Review Igorrr – Savage Sinusoid

Vorhang auf für eine neue Vorstellung im Kuriositätenkabinett: IGORRR ist zurück. Trotz seines Band-Sounds zeichnet auch auf dem vierten Album des Projekts noch immer allein Gautier Serre für die wahnwitzige Mischung aus Metal, Barockklängen und elektronischen Elementen verantwortlich. Bereits die drei vorangehenden Platten geizten nicht mit wahnwitzigen Einfällen und begeisterten mit ihrem wilden Stilmix Fans wie Kritiker gleichermaßen. Es verwundert daher nicht, dass die Verantwortlichen des Labels Metal Blade auf IGORRR aufmerksam wurde und das neue Album „Savage Sinusoid“ veröffentlichen. Konsequenterweise ist das vierte IGORRR-Album das bisher metallastigste Werk von Gautier Serre. Wer allerdings Kompromisse befürchtet, kann beruhigt aufatmen: „Savage Sinusoid“ ist immer noch meilenweit von einer konventionellen Metal-Scheibe entfernt. Dennoch lässt sich eine Handschrift klar erkennen, denn, auch wenn es unglaublich klingen mag: „Savage Sinusoid“ klingt wie aus einem Guss.

In bester „Fuck The System“-Manier eröffnet IGORRR sein Album mit wüstem Geschrei, das von einer düsteren und heftigen Riffwalze abgelöst wird. Über diese legt sich ein an Mike Patton erinnerndes, unbestimmtes, rhythmisches Gegacker, bevor sich elektronische Sounds im besten Dubstep- und Breakcore-Sinne in den Song mischen. „ieuD“ präsentiert die ansonsten auf „Savage Sinusoid“ in den Hintergrund gerückten Barockeinflüsse von IGORRR, zeichnet sich aber primär durch seine Black-Metal-Anleihen aus, die immer wieder von Operngesang unterbrochen werden. The Tiger Lillies trifft auf Black Metal trifft auf Breakcore, heißt es später in „Cheval“, ohne allerdings ebenfalls Ariengesang auszusparen, was auch für die Mischung aus klassischer Gitarre, Chorälen, Orgel und Hardcore-Geballer in „Spaghetti Forever“, für die elektronische Neoklassik in „Problème d‘Émotion“ oder dem Klavier-meets-Blastbeat-Abschluss „Au Revoir“ gilt.

Elektronische Elemente bestimmen große Teile von „Savage Sinusoid“ und verbinden sich in ihrer düsteren Stimmung auf fast allen Songs wie selbstverständlich mit brachialen Metal-Parts. Lediglich die vorletzte Nummer „Robert“ weiß damit nicht wirklich zu überzeugen: Als eine Art Zusammenfassung des Albums greift IGORRR hier zentrale Momente von „Savage Sinusoid“ auf und sampelt diese über einen Mix aus Breakcore- und Dubstep-Beat. Das Ergebnis klingt stärker nach einem Remix, als nach einer eigenständigen Nummer. Selbes gilt für die beiden vorangehenden Lieder “Apopathodiapulatophobie” und “Va Te Foutre”, die zwar alles andere als schlecht sind, insgesamt für IGORRR-Verhältnisse aber fast zu metallastig geraten.

Mit Ausnahme dieser drei nicht vollständig überzeugenden Stücke, begeistert IGORRR auf seinem vierten Album allerdings mit einer stattlichen Produktion und einer schier überwältigenden Soundpalette. Besonders „Houmous“ sticht in diesem tripgewordenen Album durch seine permanenten Hakenschläge noch einmal heraus. Hier werden in dreieinhalb Minuten Flamencotöne mit Balkanswing kombiniert, zwischendrin in Richtung französischer Straßenmusik abgebogen, um über Operngesang, manisches Geschrei, fast schon elektropunkige Drumbeats, Hühnergackern und Blastbeatgefeuer schließlich bei geslapptem Bass und 8-Bit-Sounds zu landen.

Fans von sogenanntem Avantgarde Metal werden „Savage Sinusoid“ lieben, sich in den unendlichen Genreverweisen suhlen und zwischen ungläubigem Kopfschütteln und wildem Headbangen vor der Anlage sitzen. Menschen, die ihre Lieder lieber geordnet haben, werden IGORRR hassen. Nur die Option, dass dieses Projekt kalt lässt, erscheint absolut unglaubwürdig.

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Wertung: 8.5 / 10

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