Das Cover von "The Sick, The Dying And The Dead" von Megadeth

Review Megadeth – The Sick, The Dying … And The Dead!

  • Label: Universal
  • Veröffentlicht: 2022
  • Spielart: Thrash Metal

Bei MEGADETH ging es zuletzt reichlich turbulent zu: Dass der (verheiratete) Bassist David Ellefson mit fremden Mädchen Beinahe-Online-Sex hatte, ging dem Bandleader und wiedergeborenen Christen Dave Mustaine derart gegen den Strich, dass er den möchtegern-frivolen Basser unversehens aus der Band warf. Und weil die Schande damit noch nicht abgewaschen schien, mussten seine bereits fertigen Instrumentalspuren des neuen Albums nochmal von Steve DiGiorgio, dem u. a. bei Testament aktiven Hans-Dampf-in-allen-Gassen des US-amerikanischen Metal, eingespielt werden. Viel schlimmer war jedoch, dass Mr. Mustaine Anfang 2019 an Kehlkopfkrebs erkrankte – für einen Sänger nahezu fatal. Das alles scheint jedoch nun vergessen, denn der Mann ist wieder genesen, die Band-Besetzung – vorerst – stabilisiert und mit „The Sick, The Dying … And The Dead!“ steht ein neues MEGADETH-Album in den Regalen.

In der Vergangeheit veröffentlichten MEGADETH entweder ein astreines Thrash-Album – so zuletzt mit „Endgame“ und „Dystopia“ der Fall – oder sie wandelten mit Platten wie „Th1rt3en“ und „Super Collider“ auf eher rockigen Pfaden. Für den 16. Anlauf wollte sich Bandleader Dave Mustaine offensichtlich auf keine der beiden Richtungen festlegen, denn „The Sick, The Dying … And The Dead!“ enthält beide Seiten des Bandsounds zu weithin gleichen Teilen: In flotten Songs wie „Life In Hell“, dem abwechslungsreichen „Nighstalkers“, „Soldier On!“ und „We’ll Be Back“ treten MEGADETH das Gaspedal bis zum Anschlag durch und punkten mit messerscharfem Riff-Stakkato, wie es nur der Bandkopf schreiben kann.

Dem stehen auf „The Sick, The Dying … And The Dead!“ eher rockige bzw. im Heavy Metal verwurzelte Nummern wie der Titeltrack und „Killing Time“ gegenüber, die allesamt etwas eingängiger ausfallen als die Thrash-Brecher dieser Platte, deshalb aber nicht weniger spannend sind. Besonders deutlich wird das kurz vor Schluss mit „Célebutante“, das dank arschcooler Riffs wie eine Diamond-Head-Nummer auf Steroiden wirkt. Obendrein kehren MEGADETH in „Dogs Of Chernobyl“ ihre bombastischere Seite hervor und weben selbst Streichersätze organisch in ihren Sound ein. Seinen Höhepunkt erlebt „The Sick, The Dying … And The Dead!“ aber mit „Mission To Mars“: Nach einem atmosphärischen Gänsehaut-Intro entwickelt sich der Song zu einem rotzigen Punk-Stück, in dem sich Mr. Mustaine offenbar von keinerlei Erwartungshaltung leiten ließ.

Die bereits kurz angesprochene Atmosphäre ist überhaupt ein gutes Stichwort: MEGADETH erfinden sich mit „The Sick, The Dying … And The Dead!“ gewiss nicht neu, aber sie orientieren sich an ihren bisher stärksten Alben und vereinen somit die besten Elemente ihres Sounds auf dieser Platte. Niemand sonst schreibt Riffs und Melodien wie Dave Mustaine und dank eindringlicher Refrains bauen die Songs stets dichte Atmosphäre auf. Die rockigeren, eingängigeren Nummern mögen nicht das sein, was sich jeder Fan der Band wünscht, aber sie sind trotzdem für sich genommen stark, weil sie schlicht gut geschrieben sind. Obendrein haben MEGADETH mit Kiko Loureiro den besten Gitarristen seit Marty Friedman an Bord, denn der Mann soliert so intelligent wie auf „Rust In Peace“ und „Countdown To Extinction“.

„The Sick, The Dying … And The Dead!“ ist nicht das stärkste Album in der Geschichte von MEGADETH und schwächer als „Dystopia“, aber es ist eine verdammt gute Platte, die selbst in weniger thrashigen Nummern das enorme Talent dieser Musiker offenbart. Die Songs sind insgesamt gradliniger und weniger verschachtelt, aber untereinander so abwechslungsreich, dass man es trotzdem mit einem angenehm vielschichtigen Album zu tun hat, das zu keiner Zeit langweilig ist. Insgesamt ist „The Sick, The Dying … And The Dead!“ sehr frisch, energiegeladen und authentisch, was auch daran liegt, dass MEGADETH hier das Gaspedal vornehmlich voll durchtreten und überraschend jugendlich klingen.

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Wertung: 8 / 10

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Ein Kommentar zu “Megadeth – The Sick, The Dying … And The Dead!

  1. die Scheibe ist meiner Meinung nach deutlich besser und viel abwechslungsreicher, spielerisch ausgefeilter es Dystopia. Die stärkste Platte seit der Endgame

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