Review Megadeth – Rust In Peace Live (DVD)

  • Label: Universal
  • Veröffentlicht: 2010
  • Spielart: Heavy Metal

Am 21. September 1990 kam das (O-Ton Promozettel) „bahnbrechende“ vierte MEGADETH-Album „Rust In Peace“ heraus, das (noch einmal O-Ton inklusive grammatikalischem Lapsus) „ein ganzes Genre neu definiert hatte“. (Definiert es denn heutzutage nicht mehr? Wer weiß das nur…) Beinahe auf den Tag genau 20 Jahre später, am 17. September 2010, findet der geneigte Fan ein ganz besonderes Schmankerl in den Regalen des Plattenladens seines Vertrauens: wahlweise die simpel betitelte „Rust In Peace Live“ CD/DVD-Kombo oder das gute Stück auf Bluray-Disc. Darauf findet sich eine Aufzeichnung des letzten Abends der Tour, die die Band um Dave Mustaine anlässlich des 20 jährigen Jubiläums von „Rust In Peace“ im März 2010 absolvierte. Und das im legendären Hollywood Palladium vor ausverkauftem Haus und mit dem acht Jahre lang abstinenten Gründungsmitglied David Ellefson wieder am Viersaiter. Grund zur Freude? Schauen wir mal.

Wie schon gesagt, es existiert sowohl eine Bluray-Version (mit 5.1 DTS Master Audio und 1080p Hiugh Definition, was auch immer das genau heißen mag) als auch die DVD/CD-Combo, die mir zur Rezension vorliegt. Werfen wir also erstmal einen Blick auf die DVD. 80 Minuten verspricht der Promozettel, sechzehn Tracks sind auf dem Backcover gelistet, wenn man nun allerdings im (mit „Hangar 18“ unterlegten) DVD-Menü auf „Play Show“ geht, dann ist nach zehn Titeln mit einer Lauflänge von 46 Minuten und ein paar zerquetschten bereits Schluss. Etikettenschwindel? Nicht wirklich.
MEGADETH betreten jedenfalls vor launigem „Rust In Peace“-Hintergrund die gar nicht so kleine Bühne des Palladiums, Mustaine stellt kurz klar, dass ja eh alle wissen, wozu sie hier sind, dann geht’s auch schon mit dem Opener „Holy Wars… The Punishment Due“ los. Technisch braucht die DVD sich keine Schelte gefallen zu lassen, das Bild ist glasklar, der Sound prima abgemischt (am Anfang hatte ich das Gefühl, dass die Gitarren etwas zahnlos daher kommen und das Schlagzeug etwas zu dominant durch die Boxen schallt, aber das relativierte sich mit der Zeit), aufgenommen wurde all das auch mit genügend Kameras, so dass ordentlich Dynamik auf die Mattscheibe kommt. Dabei geht man rein inszenatorisch keine Risiken ein, die Kameraeinstlelungen, zwischen denen hier hin und her geswitcht wird, sind alle eher klassisch, sei es der Schwenkkran, Nahaufnamen der Musiker, eine Totale der Bühne oder einfach mal der Blick ins Publikum. Kennt man alles, sind erprobte Mittel, die funktionieren.
Auch die Band selbst ist relativ gut drauf. Ansagen sind zwar Mangelware, aber die braucht man eigentlich auch nicht, wer „Rust In Peace“ kennt weiß eh, was als nächstes kommt. MEGADETH halten sich auch geradezu sklavisch an die Trackliste der „Vorlage“ (oder zumindest lässt es die DVD so erschienen, wer weiß, ob da nicht hier und da etwas gekürzt wurde zwischen den Songs), kaum sind die letzten Akkorde des einen Tracks ausgeklungen, schon zählt Shawn Drover wieder an und weiter geht’s mit der nächsten Nummer. Trotzdem macht das Zusehen nicht wenig Spaß, David Ellefson ist ein Sympathiebolzen erster Kanone, er und Mustaine harmonieren auch wunderbar miteinander, Shawn Drover zieht routiniert seine Sache hinter der Schießbude durch und auch der „Jungspund“ der Band, Chris Broderick (Jahrgang 1970), fügt sich gut ins Gesamtbild ein. Tatsächlich ist es am ehesten Dave Mustaine, der hier irgendwie „stört“. Allerdings eher optisch, da Mustaine nun mal der Chef ist sind die Kameras die meiste Zeit über auf ihn gerichtet und… ich muss es wohl leider sagen, gutaussehend ist der gute Mann nicht. Und ob die merkwürdigen Grimassen, die er beim Singen schneidet, wirklich Not getan hätten… Das ist aber glücklicherweise nur ein marginaler Kritikpunkt und tut der guten Musik keinen Abbruch.

Was soll man nur zu der sagen? Naja, ich wage einfach mal zu behaupten, wer die Scheibe hier kauft, der wird wissen, was ihn erwartet. „Rust In Peace“ ist – wie gesagt – seit 20 Jahren draußen und gilt in Fankreisen ja teilweise als DAS MEGADETH-Album schlechthin. Das Material hat sich auf jeden Fall gut gehalten und schallt schön fett und dynamisch durch die Boxen, gerade mit Gassenhauer wie „Hangar 18“ oder „Tornado Of Souls“ kann man eh nix falsch machen. „Dawn Patrol“ macht sich – was mich ein wenig verblüfft hat – dank Ellefsons Charisma auch gut, der hier überraschenderweise – abgesehen von Shawn Drover – alleine auf der Bühne herum steht. Wieso Mustaine aus dem Off singt… Keine Ahnung, aber dann sieht man wenigstens die Grimassen nicht.
Tja. Und nachdem die letzten Töne von „Rust In Peace… Polaris“ verklingen ist die Sache auch schon fast gegessen. Das Publikum feiert die Band ein bißchen, dann kommen MEGADETH noch mal hoch und spielen das, was das Backcover „Holy Wars – Reprise“ nennt. Ein paar Riffs aus „Holy Wars… The Punishment Due“ werden recycelt und darüber etwas improvisiert, dann stellt Mustaine (jetzt übrigens oben ohne, hätte auch gut leben können, ohne das sehen zu müssen…) die ganze Band vor, bedankt sich noch mal und die Credits laufen im Splitscreen mit der Band auf der Bühne durch (etwas meh, die Chose blendet aus, während MEGADETH gerade noch auf der Bühne stehen und sich von den Fans verabschieden, man hätte ja wenigstens warten können, bis die Herren unten sind und das Licht aus geht, aber wer bin ich dem Herrn Regisseur zu widersprechen?). Und wo waren nu die fehlenden 34 Minuten?

Die verstecken sich im Bonusmaterial hier finden sich nämlich noch mal sechs Tracks, die am selben Abend aufgenommen wurden und zwar zwischen „Rust In Peace… Polaris“ und „Holy Wars – Reprise“ (was man daran merkt, dass Mustaine während diesen sechs Songs sein Hemd erst öffnet und dann ganz auszieht). Diese Songs, darunter der ewige Klassiker „Symphony Of Destruction“ und meine ganz persönlichen MEGADETH-Favoriten „Trust“ und „She-Wolf“, hat man – wahrscheinlich um die „Konsistenz“ des „Rust In Peace“-Auftritts nicht zu stören – halt hier her verfrachtet, was ich ein wenig schade finde. Zumindest hätten die Damen und Herren DVD-Schmiede eine Möglichkeit einfügen können, um sich das Konzert auf Knopfdruck „komplett“ anzuschauen, aber nein, ist nicht drin (oder wenn doch hab ich die Möglichkeit nicht gefunden). Die sechs „Bonustracks“ gefallen sogar noch etwas besser, als das eigentliche Konzert. Technisch auf dem selben Niveau (kein Wunder, wurde ja auch am selben Abend mit dem selben Equipment aufgezeichnet), aber irgendwie kommt gerade Mustaine beispielsweise bei „In My Darkest Hour“ mehr aus sich heraus. Macht dann noch mal 26 Minuten und ein bißchen. Mit ein wenig gutem Willen haben wir jetzt also etwa 73 Minuten voll gekriegt. Da fehlt noch was bis zu den achtzig.

Aufgefüllt wird dann mit etwas über 8 Minuten „echtem“ Bonusmaterial. Hier sieht man (und ich zitiere erneut, mit Rechtschreibfehlern) „exklusives Behind-the-Scenes Material, z.B. eine kurzen Blick auf die Band, die noch in ihrer neuen Garderobe probt – kurz bevor sie die Bühne rockt“. Jap, acht Minuten Impressionen vom Aufbau der Location, Dave Mustaine, der gelangweilt in der Gegend rumsitzt und den gewaltigen Fanschlangen vor dem Gebäude, die in die Kamera schreien, Pommesgabeln machen oder beides gleichzeitig. Hin und wieder sagt auch mal einer was, aber wenn man mal von dem Statement von Chris Broderick zur Tour absieht versteht man da kein Wort, da die Sprecher total nuscheln, das Soundequipment eh nicht das Beste ist und Untertitel eh keine drin sind. Wirklich interessant ist das nicht, aber schon ganz okay.
Für’s Protokoll: Auf der beiliegenden CD ist noch mal das gleiche, nur ohne Bild. Hier werden die „Bonus-Songs“ direkt an den „eigentlichen Auftritt“ angehängt. Hätte man eigentlich auch in der richtigen Reihenfolge belassen können, aber naja.

Was macht man nun also aus „Rust In Peace Live“? Ich bin ehrlich gesagt nicht ganz sicher, die Darbietung des kompletten „Rust In Peace“-Albums ist eine nette Sache, vom Sound her mehr als in Ordnung, aber das ist das „Original“ auch immer noch. Wirklich was Spektakuläres gibt’s auf der DVD nicht zu sehen, aber unterhaltsam ist sie schon irgendwie, wenn auch vielleicht etwas enttäuschend kurz (und dann durch erwähntes „Zerschnippeln“ der Trackliste noch mal um so mehr, weil man zwischen einem Teil und dem anderen noch einmal durch’s Menü muss). Letzten Endes bekommt man die etwa 80 minütige DVD und die nochmal 74 minütige CD allerdings zu einem recht fairen Preis, so dass man durchaus zugreifen kann. Ist aber doch eher ein „Prestigeobjekt“ für den Sammler und Fan, für das gleiche Geld kann man sich bestimmt die „Rust In Peace“ und noch dazu eine andere MEGADETH-Live-DVD kaufen, da kriegt man wohl mehr geboten. Auf eine Punktwertung verzichte ich deswegen mal, die hängt immer davon ab, was der potentielle Kunde von „Rust In Peace“ hält und wer vorhat sich diese DVD zu kaufen, der dürfte das Album wahrscheinlich sowieso in- und auswendig kennen. Bleibt also nur zu sagen: „Rust In Peace Live“: kann, muss nicht.

Keine Wertung

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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