Review Pantera – Vulgar Display Of Power

Mit Vertretern wie DevilDriver oder Lamb Of God ist der Groove Metal heute fest im Thrash Metal verankert. Und wenn man mit steilen Thesen sonst auch noch so vorsichtig sein sollte – eines steht fest: Ohne PANTERAs „Vulgar Display Of Power“gäbe es das gesamte Subgenre nicht, zumindest nicht in dieser Form. War „Cowboys From Hell“ alles in allem noch ziemlich schmissiger, aber auch vergleichsweise braver Thrash, haben PANTERA die Metal-Welt mit ihrem 1992er-Album das Fürchten gelehrt. Denn alles, wirklich alles an „Vulgar Display Of Power“ ist genau das: eine vulgäre Machtdemonstration.

Genauso in your face wie das Artwork geht auch der Sound des zweiten Post-Power-Metal-Albums von PANTERA: Nasal und höhenlastig im Gitarrensound, aber dennoch kraftvoll und mit der richtigen Portion Druck auch schon im Klang groovig, hat „Vulgar Display Of Power“ nicht nur einen extrem individuellen Sound mit hohem Wiedererkennungswert, sondern klingt auch mit stolzen 27 Jahren auf dem Buckel mehr als amtlich. Selbst im 21. Jahrhundert würde man jeder Band gratulieren, deren Gitarren auf CD mit so viel Biss daherkommen. Einzig die Bassdrum klingt aus heutiger Sicht ein wenig blechern.

Wenngleich der Bass als Instrument im Gesamtsound nicht sonderlich präsent ist, fehlt es „Vulgar Display Of Power“ zu keiner Sekunde an Wucht. Wie eine Urgewalt brechen die kraftstrotzenden Groove-Riffs über den Hörer herein – um sich unvermittelt mit lässigen Midtempo-Licks abzuwechseln, einem ruhigen Clean-Gitarrenpart Platz zu machen oder, an die Kette genommen, als brave Begleitspur Dimebags typisch kreischende Soli zu begleiten. Ganz unabhängig von dessen Fertigkeiten als Saitenhexer: Diese stets Song-orientierte Gitarrenarbeit ist schlichtweg zeitlos.

Und dann ist da natürlich noch der Gesang: Die prollig-aggressive Energie, die Phil Anselmo in die Vocals von unsterblichen Klassikern wie „Walk“ gelegt hat, ist bis heute unerreicht. Und das nicht nur von Anselmo selbst, sondern auch von den unzähligen Metal-Sängern, die sich mittlerweile daran versucht haben, Anselmos kontrolliert rohen Gesangsstil zu imitieren. Vom ersten bis zum letzten Vers klingt Phil, als sollte man ihn jetzt besser nicht unterbrechen, wenn einem das eigene Gesicht im aktuellen Zustand ganz gut gefällt. Was will man mehr von einem Thrash-Metal-Album?

Wenn Phil Anselmo mit einer seiner Bands heute wieder PANTERA-Songs spielt, kann man das als Armutszeugnis eines Musikers herabwürdigen, der seit den 90ern nichts „Relevantes“ mehr geschaffen hat – oder aber als Hommage an Songs sehen, die nicht nur ein Genre, sondern eine Generation an Thrashern geprägt haben. Wer „Vulgar Display Of Power“ hört und die unbändige Energie spürt, die diese vier Musiker hier Anfang der 1990er-Jahre eingefangen haben, kann kaum leugnen, dass diese Songs live gespielt werden müssen, solange es in auch nur ansatzweise authentischer Form eben geht.

Wertung: 9.5 / 10

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