Katatonia – Sky Void Of Stars
Januar 2023

Review Katatonia – Sky Void Of Stars

Die Zeiten, in denen Albumcover interessierte Stöberer im Plattenladen (oft ohne die Möglichkeit, reinzuhören!) zum Kauf bewegen sollten, sind lang vorbei. Wer kauft in der digital geprägten Welt schon noch nach dem bloßen Aussehen Musik? Und doch hat das Cover (zumindest im Metal) nach wie vor seine Rolle als Pforte zur Musik inne – manchmal sogar wortwörtlich, wie im Fall von KATATONIAS „Sky Void Of Stars“. Dass das Bild mitnichten zum Albumtitel passt, lässt sich geflissentlich ignorieren – veranschaulicht es doch dafür in nahezu perfekter Art die düstere Melancholie, aber auch die Detailverliebtheit in der Musik der Schweden.

Denn auch „Sky Void Of Stars“ ist nichts weniger als ein Kleinod des Progressive Dark Metal geworden: Schon allein die Komplexität gepaart mit beachtlicher Eingängigkeit des Openers „Austerity“ würde eigentlich rechtfertigen, statt des ganzen Albums für ein paar Tage nur diesen Song in Dauerschleife zu hören. Und wennschon man vermutlich selbst am dritten Tag noch Details entdecken könnte, wäre es zugleich schade um die anderen neun (in der limitierten Edition: zehn) Tracks: Nach „Colossal Shade“, in dem sich KATATONIA insgesamt etwas zurücknehmen, folgt mit „Opaline“ ein Hit, der einem in seiner allumfassenden Schönheit Tränen in die Augen treibt: In exakt fünf Minuten bringen Anders Nyström, Jonas Renkse und Konsorten auf den Punkt, wofür der Name KATATONIA heute steht. Kontinuierlich baut sich hier auf, was mit herrlichen Leadgitarren im Wechsel mit melancholischen Vocals zum schönsten Ohrwurm des Albums avanciert.

Damit ist „Opaline“ insofern etwas Besonderes, als KATATONIA die Schönheit ihrer Kompositionen ansonsten nicht oft so demonstrativ vor sich her tragen wie hier. So bleiben bis zum ebenfalls sehr griffigen „Atrium“ im ersten, zweiten oder auch dritten Durchgang gar nicht übermäßig viele Stellen direkt im Kopf. Und doch ließe sich jeder der anderen Songs nicht minder liebevoll beschreiben: Das Zusammenspiel aus proggigem Drumming, Gitarrensoli von unglaublicher Lässigkeit und Renkses ergreifendem Gesang, zusammengehalten durch geschickt eingewobene Keyboards und ausdrucksstarkes Riffing, findet man in dieser Perfektion nur selten.

Es gibt Bands, die ihre komplette Karriere lang einem großartigen Frühwerk hinterherlaufen. Es gibt Bands, die nach einer Findungsphase endlich große Alben veröffentlichen und dann wieder den Faden verlieren. Und es gibt Bands wie KATATONIA – die nach einem starken Frühwerk eine etwas uninspirierte mittlere Phase überwunden konnten und, mit neuem Personal, 30 Jahre nach Bandgründung auf dem absoluten Höhepunkt ihres Schaffens angekommen sind: eingeleitet von „The Fall Of Hearts“ und dem grandiosen „City Burials“, hinter dem sich nun auch „Sky Void Of Stars“ als drittes Album im Bunde nicht zu verstecken braucht. Im Gegenteil: War „The Fall Of Hearts“ einen Tick zu verkopft und „City Burials“ obszön catchy, bringen KATATONIA auf „Sky Void Of Stars“ beide Welten in Balance.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von

6 Kommentare zu “Katatonia – Sky Void Of Stars

  1. Ich schätze, das macht die Klasse dieser Band aus: Sie durchlief bisher mehrere Schaffensphasen, die jede für sich von ihren jeweiligen Fans liebgewonnen wurden, ohne dass es ernsthafte „Vorwürfe“ eins Stilwechsels geben müsste.
    Für mich sind es Brave Murder Day, Discouraged Ones und Last Fair Deal Gone Down. Während der sogenannten mittleren Phase habe ich mich irgendwann dabei erwischt, doch eher zum grandiosen Frühwerk zu tendieren, habe die Band dann in den letzten Jahren völlig aus den Augen verloren, lasse aber nun Sky Void of Stars dauerrotieren.
    Ein Weltklasse-Album!

  2. Genau das! Über den letzten Absatz ließe sich herrlich streiten. Ich persönlich halte die Anfangsphase zwar für gut, aber in seiner Wirkung tatsächlich etwas verklärt überbewertet. Der Einstieg von Brave Murder Day ist Klasse, im Lauf des Albums verliert mich die Platte aber regelmäßig. Die mittlere Phase ist dagegen das, was Katatonia für mich ausmachte, ein Knaller wie „Evidence“ bleibt einfach ewig in Ohr. Die progressivere Ausrichtung so ab The great cold distance machte es mir aber bedeutend schwerer. Auch wenn ich die Alben ab da durchaus mag, aber logisch, mich hookt das alles bedeutend weniger. Deswegen habe ich große Hoffnungen für das neue Album und freue mich, wenn es im Briefkasten liegt.

    1. Persönlich war ich nie Fan der frühen Alben, das mit der „Verklärung“ kann ich so unterschreiben. Ich habe sie aber eben auch erst in der „Mittleren Phase“ kennengelernt. Da gab es durchaus Highlights, sonst hätte mich die Band nicht gepackt, aber im Großen und Ganzen haben sie da meiner Ansicht nach nie das Album geschrieben, das man von ihnen hätte erwarten können … das ist ihnen aus meiner Sicht tatsächlich erst nach der Findungsphase (Fall Of Hearts) dann mit „City Burials“ gelungen. Das neue finde ich nicht mehr ganz so eingängig, deswegen aber nicht nenneswert schlechter. :)

      1. Nach zwei Durchläufen würde ich sagen, dass die Platte definitv was kann. So richtig zündet sie aber noch nicht, wirkt eher wie ein Grower.
        Katatonia erinnern mich heuer an Soen, nur deren Hook-Dichte wird weit weniger erreicht.
        In Sachen Produktion ist das Album aber eine Wucht, passt enorm gut, weil man die individuellen Leistungen jetzt auch deutlicher herausarbeitet.

  3. Spannend, aus welchen Richtungen man diese Band sehen kann. Die „uninspirierte mittlere Phase“ ist der Grund, warum Katatonia eine meiner absoluten Top-3-Favoriten und definitiv meistgehörte Band ist. Die Kombination aus recht simpel gehaltener eingängiger Heaviness und dunkler Melancholie ist für mich genau getroffen. Seit The Fall of Hearts zündet der Stil aber nicht mehr bei mir, obwohl ich gerne proggige Sachen höre, viel zu ziellos dümpeln die Songs vor sich hin. City Burials war wieder ein leichter Trend aufwärts, umso gespannter bin ich nun auf diese Scheibe. Dein letzter Satz lässt hoffen, danke dafür.

    1. FOH hat mich auch nie ganz gepackt, aber ich kann anerkennen, dass es musikalisch extrem gut ist. Was du über die Mittlere Phase schreibst, kann ich nachvollziehen, aber da hatte ich immer das Gefühl, dass sie kompositorisch hinter ihren Möglichkeiten bleiben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert