Review Shining (Nor) – Live Blackjazz (The Shape Of Blackjazz To Come)

Waren die Norweger SHINING bis zum Jahr 2010 wohl des Nerds liebeste Undergroundband und sonst kaum jemandem ein Begriff, änderte sich dies mit ihrem Meisterwerk „Blackjazz“ im vergangenen Jahr schlagartig: Die Formation um den sympathischen Mastermind Jørgen Munkeby war in aller Munde und nahezu die ganze Metal-Welt lobte die verschrobene Mischung aus Jazz und extremem Metal, die hier in musikalischer Perfektion auf einen Silberling gebannt war, in den Himmel.

Nun steht mit „Live Blackjazz (The Shape Of Blackjazz To Come)“ ein neues Machwerk der Skandinavier in den Läden – ein Konzertmitschnitt, der dieses Jahr bei einer Clubshow in Norwegen aufgenommen wurde. Wie der Name bereits erahnen lässt, liegt der Fokus der Band dabei hauptsächlich auf dem Material des neuen Albums: Eröffnet wird der Reigen durch das mehr als mächtige „Fisheye“, gefolgt von „The Madness And The Damage Done“ – und bereits nach diesen beiden Nummern ist eines klar: Was SHINING hier abliefern, ist einer der stärkste Live-Releases, die ich kenne: Soundtechnisch könnte es sich nämlich fast um eine Studioaufnahme handeln, dennoch geht hier nicht – wie es ja leider bei gut produzierten Live-CDs all zu oft der Fall ist – das Live-Feeling verloren. So finden zum einen die Publikumsreaktionen genug Platz im Sound, als dass das Resultat nicht zu steril wirkt, zum anderen präsentieren sich SHINING in Hochform: Trotz der unglaublichen Komplexität der Musik schaffen es die Norweger, die Musik nicht nur so auf die Bühne zu bringen, dass sie klingt wie auf dem Album (was meiner Meinung nach Leistung genug wäre) sondern hauchen ihr dabei auch noch das Leben live gespielter Musik ein, und lassen sie so organischer und einen Tick „natürlicher“ klingen als auf der Studio-CD. Dazu trägt nicht zuletzt Munkebys Gesang einen wesentlichen Teil bei, der nochmal einen zacken aggressiver als bei der Studioaufnahme so herrlich angepisst ins Mikro schreit, als hätte man seinen Papagei mit dem Korkenzieher in die Wand gedreht.
Neben den „Blackjazz“-Songs haben es mit Nummern wie „In The Kingdom Of Kitsch You Will Be A Monster“ aber auch einige ältere Stücke ins Set und damit auf die CD geschafft – und diese sind die eigentliche Überraschung an diesem Release. Denn wo die Stücke vom aktuellen Album zwar nahezu perfekt sind, sich jedoch gerade deshalb von der Studioversion nicht all zu deutlich unterscheiden, gewinnen gerade die älteren Nummern drastisch durch den auf „Blackjazz“ ausgelegten, harten Metal-Sound: So steht den Stücken ohne Ausnahme die im Gegensatz zu ihren Album-Versionen deutlich härtere Auslegung gut zu Gesicht und verleiht ihnen einen ganz neuen Charakter.
Etwas unglücklich ist die Zusammenstellung des Materials lediglich dadurch, dass das Set nicht wie gespielt auf die CD gepresst wurde, sondern geschnitten – wirken die Übergänge zwischen den Songs doch durch die Schnitte bisweilen etwas abrupt und reißen einen immer wieder aus der Liveatmopshäre heraus, was etwas schade ist.

Mit diesem Problem hat die im Package enthaltene DVD nicht zu kämpfen – was wohl auch die im Vergleich zur CD abweichende Tracklist erklärt. Überhaupt gibt es wenig bis nichts, was man diesem Videomitschnitt ankreiden könnte: In ebenso perfektem Sound sind es hier vor allem die optischen Komponenten Bild, Schnitt und Licht, die beeindrucken: Hier stimmt einfach alles, die Dynamik der Show ist angemessen eingefangen und untermalt, ohne, dass als Resultat ein ungenießbar hektischer Bildwechsel geboten würde. Dass die Show, die die Band auf die Bretter legt, darüber hinaus wahrlich intensiv und beeindruckend anzuschauen ist, hatte ja bereits die CD erwarten lassen – und dennoch ist man angesichts der technischen Brillianz dieser Band ein wenig Baff, sieht man mit eigenen Augen, wie die Truppe während der Interpretation ihrer vertrackten Groovemonster abgeht und ihre Musik lebt.

Wo die CD durch die Schnitte etwas an Stimmung einbüßt, kann die DVD auf ganzer Linie zu überzeugen – habe ich doch selten qualitativ so hochwertiges Bild- und Tonmaterial einer Liveshow zu bieten bekommen. Bedenkt man dabei noch, dass SHINING trotz ihres gesteigerten Bekanntheitsgrades sicherlich immernoch in einer anderen Produktions-Budget-Liga spielen als manch andere Band, die schon weniger überzeugende DVD veröffentlicht hat, kann man hier nur sagen: Daumen hoch. Für Fans der Band ist das Package sowieso ein Pflichtkauf – all jene, die bisher noch kein Album der Band im Regal stehen haben, die Musik aber grundsätzlich interessant finden, sollten hier jedoch ebenso reinhören – bekommt man mit „Live Blackjazz (The Shape Of Blackjazz To Come)“ doch quasi ein vollerwertiges Best-Off der Norweger geboten.

Wertung: 9.5 / 10

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