Das Cover von "Ordinary Man" von Ozzy Osbourne

Review Ozzy Osbourne – Ordinary Man

  • Label: Sony
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Hard Rock

Kaum zu glauben, aber wahr: Seit dem letzten Album von Heavy-Metal-Urvater OZZY OSBOURNE sind nicht weniger als zehn Jahre ins Land gegangen – länger mussten Fans tatsächlich noch nie auf eine neue Platte des „Prince Of Darkness“ warten. In dieser Zeit machte der 71-Jährige etliche Schlagzeilen, die jedoch selten mit Musik zu tun hatten und dem Image des Rock-n-Roll-Gottes kaum zuträglich waren. Auf den reichlich affigen weil in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Ehe-Zwist mit Frau Sharon folgte eine Tour-Absage bzw. -Verschiebung nach der anderen, und parallel dazu reiste Mr. Osbourne mit Sohn Jack für deren Reality-Show um den Globus. Dass der Mann, hauptberuflich Musiker, nebenbei auch noch an neuer Musik arbeitete, war dabei selbst der Musikpresse höchstens eine Randnotiz wert. Das soll sich nun ändern, denn mit „Ordinary Man“ steht nun das zwölfte Album des Briten in den Startlöchern.

Anders als auf früheren Veröffentlichungen hat OZZY OSBOURNE für sein neues Album nicht die aktuelle Besetzung seiner Band, der ja auch Gitarrist Zakk Wylde wieder angehört, ins Studio gebeten. Stattdessen tat sich der Fürst der Finsternis mit einer Reihe an mitunter ziemlich hochkarätigen Musikern unterschiedlichster Couleur zusammen. Zur Kern-Besetzung gehören neben Herrn Osbourne noch der U.S.-amerikanische Songwriter und Multi-Instrumentalist Andrew Watt, Bassist Duff McKagan (Guns N‘ Roses) und Ausnahme-Drummer Chad Smith (Red Hot Chili Peppers). Während diese drei Instrumentalisten in (fast) jedem Song von „Ordinary Man“ zu hören sind, organisierte Ozzy für die übrigen Nummern Namen wie Gitarrist Tom Morello (Rage Against The Machine), Pop-Legende Sir Elton John sowie die Rapper Post Malone und Travis Scott, um nur eine Auswahl zu nennen.

So vielfältig wie die beteiligten Musiker fällt auch das Songmaterial von „Ordinary Man“ aus. Kommt das eröffnende „Straight To Hell“ als ebenso moderner wie kerniger Hard-Rock-Song mit satten Gitarren und einem tollen Solo von Gitarrenguru Slash höchstpersönlich daher, erinnert schon das nachfolgende „All My Life“ im Intro stark an „Mama I’m Coming Home“. In „Goodbye“ gibt es sodann zu Beginn trippige Lavalampen-Gitarren und überhaupt ruft die Nummer wohlige Erinnerungen an die stilbildende Phase von Black Sabbath wach. Und das mit Rapper Post Malone aufgenommene „It’s A Raid“ entpuppt sich als ziemlich anarchische Punk-Nummer ganz in der Tradition von Bands wie The Clash oder den Sex Pistols. Positiv erwähnt sei an dieser Stelle auch noch das von OZZY OSBOURNE mit Tom Morello aufgenommene „Scary Little Green Men“: Die rockige Nummer mag verhalten einsetzen, punktet dann jedoch mit einem absolut mitreißenden Refrain und darf in künftigen Live-Programmen nicht fehlen.

Das Herzstück von „Ordinary Man“ ist jedoch passenderweise der Titeltrack. Bei dem Song handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach von Haus aus um die „aufsehenerregendste“ Nummer des Albums, zumal OZZY OSBOURNE hier im Duett mit Sir Elton John singt – und die beiden werden nicht oft im gleichen Atemzug genannt. Passend zum sonstigem Schaffen des „Rocket Man“ – und dennoch nicht im Kontrast zu mancher Ozzy-Single – ist der Titel auch eine emotionale, vom Klavier getragene Ballade. Wenn Elton John dabei ist, bringt er den Kitsch mit und greift man auch mit „Ordinary Man“ besonders tief ins Schmalzfass. Weil Slash allerdings auch hier ein hervorragendes Solo beisteuert und sowohl der Meister des Pop als auch Mr. Osbourne eine durchweg grandiose Gesangsleistung abliefern, bekommt die Hörerschaft dank permanentem Gänsehaut-Faktor den besten Song des Albums.

Bei zwölf Songs können nicht nur Hits dabei sein und so bringt OZZY OSBOURNE auf seinem neuesten Album natürlich auch den ein oder anderen Füller mit. Einer davon heißt „Eat Me“ und ist eine reichlich belanglose U.S.-Radio-Rock-Nummer im Stile austauschbarer Bands wie Fozzy und hätte getrost gestrichen werden dürfen. Auch finden sich auf „Ordinary Man“ auffallend viele Balladen, wie sich etwa am Beispiel des von jazzigem Drumming getragenen und mit intelligentem Text verliehenen „Holy For Tonight“ zeigt. Wenn aber ein Song wie „Today Is The End“ zum gefühlt drölften Mal mit verheißungsvoll-unverzerrter Gitarre einsetzt, entsteht der Eindruck, man hätte die Nummer im Vorangegangenen schon mindestens einmal gehört. Und während Post Malone sich durch starken Gesang hervortut, ist die R&B-Einlage nebst Retorten-Beat und Synth-Bass von Travis Scott im – ebenfalls balladesken – Bonustrack „Take What You Want“ nur schwer erträglich. Profis, wie sie hier am Werk sind, sollten eigentlich zu zwingenderem Songwriting in der Lage sein.

Gesang ist aber ein gutes Stichwort. OZZY OSBOURNE hat mittlerweile die 70 überschritten und sicher kein gesundes Leben geführt. Er wäre also kaum der erste Altrocker, den allmählich die Stimme verlässt, weshalb der Gesang auf „Ordinary Man“ von vielen als Sollbruchstelle angenommen werden könnte. Doch nichts dergleichen: Mr. Osbourne liefert auf seinem zwölften Album eine über jeden Zweifel erhabene Gesangs-Performance ab und klingt an mancher Stelle gar überraschend jugendlich. Ob da nun die von Musikern ebenso geliebte wie verteufelte Studio-Magie dahintersteckt, kann hier weder bestätigt noch verneint werden, Fakt ist jedoch, dass Ozzy in der jüngeren Vergangenheit selten so gut klang wie auf dieser Platte.

Mit „Ordinary Man“ gelingt OZZY OSBOURNE eine echte Überraschung. Der Titel kann dabei nur als Witz gemeint sein, denn die Platte ist beileibe kein normales Album – auch nicht für die Verhältnisse des Prince Of Darkness, der auch als Person kaum als „gewöhnlich“ durchgehen dürfte. Sicher ist dies nicht das Album, dass sich jeder Fan des Mannes gewünscht hat – weil Mr. Osbourne hier aber hörbar befreit und ungezwungen abseits aller Trends und Erwartungen musiziert, ist „Ordinary Man“ eine ziemlich frische, unverbrauchte und nicht selten unvorhersehbare Angelegenheit geworden. Betrachtet man das Dienstalter des Mannes, so ist das alles andere als selbstverständlich. Obendrein singt Ozzy hier besser als manch einer seiner Altersgenossen und hat so manchen renommierten Weggefährten ins Studio gelockt, was in musikalischen Konstellationen resultiert, die es so vermutlich nie wieder geben wird. Da stört es auch nicht, dass Zakk Wylde diesmal nicht mit von der Partie war.

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Wertung: 7 / 10

Redaktion Metal1.info

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