Review Myrkur – Spine

Nachdem MYRKUR mit „Folkesange“ ein nahezu perfektes Folk-Album veröffentlicht hat glaubte wohl kaum noch jemand daran, dass die Dänin noch einmal zu ihrem Black-Metal-Wurzeln zurückkehren würde. Zu sehr hat sich der vollständige Kurswechsel hin zum Folk bereits auf „Mareridt“ und den regelmäßigen akustischen Einlagen auf den Social-Medie-Kanälen der Musikerin angedeutet und als MYRKUR Anfang des Jahres den Soundtrack zum Theaterstück „Ragnarok“ veröffentlich hat, schien die Sache besiegelt. Umso überraschender kam da die Ankündigung, dass noch in diesem Jahr mit „Spine“ ein neue Studioalbum erscheinen soll. Vom reinen skandinavischen Folk ist darauf aber nicht mehr viel übrig.

Entstanden ist „Spine“ in der Zeit kurz nach der Geburt ihres Kindes, eine herausfordernde Phase für Amalie Bruun, die nach wie vor alleine für Songwriting, Gesang und die meisten Instrumente bei MYRKUR verantwortlich ist. Diese emotionale Achterbahnfahrt mit einer Mischung aus Liebe, Verunsicherung, Glück, Ruhe und Chaos schlägt sich deutlich hörbar in den neun Songs des Albums nieder, den das Dargebotene ist eine ebenos turbulente Mixtur aus Black Metal, Folk, Dark Pop, Synthies und Post Rock. Der instrumentale Opener „Bålfærd“ lockt den Hörer aber erstmal auf eine falsche Fährte, da er durch Streicher und sphärischen Gesang an die Großtaten von Loreena McKennitt erinnert. Schon mit „Like Humans“ stößt MYRKUR aber in andere Klangwelten vor. Die Riffs klingen gedämpft, basieren aber unüberhörbar auf schwarzmetallischem Songwriting, während der Refrain band-typisch mit dem warmen Gesang von Amalie punktet. Black-Metal-inspirierte Riffs brechen sich auch bei „Valkyriernes Sang“ oder dem ansonsten eher wenig spannenden „Blazing Sky“ Bahn, wobei die Gitarren immer verwaschen, fast schon dumpf klingen und dadurch zwar Düsternis, aber nie die Genre-typische Kälte entsteht. Kommen E-Gitarren ansonsten zum Einsatz, orientiert sich das Songwriting eher an Post-Rock und Shoegaze, wie etwa beim Titelsong.

Folk ist aber weiterhin ein integraler Bestandteil der musikalischen Welt von MYRKUR, allerdings eine deutlich modernere Form von Folk, für den auch Synthies Verwendung finden. „Mothlike“ etwa klingt wie eine Hommage an 80er-Synthie-Pop, der mit Tremolo-Riffs, Blastbeats und den einzigen Screams auf dem Album angereichert wird. „Devil In The Detail“ wiederum kombiniert ein Cello mit elektronischen Sounds und ätherischen, sich immer mehr aufbauenden Vocals. „Menneskebarn“ schließt „Spine“ nach nur knapp 34 Minuten mit fast schon modernem, aber wunderbar reduzierten Songer-Songwriting-Sound ab, bei dem Amalie noch einmal mit ihrer außergewöhnlichen Stimme glänzen kann.

„Spine“ ist kein einfaches, aber ein vielschichtiges Album geworden mit dem MYRKUR erneut die vielen Facetten ihrer Kreativität unter Beweis stellt. Mit jedem neuen Album straft die Dänin ihre Kritiker Lügen, die sich bis heute an ihrer Pop-Vergangenheit stören. Auch wenn „Spine“ nicht die außergewöhnliche Atmosphäre und den Zauber von „Folkesange“ erreicht, versetzt allein die dargebotene musikalische Bandbreite in Staunen. Es sind die Unberechenbarkeit und die Abenteuerlust, die MYRKUR und ihre Veröffentlichungen so einzigartig machen.

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Wertung: 8 / 10

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