Konzertbericht: Amenra w/ Myrkur

06.05.2018 München, Hansa 39

Im Februar kündigten mit AMENRA und MYRKUR zwei Bands, die sich atmosphärisch dichter Musik verschrieben haben, eine gemeinsame Tour in Deutschland und der Schweiz an. Beide brachten 2017 viel beachtete und geschätzte Alben heraus: Die Post-/Sludge-Metal-Formation AMENRA mit ihrem Opus „Mass VI“ und MYRKUR, das Black-Metal-Projekt der dänischen Sängerin Amalie Bruun, mit ihrem zweiten Werk „Mareridt“. An diesem Abend macht das Duo im Hansa 39 des Münchner Feierwerks halt.

In der schon gut gefüllten Halle betreten die den Abend eröffnenden MYRKUR die Bühne, auf der ein hübsch mit Pflanzen geschmückter Mikroständer an der Front platziert wurde. Zu einem sehr langsamen Drone-Riff nimmt Sängerin Amalie Bruun den Platz dahinter ein und beginnt, ihre sphärischen Gesänge darüberzulegen. Es ist eine ganz eigene Atmosphäre zwischen Schwermütigkeit und Mystik, die sich während MYRKURs Auftritt im Zuschauerraum breitmacht. Musikalisch bleibt die Band meist im Doom-Bereich, wechselt aber dann ab und zu auf einen Post-Black-Metal-Teil oder eine folkige Passage.

Bruun gelingt der Gesang dabei unheimlich gut und präzise – etwas zu sehr, um nicht zumindest ein wenig misstrauisch zu werden, wie viel da nachgeholfen wurde. Zumal ihr Gesang leider nicht gerade selten von etlichen sie begleitenden, vom Band abgespielten Hintergrundgesängen unterstützt wird. Dennoch: Mit viel Hall ausgestattet bringt sie einige sehr schöne Momente zustande, auch wenn es heute fast ausschließlich bei Klargesang bleibt. Ob es für die Wirkung des Auftritts musikalisch überflüssiges, optisch dramatisches Schlagen einer Handtrommel braucht, muss wohl jeder selbst entscheiden. Einen gelungenen Abschluss finden MYRKUR jedoch mit der von Bruun solo vorgetragenen, mittelalterlichen Ballade „Villemann og Magnhild“.

  1. Drone Intro
  2. The Serpent
  3. Ulvinde
  4. Dybt I Skoven
  5. Onde Børn
  6. Vølvens Spådom
  7. Jeg Er Guden, I Er Tjenerne
  8. De Tre Piker
  9. Elleskudt
    Måneblôt
  10. Skøgen Skulle Dø
  11. Skaði
  12. Villemann Og Magnhild

Nach einer halben Stunde Umbaupause erscheint das Logo der Church Of Ra im Hansa 39, das zwar nicht ausverkauft, aber doch beeindruckend voll ist. Als AMENRA unspektakulär die Bühne betreten, ertönen erste Jubelschrei, das klassische Pausengemurmel verstummt dann allerdings erst auf einen Schlag, als Drummer Bjorn Lebon zwei Klangstöcke zusammenschlägt und die Messe eröffnet. Über gut fünf Minuten baut sich eine kaum auszuhaltende Spannung aus, bis die erste brachiale Wall of Sound über das Publikum hinweg walzt. Die Abmischung ist kristallklar, das Publikum headbangt in Slow Motion und AMENRA reißen mit einer bedrohlichen, packenden Atmosphäre mit, die inhaltlich fast alle Alben der Belgier abdeckt.

Es dauert fast 40 Minuten, bis Sänger Colin van Eeckhout sein Shirt auszieht und sein imposantes Rückentattoo offenbart. Auch wenn AMENRA wie immer auf jede Form der Publikumsinteraktion verzichten, überrascht es, dass Colin dieses Mal ganze Passagen dem Publikum zugewandt singt – den Großteil der Show verbringt er allerdings in seiner eigenen Welt, tief vergraben in den Visuals. Diese wirken auf der recht kleinen Bühne des Hansa 39 heute fast etwas verloren – die Kranhalle wäre insgesamt die stimmigere Location für ein Konzert von AMENRA gewesen. Nach 70 Minuten Brutalität, Fragilität, Leidenschaft und Sehnsucht ist es plötzlich still und die Musiker verlassen die Bühne – zurück bleibt nur das Logo der Church Of Ra.

  1. Boden
  2. Plus Près De Toi (Closer To You)
  3. Razoreater
  4. Diaken
  5. Thurifer et Clamor ad te Veniat
  6. Nowena | 9.10
  7. Terziele
  8. Am Kreuz
  9. Silver Needle. Golden Nail

Die mythische und apokalyptische Stimmung des Abends wird von beiden Bands auf unterschiedliche Weise transportiert. Während Myrkur verträumter, schöner und außerweltlicher agieren, sind Amenra eine grollende, aus der Tiefe stammende Urgewalt. Egal, wie oft man eine Show der Belgier auch sieht: Es ist immer wieder aufs Neue beeindruckend und umwerfend.

Publiziert am von und Simon Bodesheim

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