Interview mit M. Roth von Eisregen

Mit „Grenzgänger“ haben EISREGEN eigentlich ein recht interessantes Album geschrieben. Darüber sprechen will Fronter M. Roth aber anscheinend nicht. Nun denn – wir haben es zumindest versucht.  

Hast du Vorsätze fürs 2023? Oder zumindest Hoffnungen?
Morgen ist der 1. Februar – ich finde das etwas spät für Neujahrswünsche. Ich habe keine „guten Vorsätze“ für dieses Jahr und auch keine bestimmten Hoffnungen an 2023.

Wenn du an dieser Stelle nochmal kurz auf 2022 zurückblickst – was waren dein Highlight und deine Enttäuschung des Jahres?
Highlight waren die „Heimatfeste“ im Juni im Erfurter „From Hell“, enttäuscht bin ich nach wie vor von der  Unfähigkeit der deutschen Regierung.

2023 beginnt direkt mit dem Release eures Albums „Grenzgänger“. Im Titeltrack nehmt ihr Bezug auf die Ortschaft Zorge – so konkrete Bezüge zu realen Orten gibt es bei EISREGEN sonst selten. Wie kam es dazu, warum war dir wichtig, dass dieser Name im Text vorkommt?
Der Text handelt von den Taten des deutschen Serienkillers Rudolf Pleil, der nach dem Ende des 2. Weltkrieges aktiv war. Er hat ein Opfer im Waldgebiet bei Zorge umgebracht, daher die Erwähnung. Der Name selbst ist mir ansonsten komplett schnuppe.

EISREGEN 2023; © Jakob Wurschi
EISREGEN 2023; © Jakob Wurschi

Was war der Auslöser, nach fast 30 Jahren Bandbestehen einen Text mit DDR-Bezug zu schreiben?
Der Text hat keinerlei DDR-Bezug. Zur Zeit als Pleil aktiv war, gab es noch keine DDR …

Die DDR spielt für viele Deutsche aus den ehemaligen DDR-Gebieten bis heutig eine Rolle, sei es als Feindbild oder als Utopie. Du bist selbst in der DDR groß geworden – inwiefern hat dich das geprägt?
Ich bin in Nordhessen aufgewachsen, nicht in der DDR. Mit ein wenig Recherche im Vorfeld eines Interviews kann man sich solch peinliche Fragen sparen.
[A. d. Red.:  Quelle unserer Recherche war Wikipedia, dort heißt es: „Roth wuchs im thüringischen Tambach-Dietharz auf“; Stand: 31.01.23]

Gerade in Kombination mit eurem Camouflage-Look auf den Promofotos sowie Cover und Titel wirkt das Grenz-Thema prägend für das Album, obwohl es nur das Intro und den ersten Song bestimmt. Warum war dir wichtig, dass das der Titeltrack wird?
„Grenzgänger“ kann man auch auf die Band selbst beziehen, denn nichts anderes sind wir im übertragenen Sinne seit Bandgründung.

Auffällig ist der martialischere Look, den ihr auf den Promo-Fotos tragt – werden EISREGEN künftig auch im Military-Look auf der Bühne stehen?
Teile der Band, ja.

Apropos live: Markus Stock hat auf dem Album wieder Bass und Leadgitarre eingespielt. Warum ist eure Live-Band nicht auch auf dem Album zu hören?
Weil wir die Alben grundsätzlich zu zweit konzipieren.

Die restlichen Songs sind sehr klassisches EISREGEN-Material würde ich sagen. Die Ideen zu neuen Grausamkeiten scheinen dir nicht auszugehen – hast du nicht trotzdem manchmal die Angst, dass das grundlegende Konzept der Splatter-Texte irgendwann ausgereizt ist?
Nein.

In „Herbstleiche“ auf der zweiten CD singst du „Nur wenn du tot bist […] Wirst für immer bei mir sein“ – das haben wir in „Schlangensonne“ ziemlich ähnlich schon mal gehört („Und wenn du tot bist wirst du immer bei mir sein“). Ist das ein absichtliches Zitat, oder eine unausweichliche Redundanz bei diesem Thema?
Das ist kein bewusstes Zitat.

Der Topos „Mann tötet Frau aus Liebe oder Eifersucht“ ist bei EISREGEN sehr präsent – wundert dich manchmal selbst, dass Songs mit einem unbestreitbar misogynen Narrativ in unserer heutigen, woken Zeit so ungestört Chart-Erfolge feiern dürfen?
Nein.

Am Ende der ersten CD steht mit „Stirb lächelnd“ ein Eigen-Cover – warum habt ihr euch ausgerechnet diesen Song herausgepickt, um ihn nochmal aufzunehmen und auf „Grenzgänger“ zu veröffentlichen?
Weil er CD 1 sehr schön abschließt und es 2023 wichtiger denn je ist, lächelnd zu sterben.

Die zweite CD hätte eigentlich eine prima EP abgegeben. Warum habt ihr euch dafür entschieden, diese als zweiten Tonträger an „Grenzgänger“ anzugliedern?
Weil sie zum Gesamtwerk „Grenzgänger“ dazu gehört.

Die Songs heben sich nicht nur durch das Jahreszeiten-Konzept der Texte, sondern auch musikalisch von den Songs des Kernalbums ab. Wie kam das – habt ihr sie gezielt separat geschrieben beziehungsweise anders arrangiert, oder habt ihr sie vom Rest separiert, weil sie anders klingen?
Wir haben sie gezielt für „Grenzgänger“ geschrieben und als zweite CD separiert, um innerhalb der Veröffentlichung den Sonderstatus des Lieder-Zyklus herauszustellen.

Neben der Musik produziert ihr auch immer mehr Musikvideos – zu diesem Album nun bereits drei echte Spielfilme. Wie wichtig ist dir die Visualisierung der Songs mit Musikvideos, siehst du das als Bestandteil des Gesamtkunstwerks oder eher als Promo-Tool?
Sowohl als auch.

Stammen die Drehbücher für die Videos von euch, oder werden die von außen zugeliefert?
Die grundsätzlichen Drehbuch-Ideen stammen von uns, die Umsetzung übernimmt der jeweilige Regisseur.

Danke für deine Zeit und die interessanten Antworten! Zum Abschluss unser Brainstorming:
Kanonenfieber: kenne die Band nur vom Namen her
Ukraine-Krieg: kein Kommentar
Karneval: mir vollkommen schnuppe
Dein Lieblingsalbum aus 2022: Ich habe in 2022 kein neues Album angehört.
Thüringen: ein sehr schönes Bundesland
EISREGEN in zehn Jahren: Das weiß heute niemand zu beantworten.

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9 Kommentare zu “Eisregen

  1. Beim Lesen der Antworten möchte man dem Kerl einfach nur wünschen, dass er im Alter zufrieden auf sein Leben zurückblicken kann.

  2. Mit 14 hielt ich es auch für eine unglaublich „coole“ Haltung, Fragen einfach gar nicht oder monosyllabisch zu beantworten. Mein Onkel sagte dann irgendwann beim nachmitäglichen Kaffeetrinken mal entnervt zu mir: „Oh, entschuldige bitte, dass ich dir eine Frage gestellt habe, ich wollte dir nicht zu nahe treten!“ Aus irgendeinem Grund fühle ich mich an diese Situation erinnert …

  3. Wäre es nicht sinnvoller, wenn er dann halt einfach das Ganze bleiben lässt? Das Interview auf metal.de zeugte ja auch schon davon, dass der Gute wenig Lust hat. Vielleicht hat er aber auch nur Spaß daran einen auf Kinski zu machen. Wer weiß…

    1. Ja, über das hatte ich noch gelacht, ehe ich dieses hier zurückbekommen habe. Ob gespielte Kauzigkeit oder echte Verbitterung macht schlussendlich jedenfalls wenig Unterschied – wer so unkooperativ ist und lieber versucht, Journalisten „bloßzustellen“, als mit ihnen zusammen einen informativen Artikel zu erarbeiten (der IHRER Sache dienen soll, nicht meiner), disqualifiziert sich eigentlich für jedes weitere Interview. Ich wüsste jedenfalls nicht, warum ich mir nochmal die Mühe machen sollte …

      1. Moritz da hast du recht ,
        Am Ende macht es einfach mehr Spaß einen Newcomer zu interviewen. Die sind dann wenigstens noch dankbar für Plattform.

        1. Ach, da würd ich das gar nicht unbedingt dran festmachen, es gibt auch genug Newcomer, die langweilige Antworten geben (oder sich schon erstaunlich früh zu cool für Interviews sind) – aber genauso gibt es absolute Routiniers, die sich wirklich Mühe geben.

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