Review Katatonia – Dance Of December Souls

Wie sich Zeiten ändern, sieht man meistens erst viele Jahre später. Als KATATONIA 1993 ihr Debütalbum „Dance Of December Souls“ veröffentlichten, wurden sie über Nacht zu einer der originellsten und gefragtesten Bands in ganz Skandinavien. Die aus heutiger Sicht kaum spektakuläre Ausrichtung eines schleppenden, größtenteils rohen Dark Metals traf damals komplett den Nerv der Zeit.

Man merkte KATATONIA die Phase der Selbstfindung zu diesem Zeitpunkt noch deutlich an, das Zweitwerk „Brave Murder Day“ klingt in seiner Gesamtheit so völlig anders, dass man meinen könnte, es mit zwei unterschiedlichen Bands zu tun zu haben. Und so ganz genau wussten sie wohl auch nicht, wie sie es auf „Dance Of December Souls“ anstellen sollten. Sie haben viel hineingegeben, aber vieles scheint nicht so ganz zusammen zu passen. Die Stimmungen wechseln ein wenig zu häufig, die heute gewohnte Homogenität bleibt aus. Dies lässt sich natürlich mit dem Sturm-und-Drang-Feeling entschuldigen, welches man den Songs ganz deutlich anhört – und welchem wohl auch die albernen Pseudonyme geschuldet sind – und soll auch nicht als harte Kritik verstanden werden. Ohne ein solches Debüt hätte es Alben wie „The Great Cold Distance“ wohl nie gegeben.
Wie schon angedeutet, kommen die Lieder grundsätzlich in langsamem Tempo daher. Man legt viel Wert auf Atmosphäre, was sich vor allem bei den Vocals bemerkbar macht, die mit einer ordentlichen Portion Hall belegt sind, ein Stilmittel, welches heutzutage nur noch selten in dieser Ausprägung Verwendung findet. Aber auch die Instrumentalarbeit ist mit diesem Effekt belegt, was die eine oder andere Unzulänglichkeit im Bereich Technik und Songwriting kaschieren kann. Das Resultat sind Songs, die entsprechende Überlängen aufweisen. Neben zwei Kurzinstrumentals und dem Rausschmeißer „Dancing December“ (mit Einworttext und guten zwei Minuten Spielzeit) läuft kein Lied unter sechseinhalb Minuten ins Ziel, „Velvet Thorns (Of Drynwhyl)“ und „Tomb Of Insomnia“ verpassen die Viertelstunde sogar nur knapp. Epische Momente, die – so ehrlich muss man 2012 schon sein – die eine oder andere langweiligere Phase aufkommen lassen. Dennoch nimmt einen die Atmosphäre schon das eine oder andere Mal gefangen, es entwickelt sich ein kleiner Zwiespalt zwischen Erhabenheit und dem Gefühl, ein paar Minuten weniger hätten diesem oder jenem Song schon gut getan.

1993 wurde das düstere Debüt sicherlich berechtigterweise abgefeiert. Wer heute damit nicht mehr so viel anfangen kann, hat aber auch mein Verständnis. Ich denke, man kann „Dance Of December Souls“ hier und da ganz gut mal anhören, um KATATONIA in ihrer ganzen Pracht erleben zu können, sollte man aber auf die Alben seit etwa der Jahrtausendwende zurückgreifen.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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