Review Steel Panther – British Invasion

  • Label: Universal
  • Veröffentlicht: 2012
  • Spielart: Hard Rock

Eine STEEL PANTHER-DVD? Das wird nicht einfach. STEEL PANTHER waren ohne Zweifel schon bei ihren beiden CDs Geschmacksache – und das wird auf der DVD nur noch schlimmer. Um es also gleich vorwegzusagen: Richtig warm geworden bin ich mit dieser vollen Breitseite sexistischen pubertären Humors der untersten Ordnung nicht. Das galt aber schon für die CDs der Blödel-Metaller aus L.A. Wer diese hingegen gut fand und auf den Konzerten der Band herzlich gelacht hat (dem Vernehmen nach sind das nicht wenige), wird auch von „British Invasion“ überzeugt sein.

Aber mal der Reihe nach. Die vier Glam Metaller, die sich lange Zeit als Coverband am Sunset Strip umtaten, haben für ihre erste DVD ihrer geliebte Heimat verlassen und sich stattdessen die Brixton Academy in London als Ort ausgesucht – und sie prompt ausverkauft. Vor einer Halle voller Die-Hard-Fans („Fanthers“), die in Kostümen, mit Haarspray und im Falle der Damen mit der Bereitschaft zum vollen körperlichen Einsatz erschienen sind, spielten sie eine 90-minütige Performance des ersten Albums. Ja, nur des ersten, denn die Aufnahmen fanden 2010 statt, also bevor ihr zweites Album, „Balls Out“, erschienen ist. In Deutschland ist Letzteres übrigens von der BPjM indiziert worden.

Wie füllt man eine Show mit nur einem Album? Für STEEL PANTHER gar kein Problem. Innerhalb der ersten 15 Minuten wird exakt ein Song gespielt, der zudem nicht sonderlich lang ist. Den Rest der Zeit wird, man ahnt es schon, geredet und geblödelt. Auch wenn sich das Verhältnis von Musik zu Dialog im Laufe der Zeit bessert, wird doch schnell klar, dass zu einem STEEL PANTHER-Konzert eben nicht nur die Musik gehört, sondern dass es sich um ein Gesamtkonzept handelt. Die skrupellos überschminkte Band spielt mit allen Klischees des Glam Metals so gekonnt, dass das Publikum vor Lachen johlt. Das Bühnenoutfit ist authentisch gewählt und erlaubt anhand der engen Hosen und der Kameraperspektiven (zu) oft belastbare Aussagen über die Religionszugehörigkeit der Band, der Basser spielt die ganze Zeit mit einem Spiegel rum und der Gitarrist schnauft übertrieben deutlich vor Anstrengung. Dabei zeigen sie sich aber auch in hohem Maße selbstironisch, zum Beispiel wenn es um ihr Alter oder ihre (wohl fiktiven) Geschlechtskrankheiten und Drogengeschichten geht.

Das für mich schwer Nachvollziehbare ist der völlige Mangel an Subtilität, den STEEL PANTHER zutage legt. Niemals reicht es, einen Gedanken nur angedeutet zu haben, immer muss er bis zum Exzess durchgezogen werden. Spielchen mit dem Mikrofon als Penisersatz kennt man von einigen Bands (Edguy, Sabaton), aber niemand geht so konsequent bis zum Ende wie Sänger Starr, der nach einer Geruchs- und Leckprobe Plektren als vermeintliches Ejakulat in die Menge schleudert, oder Gitarrist Satchel, der auf der Bühne einen Blowjob mit dem Mikrofon vorführt.
Wie häufig das Wort vagina fällt, kann man ohne Hilfskraft ohnehin nicht zählen, und die häufigen Sex-Anekdoten der Band sind ebenfalls höchstens einmal lustig – und auch da braucht man schon eine ordentliche Affinität zum Pennälerhumor. Dabei ist die ganze Truppe so betont schmierig, dass man ein wenig überrascht sein kann, wie viele Frauen im Publikum bereit sind, die Band und das (dank DVD nicht gerade kleine) Publikum mit Blicken auf ihre Brüste zu belohnen – beim Bonusmaterial, einige weniger Tracks vom Downloadfestival, geht die Zahl gut gegen zwei Dutzend. Spaß haben dabei alle, so viel steht fest – ob der Funke auch per DVD überspringt, wird aber von Person zu Person unterschiedlich sein.

Die eigentliche musikalische Show hingegen ist wirklich erster Klasse. STEEL PANTHER hat ihre Songs voller konfuzianischer Weisheiten wie „Eatin’ ain’t Cheatin’ / Suckin’ ain’t Fuckin’“ hervorragend internalisiert und liefert eine wirklich große Bühnenshow. Fast nie wird ein Song einfach nur gespielt, immer gibt es Ergänzungen, wie Pyros, hervorragend und doch nie schematisch wirkende Bewegung auf der Bühne oder Accessoires für das Publikum (z. B. aufblasbare Sexpuppen). Dank massivem Kameraeinsatz (auch Schwenkkräne tun ihr Werk) und guter Tontechnik ist auch auf dieser Seite von „British Invasion“ alles hochprofessionell und sauber gearbeitet.

Wie sehr die Band ein Comedy-Produkt ist, zeigt dann das Bonus-Material. In einer 30-minütigen Dokumentation ziehen sie alle Register des pubertären Humors in Kombination mit herrlich aufgesetztem Rockstarimage. Hier zeigt sich die eigentliche Stärke der Band, die in fast schon an Spinal Tap erinnernden Momenten ihren Höhepunkt findet. Auch die Bonustracks vom Download Festival 2012 sind gut anzusehen und bringen außerdem ein paar neue Songs ins Spiel – wenn man auch hier den Eindruck nicht los wird, dass es im Wesentlichen um „Boobs Out“ statt um „Balls out“ geht. Zudem zeigt sich dabei, wie begrenzt der Wiederholungswert der Band zu sein scheint, denn viele Witze des Konzertes von 2010 haben es nahtlos in die Show von 2012 geschafft.

Also, was soll man sagen? Die Verbindung von Comedy und Metal ist momentan populär. STEEL PANTHER haben dabei ihre ganz eigene Note gefunden, die – und das ist schlicht eine objektive Beschreibung – sexistischer, dumpfer, überzogener, aber eben auch bunter nicht sein könnte. Und doch: Die Musik ist sehr gelungen, die Performance einfach großartig und niemand nimmt sich dabei ernst. Streckenweise ist es lustig, streckenweise peinlich. Ob das Lustige oder Peinliche überwiegt, liegt schließlich wieder am eigenen Humor, dessen Beschaffenheit auch die Kaufentscheidung bestimmen sollte. Für jemanden, der es genau wie ich nervig findet, kaum Musik auf einer Musik-DVD zu bekommen und den die Witze penetrant nerven (Achtung, Wortspiel), gilt die unten stehende Wertung. Wer hingegen einen ausgeprägten Hang zu dieser Form des Humors hat, kann locker noch mal bis zu 2 Punkte aufschlagen und ein Fest feiern.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Marc Lengowski

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