Konzertbericht: Katatonia w/ Alcest, Junius

29.11.2012 München, Theaterfabrik


Eineinhalb Jahre ist es her, dass KATATONIA, damals in der Mission, ihr Album „Night Is The New Day“ zu promoten, zuletzt in München zu Gast waren. Nun steht mit „Dead End Kings“ der Nachfolger in den Läden und erneut lassen sich die Schweden nicht lange bitten: In Begleitung der derzeit allerorten hochgelobten Franzosen ALCEST sowie JUNIUS aus den USA geben sich die Herren um Bandleader Jonas Renkse in der Theaterfabrik die Ehre.
Bei einem derart stimmigen Lineup wundert es wenig, dass die Fans auch um Viertel nach acht noch Schlange stehen, um Karten an der Abendkasse zu erwerben.

Laut der offiziellen Homepage der Theaterfabrik sollte der Abend um 20.30 mit den Amerikanern JUNIUS eröffnet werden, weswegen auch wir uns ohne Hetze in die Schlange einreihen – als uns plötzlich bewusst wird, dass die Musik, die aus der Halle erklingt, kein Soundcheck ist. Als wir schließlich die Halle betreten, ist diese schon gut gefüllt und JUNIUS befinden sich ganz offensichtlich bereits mitten in ihrem Set. Ihre Songs, die sich musikalisch stetig in verschlepptem Tempo zwischen fetten Gitarren, sehnsüchtigem Gesang und epischen Flächen bewegen, werden von der Band mit viel Leidenschaft und Energie dargeboten. Als wir uns schließlich Richtung Mischpult nach vorne durchgearbeitet haben, wird klar, dass auch der Sound an diesem Abend druckvoll und gut aufeinander abgestimmt ist (was aufgrund der dubiosen Hallenkonzeption erst im vorderen Drittel deutlich wird).
Als die Band um kurz vor halb Neun bereits ihren letzten Song ankündigt, ist die Vermutung, dass die Homepage mit einer Fehlinformation geglänzt hat und JUNIUS ihr Set bereits um 20.00 Uhr begonnen haben, schmerzliche Gewissheit. Dies ist umso ärgerlicher, als hinsichtlich der tollen Show und des mitreißenden Sounds alles stimmiger erscheint, wenn man diesen Auftritt mit dem Konzert in München im April vergleicht. Auch wenn wir nur die letzten zehn Minuten verfolgen konnten, stimmen wir in den lauten Applaus, mit dem die Band wird schließlich verabschiedet wird, mit ein.
[Bernhard Landkammer]

Nach erfreulich kurzer Umbaupause stehen mit ALCEST die derzeitigen Helden im Post-Metal-Sektor auf der Bühne. Führt man sich vor Augen, dass die Touren zu ihrem drittem Album, „Les Voyages De L’âme“, die Band bis nach China geführt haben, kann man kaum glauben, dass ALCEST heute tatsächlich ihren ersten Auftritt in München bestreiten. Entsprechend groß ist hier das Interesse des Publikums, von dem ohne Zweifel ein nicht geringer Teil vor Allem für die Franzosen um Sänger und Songwriter Neige gekommen ist – die Reaktionen lassen dies zumindest erahnen. Denn so angenehm still sich alle während der gefühlvollen Stücke der Band verhalten, so laut brandet der Applaus in den Pausen zwischen den Stücken auf. Und das mit Recht: Sieht man vom mitunter leider recht krassen Übersteuern der Gitarren einmal ab, stimmt hier und heute einfach alles. Wie man es von Neige kennt, lässt dieser, ohne viele Worte zu verlieren, lieber die Musik sprechen. Doch was bei anderen Bands mitunter gerne mal lustlos oder arrogant wirkt, geht hier als Konzept voll auf: Nach der stimmungsvollen Eröffnung des Abends mit dem Opener des aktuellen Albums, „Autre Temps“, spielen sich ALCEST eine gute dreiviertel Stunde lang in Nebelschwaden und blaues Licht getaucht quer durch ihre drei Alben. Egal ob „Là Où Naissent Les Couleurs Nouvelles“, „Souvenirs D’un Autre Monde“ oder das finale „Summer’s Glory“ – ALCEST wissen heute von der ersten bis zur letzten Sekunde zu begeistern. Großes Kino, und eine echte Herausforderung an die folgenden Katatonia, diese Show an Stimmigkeit und Atmosphäre zu überbieten.
[Moritz Grütz]

Setlist ALCEST:
01.Autre Temps
02. Là Où Naissent Les Couleurs Nouvelles
03. Souvenirs D’un Autre Monde
04. Percées De Lumière
05. Summer’s Glory

Die Voraussetzungen sind dafür auf jeden Fall gegeben. Wie schon bei den beiden anderen Bands zuvor ist der Sound optimal und die Musiker sind vom dichten Nebel umhüllt. Begleitet von einer stimmigen Lichtshow eröffnet der erste Song des neuen, mittlerweile neunten Albums „Dead End Kings“ auch das Set des heutigen Abends: „The Parting“ ist in seinen ruhigen Parts atmosphärisch und in seinen härteren Abschnitten mit Riffs im Stile der zwei Vorgängerscheiben gespickt. Wie auch auf „Dead End Kings“ zeigt sich einmal mehr, was die Qualität KATATONIAS ausmacht: Eher tollen Hooklines von Sänger Jonas Renske nämlich denn die sterilen Doom Metal Riffs, die, wie ich finde, oft ziellos und unnötig in die Songs eingebaut sind. Ähnlich verhält es sich mit dem äußeren Erscheinungsbild der Musiker: Die Band hat ein metal-typisches Auftreten, was meiner Ansicht nach ihrer musikalischen Ausrichtung nicht mehr so ganz entspricht. Das stört ein kleines bisschen, ändert aber nichts an der musikalischen Klasse der Schweden.

Die Setlist ist natürlich stark von den letzten Werken geprägt. Wer auf Material aus der früheren Ära hofft, wird (mal wieder) enttäuscht: Mit „Deadhouse“ kommt zwar ein Song von „Discouraged Ones“, sonst liegt der Schwerpunkt aber auf der Zeit ab „The Great Cold Distance“ – sogar den Klassiker „Evidence“ lassen die Männer aus Stockholm heute außen vor.
Für Fans der neueren Schaffenperiode ist das Konzert jedoch ein Volltreffer: Keine andere Depressive-Rock-Band schafft es, die Melancholie ihrer Alben so authentisch auf die Bühne zu transportieren. Wenn es darum geht, bei einem Liveauftritt bedrückt, enttäuscht und traurig zu klingen, spielt Sänger Jonas Renske (zumindest in der Metal-Welt) in derselben Liga wie Alan von Primordial, Aaron Stainthorpe von My Dying Bride oder dem ehemaligen Iced-Earth-Sänger Matt Barlow. So entsteht eine extrem dichte Atmosphäre und die bemerkenswerte Spielzeit von über anderthalb Stunden vergeht wie im Flug. Das Publikum ist von der durchweg in ruhiges, blaues und rotes Licht getauchten Show äußerst angetan – man headbangt, singt mit und gibt mächtig Applaus für das erfahrene Quintett.


Die Band schafft es sowohl große Festivalbühnen (wie dieses Jahr auf dem Summerbreeze), als auch mittelgroße Hallen wie die Münchner Theaterfabrik für sich zu vereinnahmen. Dementsprechend zufrieden sind die Fans und gehen nach dem letzten Song der Zugabe, „Leaders“, mit einem Lächeln im Gesicht Richtung Ausgang. So ist er nun mal, der Metal-Fan: Je bedrückender die Emotionen auf der Bühne, desto glücklicher darf man danach sein.
[Michael H.]

Setlist KATATONIA:
01. The Parting
02. Buildings
03. Deliberation
04. My Twin
05. Burn The Remembrance
06. The Racing Heart
07. Lethean
08. Teargas
09. Strained
10. The Longest Year
11. Soil’s Song
12. Omerta
13. Sweet Nurse
14. Deadhouse
15. Ghost Of The Sun
16. July
17. Day And Then The Shade
18. Dead Letters
19. Forsaker
20. Leaders

Mit JUNIUS, ALCEST und KATATONIA an einem Abend kann man eigentlich nichts falsch machen – denn selbst, wenn eine der Bands einen schlechten Tag erwischt haben sollte, kann man sich sicher sein, dass die beiden verbleibenden Konzerte es wieder herausreißen und den Abend dennoch zu einem lohnenswerten machen. Hat man jedoch das Glück, alle drei Bands in guter Stimmung zu erleben, hat dieses Tourpackage gut und gerne das Potential, das „Konzert des Jahres“ auf die Bühne zu zaubern. Großartig, und ein perfektes Beispiel dafür wie gut Band-Zusammenstellungen aus einem sehr ähnlichen Genre funktionieren können.
[Moritz Grütz]

Konzertphotos von: Axel D. (darkshot-photography.de)

Publiziert am von Michael, und

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