Artwork des Albums Origins der Band Saor
Juni 2022

Review Saor – Origins

Es gibt einiges, das man Andy Marshall und seinem Soloprojekt SAOR berechtigterweise vorwerfen kann: etwa den Release seines ersten Albums „Roots“ (damals noch unter einem anderen Projektnamen) über ein offenkundig rechtsextremes Label oder Marshalls nationalistisch anmutende Begeisterung für seine schottische Herkunft. Es sind fragwürdige Tendenzen, vor denen man nicht die Augen verschließen sollte. Ob man aus diesen Gründen nun einen Boykott für angebracht hält oder nicht, eines lässt sich schwer leugnen: Musikalisch hat SAOR bislang stets Herausragendes abgeliefert. Selbst auf dem produktionstechnisch missratenen „Aura“ (2014) begeisterte der Schotte mit seinem urkräftigen Celtic Metal. Mit „Origins“ legt Marshall sein fünftes Album vor.

Kreativ festgefahren war SAOR noch nie. Dennoch waren die kleinen Veränderungen, die der Einzelkünstler seinem Sound von Album zu Album verpasst hat, nie zuvor so präsent wie auf „Origins“. Der Nachfolger von „Forgotten Paths“ (2019) ist nämlich nicht nur aufgrund seiner erneut eher kompakten Laufzeit von 41 Minuten knackiger als frühere Veröffentlichungen, sondern auch aufgrund seines Sounds. Bei der Entstehung des Albums hat Marshall sich diesmal deutlich hörbar von klassischem Heavy Metal inspirieren lassen und den Black-Metal-Anteil seines Stils mehr in den Vordergrund gestellt.

Passend zum lyrischen Konzept, das sich um die Piktenvölker des frühmittelalterlichen Schottlands dreht, klingen die Songs mit ihren herrlich verspielten Dual-Leads, galoppierenden Rhythmusgitarren und treibenden, aber nicht überbordenden Drums kampfeslustiger denn je. Zudem hat Marshall sein vormals unkenntliches Gebrüll gegen etwas schärfer artikulierte, bissigere Screams eingetauscht und setzt vermehrt erhabenen Chorgesang ein. Vermeinte man in früheren Stücken noch, die ungezähmten Highlands selbst zu sich sprechen zu hören, so klingen die dynamischeren Tracks auf „Origins“ vielmehr wie Kampfeshymnen der Menschen, die diesen wilden Boden einst bewohnt haben.

Die naturverbundene Folk-Instrumentierung kommt aber keineswegs zu kurz. Akustikgitarre, Tin-Whistle und Dudelsack sind zwar bei weitem nicht mehr so präsent wie noch auf „Aura“ und „Guardians“ (2016), fügen sich aber weiterhin sehr stimmig ins Klangbild ein und lockern die Songs angenehm auf. Eine schöne Neuerscheinung im Repertoire des Solomusikers bilden außerdem die altertümlichen, erdigen Perkussionen, mit denen SAOR manche Passagen zu verheißungsvollen Auftakten formt („Call Of The Carnyx“).

„Origins“ mag mit seinem schnittigeren Grundton ein bisschen weniger überwältigend als die früheren Werke des schottischen Ausnahmeprojekts klingen. Durch seine kleine, aber unüberhörbare Kursänderung hat Marshall jedoch erfolgreich verhindert, dass man seines Rezepts für SAOR überdrüssig wird. Von den ersten vielversprechenden Tönen des Openers bis zur wunderbar erfüllenden Auflösung des abschließenden Titeltracks ist die kraftvoll und klar produzierte Platte randvoll mit mitreißenden Melodien und Momenten ungetrübter Schönheit. Davon abgesehen, dass die Rhythmusgitarren vereinzelt etwas zu sehr den Mix dominieren und die symphonischen Keyboards mitunter etwas dick aufgetragen sind, hat SAOR mit „Origins“ abermals eine fantastische Liedersammlung geschaffen – zumindest für all jene, die Marshall bislang nicht als Persona non grata betrachten.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von

15 Kommentare zu “Saor – Origins

  1. Ich finde es gut, dass Du den politischen Hintergrund und die Bandgeschichte erwähnst und, dass Du hier auch deutliche Worte zu den rechts miefigen Kommentaren hier findest.

    Nazi Punks, fuck off!

  2. Wenn man Nationalismus mit Chauvinismus verwechselt bzw. verwechseln will, wird natürlich beinahe jede positive Äusserung zur eigenen Herkunft zum Problem für manche Menschen. Man sollte dann aber auch bedenken, dass in 100% aller Fälle „Nationalismus“ kein Problem in der “ Szene“ oder der Gesellschaft darstellen, solange der „Nationalist“ nicht weiß ist. Man darf dann gern mal darüber nachdenken, wozu man solche Doppelstandards braucht.

    Man MUSS sicher nicht unbedingt stolz auf seine Herkunft sein, andererseits sehe ich aber auch kein Problem darin auf etwas stolz zu sein, auf das man selbst keinen Einfluss hat, solange man Menschen anderer Herkunft nicht ihre Gleichwertigkeit (nicht zu verwechseln mit Gleichheit) abspricht. Gleichwertigkeit: ja, Gleichheit und Gleichmacherei: nein. Wo sollte sonst auch die heute so penetrant geforderte Diversität herkommen, wenn alle Menschen „gleich“ sind? Und zur wirklichen Diversität gehören auch „nationale“ Einstellungen, ob das nun manchen Menschen schmecken mag oder nicht. Alles andere ist Heuchelei.

    1. Zugegeben, ich habe den Begriff Nationalismus in seiner umgangssprachlichen Bedeutung und damit tatsächlich etwas ungenau verwendet. Kann sich mit Chauvinismus überschneiden, muss es nicht. In diesem Fall finde ich jedoch, dass das Wortklauberei ist – erstens übergehst du dabei den von mir ebenfalls vorgebrachten Rechtsextremismus und zweitens glaube ich nicht, dass du mit Bestimmtheit sagen kannst, dass Andy Marshall Nationalist, aber nicht Chauvinist ist.
      Der von dir behauptete Doppelstandard ist zudem keiner – wenn Menschen aus kolonialisierten Ländern ihre Souveränität einfordern, ist das etwas anderes, als wenn eine weiße Person sich etwas darauf einbildet, weiß zu sein.
      Und kannst du mir erklären, warum es aus deiner Sicht unbedenklich ist, auf etwas stolz zu sein, das weder besonders toll ist, noch auf den eigenen Leistungen beruht? Ich sehe da einfach viel Nährboden für irrationale Selbstüberhöhung – was in diesem Kontext fatal sein kann.
      Und leg mir bitte keine Worte in den Mund – ich habe nirgends behauptet, alle Menschen seien gleich (in Abgrenzung zu gleichwertig) oder müssten es sein. Und ich wüsste auch nicht, warum Diversität Nationalismus brauchen sollte.
      Der Grund, aus dem ich dieses Thema in meinem Review streife, ist, dass Rechtsextremisten sich vielfach auf ihre vermeintlich glorreiche Abstammung berufen und diese verklärende Ahnenverehrung als Schleier für ihre wahren Absichten nutzen. Ich finde es völlig legitim, ein Land für seine Landschaft zu bewundern, seine Geschichte interessant zu finden oder auch die dortigen Lebensbedingungen zu schätzen. Aber eine übertriebene Identifizierung damit kann in den von dir erwähnten Chauvinismus umschlagen. Und im Black Metal gibt es dafür leider mehr als genug unrühmliche Beispiele.

      1. Gegen Souveränität hat kein Mensch was, am allerwenigsten natürlich Menschen, die (positiven) Nationalismus als das verstehen, so wie ich ihn verstehe: Vor der eigenen Haustür kehren, keine sinnlosen (Ressourcen-) Kriege in anderen Ländern anfangen (gell, USA…), den Balken im eigenen Auge sehen, aber natürlich auch Grenzschutz, keine grenzenlose Einwanderung und die daraus entstehende globalistische Einheitssoße, die (seien wir ehrlich) aus reiner Profitmaximierung gepusht wird um ein krankes Wirtschaftssystem am Laufen zu halten, das in dieser Form gar nicht existieren würde, wenn man sich der Tugenden Begrenzung und Mäßigung verpflichtet sehen würde.

        Kolonialismus ist in diesem Zusammenhang natürlich das ausgesprochene Gegenteil von Nationalismus und natürlich hat jedes einzelne Land auf diesen Planeten das absolute Recht auf Souveränität. Zu diesen Ländern gehören aber eben nicht nur sog. „Dritte Welt“-Nationen sondern auch z.B. Deutschland oder die Heimat von Herr Marschall und wenn jemand z.B. seine Heimat und Kultur durch die Doktrin des Globalismus und seiner (vermeintlich) grenzenlosen Möglichkeiten gefährdet sieht, sehe ich darin kein Problem und nichts anstößiges.

        Ich persönlich bin absolut gegen jede Form von Fremdbesatzung oder Fremdbesetzung, damit natürlich auch gegen Kolonialismus und Sklaverei, wobei man bedenken sollte, dass Sklaverei keine weiße „Erfindung“ ist, Sklavenmärkte gab es schon lange in Afrika, bevor der erste Europäer den Kontinent betreten hat und es gibt sie noch heute. Komischerweise wird diese Tatsache aber (heute) nie dazu verwendet, sie einer bestimmten Rasse zur Last zu legen, sondern man bleibt hübsch in der angeblich so weit entfernten dunklen Vergangenheit und legt alles Übel dieser Welt dem weißen Mann vor die Füße. Auf diese Form historischen Masochismus (auch White Guilt genannt) hat eben kein gesunder Mensch Bock, weil man immer wieder sieht, wie diese bewusst forcierte einseitige Sicht der Dinge politisch ausgenutzt wird, um Ideologie-Programme voran zu treiben, die für naive Menschen gut klingen mögen, aber letztendlich (mal wieder) Millionen Menschen das Leben kosten werden.

        1. Ich möchte diesen Kommentar so nicht unbeantwortet stehen lassen, denke allerdings auch, dass eine weitere Diskussion keine Annäherung verspricht. Jemand, der antisemitische Codes wie „Globalismus“ benutzt, Migration als Resultat einer großen wirtschaftlichen Verschwörung betrachtet, gegen eine vermeintlich daraus entstehende „Einheitssoße“ zetert (und damit offensichtlich für eine rassistisch motivierte Segregation eintritt) sowie das schiere Ausmaß der Folgen von Kolonialismus und White Supremacy damit relativiert, dass POC doch auch keine Engel seien und dass die armen weißen Männer sich jetzt schämen müssen, hat sich bei uns offensichtlich auf die falsche Seite verirrt. Wir sind hier nämlich alle gegen Rassismus und machen daraus auch keinen Hehl – und wenn du in deinem Weltbild zu empfindlich bist und dich davon attackiert fühlst, musst du’s ja nicht lesen.

          1. Oh Gott, oh Gott, oh Gott. Woher wusste ich, dass gleich wieder die „Antisemitismus“-Keule kommt? Hast du echt nicht mehr drauf? Wie intellektuell faul kann man sein? Aber schön, dass eure Blase bei dem Thema „Globalismus“ (der natürlich ALLEN hilft, und nicht nur 0,001% reich und fett macht, na klar doch…) immer gleich automatisch an das „auserwählte“ Volk denkt. Das lässt tief blicken. LOL.

            Da ich davon ausgehe, dass du dich politisch „links“ verortest, erklär mir mal, warum die „Linke“ auf einmal (im Gegensatz zu früher) Großkonzerne, Big Pharma, Big Tech etc.pp. unterstützt? Kann es sein, dass ihr euch vielleicht „verirrt“ habt?

            „Verirrt“ habe ich mich ganz sicher nicht. Als ich in den 80ern das letzte Mal nachgesehen habe, war Metal zum großen Teil mal ganz klar antikommunistisch, (schon mal Crimson Glory „Red Sharks“ gehört?) und ich als ehemaliger DDR- Bürger werde nicht tatenlos mit ansehen, wie sich diese Blase wieder überall breit macht. Nur über meine Leiche.

            1. „ich als ehemaliger DDR- Bürger“ – geil, Mann, Ihr kommt echt immer aus’m Osten…

              Ganz davon abgesehen finde ich es echt hot, dass sich zur überwiegenden Mehrheit echt immer der Black Metal gegen irgendwelche rassistische oder nationalistische Kackscheiße verwahren muss. Wer „nein, ich bin aber nicht rechts“ überhaupt erst sagen muss, hat meiner Meinung nach von vornherein was falsch gemacht.

              Und jetzt zurück in die blühenden Landschaften, mein Bester!

              1. Glaube mir, ich bin der Erste, der für eine Sezession vom suizidalen Westen eintreten wird.

                Und selbstverständlich bin ich stolz „Ostler“ zu sein. Wir konnten damals schon aus Sch…. Gold machen, während die verzogenen Wohlstandsbratzen in ihren „bunten“ und „Weltoffenen“ West-Städten bald nach Mutti rufen werden, wenn ihnen die grünen Kommunisten den Saft abdrehen. Ich freu mich drauf….

                Aber schön, dass sich meine Erfahrungen mit den Bewohnern des „goldenen“ Westen mal wieder so bestätigt haben. Keine Argumente, aber dafür haufenweise Arroganz. Und was kommt nach Hochmut? Richtig. Der tiefe Fall.

                1. Keine Argumente … als ob du mit deinem Geschwurbel aus neurechten Chiffres irgendjemandem einen Anreiz bieten würdest, sich mit dir argumentativ auseinandersetzen zu wollen. Schön, dass es Stephan trotzdem gemacht hat (der übrigens weder Ostler noch wohlstandsverzogener Westler, ja nicht mal Deutscher ist, lieber Ich-denke-immer-noch-in-DDR/BRD-Dichotomien-Leser). Und auch amüsant zu sehen, wie mit jedem weiteren deiner Kommentare die Maske und das Niveau gesunken ist (zumindest das sprachliche, inhaltlich war es von Anfang an Quark).

                  1. Hat irgendwie auch was lustiges. Fehlt noch „links-grün versifft“ oder „Gutmensch“. „Grüner Kommunismus“ war allerdings auch bereits ein Knaller. :D

      2. Für Antinationalismus gibt es gute Argumente – gerade, wenn das Herkunftsland Deutschland ist. Bspw. deutsche Geschichte (neben Holocaust eben auch die „Einigungskriege“, Kolonialismus, Imperialismus, „Hurra-Patriotismus“ und 1. Weltkrieg) und völkisches Verständnis von Gesellschaft und Nation. So stark differenzieren würde ich zwischen den vermeintlichen Nationalismen nicht – gerade, wie gesagt, im Zusammenhang mit Deutschland. Im Nationalismus geht es zumeist um Abgrenzung. Außerdem lässt es sich leicht instrumentalisieren, damit von eigentlichen Interessen ablenken (kapitalistische Ausbeutung, Rassismus etc.) und dadurch Menschen gegeneinander aufhetzen. Befreiungsbewegungen im Kontext von Kolonialismus können hingegen durchaus anders beurteilt werden. Das sehe ich auch so.

  3. Bis auf das aufgezwungene Geschwurbel am Anfang, das einfach niemanden interessiert, ein sehr gutes Review.

    Schande und boykottiert gehört der Mann. Was fällt ihm auch ein ein stolzer Schotte zu sein. Der ist bestimmt sogar Rassist.

    1. Dass dieses „Geschwurbel“ (das mir niemand aufgezwungen hat und das ich auch niemandem aufzwinge) niemanden interessiert, ist gerade das Problem und der Grund, aus dem ich solche Hintergründe in meinen Reviews mittlerweile konsequenter aufgreife. Rechtsextremismus und Nationalismus sind im Black Metal leider weit verbreitet – das betrifft nicht nur Bands, die sich selbst in diesem Bereich verorten, sondern auch solche, die auf subtilere Weise mit diesen Kreisen liebäugeln. Deshalb gilt es, solche Indizien aufzuzeigen, um das Bewusstsein dafür zu schärfen und gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen, falls eine Band die Grenzen des Vertretbaren überschreitet.
      Militanter Patriotismus ist ein solches Indiz. Und ja, ich wüsste nicht, warum man es für etwas Gutes halten sollte, dass Marshall „stolzer Schotte“ ist. Hat er sich seine Herkunft in irgendeiner Weise verdient? Sind Schott:innen besser als andere Menschen?

      1. Womöglich ist Eternal Vomits Selbstbewusstsein so schwach, dass Eternal Vomit das Gefühl hat, allein durch Deine ersten Sätze deines Kommentar etwas aufgezwungen zu bekommen … ;-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert