbrüder Moonsorrow, der Rausschmeißer „Passion Proof Power“ läuft erst nach fast siebzehn Minuten ins Ziel und fährt so ziemlich alles auf, was man von einer finnischen Viking-Metal-Band erwarten kann – sogar irgendwelche Ausschnitte aus einem deutschsprachigen Film oder etwas ähnlichem. Dabei erinnert aber nicht nur der Titel an Nightwish, hier kommen die weiblichen Gesänge den ungleich bekannteren Kollegen doch sehr nah. Stören tut das nicht, der Song ist aufgrund seiner Dichte, die er über die komplette Spielzeit hält, sicher noch mal ein Highlight zum Schluss.

Gut, ENSIFERUM unterscheiden sich nicht wirklich stark von dem, was die Band über die Jahre schon ausgezeichnet hat. Das ist natürlich nicht nötig, so lange man sich selber und den Hörer auch mit altem Wein in neuen Schläuchen bei Laune hält. Auf „Unsung Heroes“ klappt das (noch) ganz gut, ein wenig mehr Weiterentwicklung würde ich mir aber schon wünschen, die eine oder andere Länge ist schon drin in der guten Stunde, die die Scheibe läuft. Zugriff empfohlen ohne Garantie auf das allerhöchste Hörvergnügen.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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