Das Cover von "On The Prowl" von Steel Panther

Review Steel Panther – On The Prowl

  • Label: Universal
  • Veröffentlicht: 2023
  • Spielart: Hard Rock

Dass eine Band wie STEEL PANTHER polarisiert, ist auf den ersten Blick klar: Mit ihrer vermeintlich misogynen Grundeinstellung, die praktisch aus jeder Textzeile trieft, bringt die Band seit Jahr und Tag jegliche Sittenwächter gegen sich auf und als sie dann auch noch einen Gitarreneffekt namens „Pussy Melter“ veröffentlichten, war das für ihre Kritiker natürlich ein dunkelrotes Tuch. Als Glam-Metal-Band dürften STEEL PANTHER diesen – zweifelsohne gewollten – Gegenwind als Erfolg werten, schließlich waren es die Genre-Urväter W.A.S.P., die einst die selbsternannte mediale Sittenpolizei PMRC und damit u. a. Al Gores Ehefrau Tipper in empörte Schnappatmung versetzten. W.A.S.P. waren übrigens 1984 mit ihrem Hit „Animal (Fuck Like A Beast)“ auf deren schwarzer Liste „Filthy Fifteen“ gelandet – ein „Erfolg“, den wahrscheinlich auch STEEL PANTHER gern für sich verbuchen würden. Warum all das wichtig ist? Dazu gleich mehr.

Zunächst jedoch das Musikalische: STEEL PANTHER liefern mit „On The Prowl“ bereits zum sechsten Mal eine Glam-Metal-Platte ab, die rein aus musikalischer Sicht authentischer ausfällt als vieles, was ähnlich geartete Bands auf Lager haben, die sich selbst weitaus ernster nehmen. Mit dem großartigen „Never Too Late (To Get Some Pussy Tonight)“ ist der Truppe ihr vermutlich bester Opener seit „Death To All But Metal“ gelungen und das nachfolgende „Friends With Benefits“ überzeugt ebenfalls mit einem grandiosen Mitsing-Refrain. Auch die Ballade „On Your Instagram“ macht einen Heidenspaß und „On The Rollaway“ sorgt für einen hervorragenden Abschluss. Fans von Mötley Crüe, Ratt oder Skid Row erkennen diese Bands durchweg im Sound von STEEL PANTHER wieder und freuen sich über eine authentische Huldigung. Kurz vor Schluss fällt die Qualität von „On The Prowl“ etwas, denn „All That And More“, „One Pump Chump“ und „Pornstar“ legen nahe, dass die Platte auch mit drei Songs weniger ausgekommen wäre.

Textlich ist die Band auf „On The Prowl“ genauso derb unterwegs wie eh und je und wird mit ihren komikhaft überspitzten Texten über das – angeblich – für den Rock ’n‘ Roll einst so typische Verhältnis von machohaften Rockstars zu willigen und stets verfügbaren Groupies ebenso gewohnt wie gewollt anecken. „Ist doch nur Spaß,“ werden die einen sagen und „das kann man doch heutzutage nicht mehr bringen,“ die anderen. Aber vielleicht steckt hinter dem Klamauk von STEEL PANTHER ja mehr als nur pubertierende Peniswitze und mutmaßlich ironische Machosprüche. Vielleicht hält die Truppe dort, wo es die Kneipenterroristen mit Nummern wie „Wer ficken will, muss freundlich sein“ („soll dein Schwanz in ihren Rachen, musst du ihr Komplimente machen“) ernst meinen, der gerade von den „drei P’s“ („Party, Pussy, Paycheck“) so begeisterten Glam-Metal-Anhängerschaft einen – wenn auch noch so kleinen – Spiegel vor.

Die Platte bietet dafür manchen Anhaltspunkt: „Never Too Late (To Get Some Pussy Tonight)“ befasst sich mit der nur vermeintlich zutreffenden Annahme, über Apps wie Tinder und Co. Sex wie Pizza bestellen zu können, wer in „Friends With Benefits“ wirklich die arme Wurst ist, kann anhand der im Text recht eindeutig beschriebenen Praktiken erahnt werden und „On Your Instragram“ setzt sich ironisch mit den falschen Erwartungen und der resultierenden Unzufriedenheit (nicht zuletzt mit uns selbst) auseinander, zu denen uns Fotofilter verdammen. Das pathoslastige „Ain’t Dead Yet“ mag sich durchaus an dem unerträglichen Selbstbweihräucherungs-Quatsch, den alte weiße Männer wie Aaron Lewis etwa mit „I’m American As I Gets“ vom Stapel lassen, abarbeiten und die Frage „Is My Dick Enough“ stammt gewiss nicht von einem sonderlich selbstbewussten Holzfällertypen. Vielleicht ist all dies zu viel der Interpretation, aber man kann es einer Band, die eine Nummer wie „B.V.S.“ geschrieben hat, zumindest zutrauen.

Natürlich sind STEEL PANTHER keine maximal sozialkritische Band, die von ihren Kritikern stets missverstanden wird. Aber sie sind wahrscheinlich auch keine Vereinigung ewig gestriger Mittfünziger, die ein paar billige Lacher auf  Kosten von Frauen ernten wollen und ihre Position als Entertainer ausspielen. Wer mit dem zweifelsohne gewöhnungsbedürftigen Humor der Band etwas anfangen kann, bekommt mit „On The Prowl“ ein technisch anspruchsvolles und in Sachen Songwriting grundsolides Glam-Metal-Album, das viele echte Höhepunkte bietet und zum Lesen zwischen den Zeilen anregt. Am Ende ist es wahrscheinlich wirklich alles nur Spaß und so lange Bands wie Sabaton, die – Achtung, es folgt das Stilmittel der Übertreibung – einen Power-Metal-Song über die Endlösung (mitsamt absolut unerträglichem Lyric-Video) und einen anderen darüber, dass Erwin Rommel eigentlich ein ganz entspannter Typ war, bei Nuclear Blast veröffentlicht haben, für ihre geschichtliche Aufklärungsarbeit ausgezeichnet werden, sollte man sich mit Kritik an STEEL PANTHER vielleicht ein wenig zurückhalten.

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Wertung: 7.5 / 10

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