Review Katatonia – Mnemosynean

Wenn eine Band 30 Jahre lang ohne nennenswerte Pause aktiv ist, führt das in der Regel nicht nur zu einer erklecklichen Anzahl an Studioalben. Vielmehr sammelt sich auch allerlei Material an, das eher nebenbei veröffentlicht wurde: B-Seiten, Bonustracks, EP-exklusives Material, Cover-Songs und oft auch noch Remixes. KATATONIA haben ihr 30-jähriges Jubiläum zum Anlass genommen, diesen Aufnahmen einen eigenen Release zu widmen: „Mnemosynean“.

Der kryptisch klingende Titel leitet sich von einer Gestalt der griechischen Mythologie ab: Mnemosyne, Göttin des Gedächtnisses und Mutter der Musen. Kein schlechter Titel für ein Werk, dessen Sinn es ist, Songs in Erinnerung zu rufen, die ansonsten vielleicht in der Versenkung verschwunden wären.

Den Anfang machen vier Tracks aus den „The Fall Of Hearts“-Sessions. Wer das Album kennt, weiß in etwa, was ihn hier erwartet: Zumindest die ersten beiden dieser Songs, „Vakaren“ und „Sistere“, zeichnen sich durch die ruhige Atmosphäre der Schaffensphase aus und eröffnen „Mnemosynean“ entsprechend gefühlvoll, ehe KATATONIA das Härte-Level mit „Wide Awake In Quietus“ etwas hochfahren. Allerdings nur temporär – denn schon „Night Comes Down“ fällt wieder so bedächtig und KATATONIA-typisch aus, dass man ganz vergessen könnte, dass man hier ein Cover der Metal-Legende Judas Priest hört.

Von hier an geht es tiefer in die Historie der Schweden: Bei „Second“ und „The Act Of Darkening“ handelt es sich um Bonusmaterial aus der „Dead End Kings“-Phase, „Ashen“ und „Sold Heart“ wurden bislang nur auf der „Special Tour Edition“ von „Night Is The New Day“ veröffentlicht und die Stücke „Displaced“, „Dissolving Bonds“, „Unfurl“ und „Code Against The Code“ entstammen den „The Great Cold Distance“-Sessions. Der Umstand, dass KATATONIA strikt chronologisch vorgehen, aber auch nicht weiter in der Vergangenheit wühlen als bis 2006, sorgt dafür, dass das Material stilistisch wie auch im Sound erfreulich gut zusammenpasst.

Weiter in die Vergangenheit geht die Reise dann auf der zweiten, entsprechend eher Death-Metal-lastigen CD: Mit „Wait Outside“, der es bisher nur auf die 10th-Anniversary-Edition von „Viva Emptiness“ geschafft hat, geht es gleich um eine ganze Ecke schroffer los, als der erste Tonträger endete. Und das natürlich nicht nur kompositorisch, sondern insbesondere auch im Sound der Zerrgitarren, was nur nochmal bestätigt, dass die Unterteilung auf die beiden CDs an exakt der richtigen Stelle vorgenommen wurde. Nach dem etwas indifferenten „Sulfur“ dominieren in „March 4“ (wie auch das Palace-Music-Cover „O How I Enjoy The Light“ und „Help Me Disappear“ von „Last Fair Deal Gone Down“) endgültig die harten Gitarren. Für Fans früher KATATONIA wird es jetzt erst interessant: Mit „Fractured“ und „No Devotion“ folgen zwei stiltypische Tracks aus „Tonight’s Decision“-Zeiten, das in der Tat sehr ruhige „Quiet World“ („Discouraged Ones“) und der schräge, experimentell-post-punkige Zehnminüter „Scarlet Heavens“, der bislang nur auf der 1996er Split mit Primordial zu hören war.

Damit ist die Zeitreise beendet. Ergänzt wird der zweite Tonträger um Remixes der KATATONIA-Albumtracks „In The White“, „Soil’s Song“ „My Twin“ („The Great Cold Distance“), „Day And Then The Shade“ und „Idle Blood“ (beide „Night Is The New Day“) sowie „Hypnone“ von „Dead End Kings“. Inwieweit man diese Versionen als hörenswert erachtet, hängt maßgeblich davon ab, wie man zum Konzept des Remixes steht – allein aus Komplettierungsgründen dürfen die Songs auf dieser Compilation aber natürlich nicht fehlen.

„Mnemosynean“ wirkt wie eine Greatest-Hits-Compilation – mit Songs, die vielen Fans noch mehr oder minder unbekannt sein dürften. Dass KATATONIA zwei ganze Tonträger mit hochwertigem Material füllen können, das es nicht auf die eigentlichen Veröffentlichungen geschafft hat, sagt viel über das Niveau aus, auf dem die Schweden seit nunmehr drei Jahrzehnten musizieren. Vor allem aber über „Mnemosynean“: Hier wurde nicht irgendwelches überflüssiges Bonusmaterial zu einem verzichtbaren Release zusammengeschmissen. Vielmehr setzen sich KATATONIA mit dieser Zusammenstellung eigentlich aussortierter Songs ein eindrucksvolles Denkmal. Respekt – und alles Gute zum Jubiläum!

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