Review Gamma Ray – Heading For The East (Anniversary Edition)

Die norddeutsche Power Metaller GAMMA RAY sind bekanntlich dabei, ihren back catalogue neu zu veröffentlichen. In dem Zuge kommen aber nicht nur die ersten Alben der Band wieder zum Zug, nein, es werden sogar vergessene Perlen ausgegraben – wie „Heading For The East“. Was dieser Tage als Doppel-Live-Album in die Läden kommt, ist nämlich in dieser Form noch nie erschienen. Beim ursprünglichen Release 1990 handelte es sich nämlich um eine VHS-Kassette, die das Konzert zudem durch Interviewschnippsel immer wieder unterbrach. Für diejenigen unter euch, die das hier auf einem Smartphone lesen: Auf VHS haben eure Eltern Filme geguckt, bevor es DVDs und Internetstreaming, ja: bevor es das Internet gab.

Obwohl „Heading For The East“ 2003 bereits als DVD wiederveröffentlicht wurde, ist die Veröffentlichung als Audio-CD damit einen Premiere und zeigt, wie ernst es GAMMA RAY mit diesem Wiederveröffentlichungs-Reigen meinen. Aufgenommen wurden die Tracks bei zwei Auftritten in Tokio 1990, als Reaktion auf den enormen Erfolg des Debütalbums „Heading For Tomorrow“ in Asien. Man ahnt es bereits: Ein Konzert nur mit dem Debütalbum zu füllen ist anspruchsvoll. GAMMA RAY haben dafür freilich den Backup-Plan „H“ wie „Helloween„. Und so gibt es neben den Hits des bandeigenen Debüts, wie „Heaven Can Wait“, „Space Eater“ oder dem genialen „The Silence“, im Mittelteil gleich drei Kürbissongs: „Save Us“, „I Want Out“ und „Ride The Sky“. Für letzteres schwingt sich sogar Kai Hansen ans Mikrofon. Dennoch ist es Ralf Scheepers, den man aus der ohnehin professionellen Truppe noch einmal hervorzuheben hat: Seine Gesangsleistung auf dem Album ist über alle Zweifel erhaben und ein schöner Beleg dafür, dass der Band mit ihm ein echter Glücksgriff gelungen war.

Bunt ist das Programm also, das GAMMA RAY auf die Japaner abfeuern. Was aber sagen wir anno 2015 zur musikalischen und vor allem akustischen Qualität von vor 25 Jahren? Machen wir es kurz: ein erstauntes „Ach so.“. Denn was der für die digitale Aufmotzung zuständige Eike Freese an den Mischreglern aus den alten Aufnahmen gemacht hat, verdient Respekt. „Heading For The East“ hat zwar nicht ganz den Druck moderner Live-Aufnahmen in den Tiefen, klingt aber in den Höhen klar und differenziert, sodass selbst die seltenen und minimalen Einsatzfehler der Band zu erkennen sind.

Man mag nun einwenden, dass es vom GAMMA RAY bereits vier Live-Alben gibt – brauchen wir da noch eines? Selten war die Antwort so einfach. Wenn es „Heading For The East“ ist, lautete die Antwort: unbedingt! Ein Live-Album mit Scheepers am Gesang, mit vielen Songs vom Debütalbum und einigen sonst selten gespielten Liedern erweitert die Live-Diskografie der Band so deutlich, dass jeder Fan einfach zuschlagen muss. Und auch für alle anderen ist „Heading For The East“ ein so wunderbares zeitmetallgeschichtliches Dokument, dass ich dringend zurate.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Marc Lengowski

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