Interview mit M. Roth von Eisregen & Goatfuneral

Mit „Bitterböse“ gehen EISREGEN einen ungewöhnlichen Weg und teilen die 50 Minuten Gesamtspielzeit mit ihrem eigenen Nebenprojekt: GOATFUNERAL. Sänger M. Roth erklärt, wie es zur Split ohne Fremdbeteiligung kam, inwiefern ihn Shakespeare „Der Kaufmann von Venedig“ beeinflusst hat und worin er der Pandemie sei Dank mittlerweile besonders gut ist.

EISREGEN/GOATFUNERAL; © Thomas Zapf

Hallo und danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Alles gut bei dir?
Wie man’s nimmt. Gesundheitlich ist es okay, aber langsam kriegt man durch die staatliche Bevormundung leichte Ausfallserscheinungen mentaler Natur.

Heimatfest und Tour wurden abgesagt, „Bitterböse“ ist fertig –ist das nächste EISREGEN-Album schon fertig geschrieben?
Nein, wir hatten genug zu tun mit dem Split-Album. Desweiteren habe ich mit meinem Sohn Quentin zusammen das ROTH-Debüt „Nachtgebete“ fertig gestellt. Wenn die Promophase für EISREGEN/GOATFUNERAL inklusive aller dazugehöriger Faktoren wie Erstellung von Videos, Beantworten von Interviews und dergleichen durch ist, kann man sich auch wieder dem Nachfolgealbum widmen. Yantit baut derzeit auch das HcN-Studio aus, also alles zu seiner Zeit.

M. Roth und Quentin Roth als ROTH

Außer Songs schreiben ist in der Musikbranche aktuell ja wenig möglich. Wie geht es euch damit? In unserem letzten Interview meintest du: „Auf absehbare Zeit ist es natürlich wichtig, dass wir wieder Konzerte spielen können“ – das war im Juni 2020 …
Natürlich fehlt der direkte Kontakt zum Publikum, nicht nur aus finanzieller Sicht. EISREGEN war immer eine Band, die live für ihr Publikum da war. Das ist derzeit schon sehr unbefriedigend, zumal absehbar auch immer noch kein Silberstreif am Horizont zu bemerken ist.

Viele Bands überbrücken die konzertfreie Zeit mit kostenpflichtigen Streams, das Konzept scheint mittlerweile etabliert. Wie stehst du dazu – ist mit sowas bald auch bei EISREGEN oder GOATFUNERAL rechnen?
Was hat ein Stream denn mit einem livehaftigen Konzerterlebnis gemeinsam? Das ist wie ein Porno, aus dem man alle Sexszenen herausgeschnitten hat. Braucht kein Mensch.

Damit sind wir beim ersten Kernthema: Ihr habt zehn Jahre nach dem letzten Album euer Black-Metal-Projekt wieder ausgegraben. Wann kam euch die Idee, GOATFUNERAL wiederzubeleben?
Yantit war es ein großes Bedürfnis, auf „Bitterböse“ auch textlich tätig zu werden. Da dies bei EISREGEN allein mein Metier ist, war das einer der Hauptgründe, GOATFUNERAL für ein Split-Album zu reaktivieren.

Bei GOATFUNERAL sind alle Texte auf Englisch – wie geht ihr das an, schreibt ihr erst auf Deutsch und übersetzt dann, oder schreibt ihr direkt auf Englisch?
Die kompletten Lyrics für GOATFUNERAL sind von Yantit. Er schreibt sie in Deutsch und lässt sie dann von seiner Frau ins Englische übersetzen. Ich überarbeite dann nur einzelne Passagen, um die Lyrics besser singbar zu machen, oder wenn andere Phrasen mehr Sinn machen.

Yantit von EISREGEN/GOATFUNERAL; © Thomas Zapf

Wie seid ihr das Songwriting für GOATFUNERAL angegangen, verglichen zu eurer Arbeitsweise mit EISREGEN – läuft das irgendwie anders, oder ist es eigentlich genau das gleiche, nur dass am Ende eben ein etwas anderer Stil rauskommt?
Diesmal hat Yantit die gesamte Musik für beide Bands quasi im Alleingang im ersten Komplettlockdown Anfang 2020 geschrieben – das unterscheidet sich schon von unserer sonstigen Arbeitsweise. Ich habe dann für EISREGEN die dazu passenden Songtexte verfasst und die Songstrukturen etwas angepasst. Für GOATFUNERAL habe ich mich an Yantits Vorgaben gehalten und seine Lyrics passgenau eingesungen.

Plant ihr bei künftigen EISREGEN-Konzerten auch GOATFUNERAL-Material zu spielen, wollt ihr das getrennt halten oder ist GOATFUNERAL gar nicht für die Bühne gemacht?
Es wird keine GOATFUNERAL-Songs live geben. Das war schon immer so und wird sich auch nicht ändern.

Immerhin ein Album haben sich die beiden Projekte nun geteilt. Was war die Idee dahinter, das gemeinsam zu veröffentlichen – mehr Aufmerksamkeit für GOATFUNERAL?
Sicher nicht. Für uns war es eine ganz neue, interessante Herangehensweise an ein Album: Zwölf Songs, aufgeteilt auf zwei Bands. Finanziell hätte es sicher mehr Sinn gemacht, das Album komplett unter dem EISREGEN-Banner herauszubringen, aber so etwas ist unbedeutend. In erster Linie zählt die künstlerische Vision.

Der Preis für das Split-Album ist eine vergleichsweise kurze Spielzeit der jeweiligen Teile – warum habt ihr euch entschieden, beide Parts mit rund 25 Minuten vergleichsweise knapp zu halten?
Ich verstehe die Frage nicht. Das Album ist als Gesamtwerk zu betrachten und hat eine Laufzeit von knapp 50 Minuten – was soll daran zu knapp sein?

Einige der EISREGEN-Songs sind extrem straight und hart. Der Titeltrack hat musikalisch punkige Vibes und erinnert textlich an Fäulnis. Findest du den Song in dieser Beschreibung wieder?
Ich kenne die Lyrics von Fäulnis nicht, kann daher dazu nichts sagen. Der Track ist zudem musikalisch in zwei komplett unterschiedliche Parts unterteilt – punkige Vibes höre ich da keine heraus.

M. Roth von EISREGEN/GOATFUNERAL; © M. Roth

Wie leicht fällt es dir generell, immer und immer wieder diese düsteren, morbiden Themen auszupacken? Du schreibst diese Texte ja gefühlt am laufenden Band – hat man da nicht auch mal Phasen, in denen man auf dieses Themenfeld keine Lust hat?
In Phasen, in denen man auf dieses Themenfeld keine Lust hat, schreibt man einfach keine Texte. It´s that simple. Es gibt aber genügend andere Phasen, wo man wieder genau auf die finsteren Themen Bock hat. Das liegt einfach in meinem Naturell.

„Ein Pfund Fleisch“ erinnert textlich an die SAW-Filme – war das eine Inspiration?
Eher Shakespeares „Kaufmann von Venedig“: Shylock hat das Recht, von Antonio das besagte Pfund Fleisch einzufordern und aus seinem Körper zu schneiden. Im filmischen Bereich hat mich eher Finchers „Sieben“ zu der Thematik fasziniert – SAW ist da insgesamt eher weniger eine Inspiration gewesen.

Apropos Film: Plant ihr Musikvideos – oder habt eventuell sogar schon etwas abgedreht, zudem du uns etwas sagen kannst?
Es wird ein Video zu „Sei mein Totenlicht“ geben, das am 3. Mai Prämiere haben wird. Wir haben einen ganz netten Clip dazu gedreht. Auch zu GOATFUNERALs „A Spoon Full Of Peace“ ist noch ein Dreh in Planung.

Als Cover habt ihr ein Foto von Markus Stock gewählt. Was hat euch an diesem Foto im speziellen begeistert?
Ich kenne seine photographischen Arbeiten schon seit längerem und mag sie sehr. Es war also sehr naheliegend, da etwas aus seinem Schaffen zu verwenden.  Er hat uns im Studio eine ganze Armada an Bildern aus seinem reichhaltigen Fundus gezeigt – und das war von Anfang an unser Favorit und hat es dann letztlich auch aufs Cover geschafft.

Markus ist zugleich für den Sound verantwortlich und hat erneut den Bass eingespielt – ist er langsam aber sicher der dritte Mann bei EISREGEN?
Markus ist seit vielen Jahren ein wichtiger Faktor für EISREGEN und ein guter Freund. Er ist auf alle Fälle ein wichtiger Teil davon, was EISREGEN ausmacht.

Danke für deine Zeit! Zum Abschluss wie gewohnt unser kurzes Brainstorming:
Das letzte Album, das du gehört hast
: Vorhin beim Radfahren Carcass mit „Symphonies Of Sickness“, einer meiner All-Time-Faves.
Fleischersatz: Nicht dein Ernst, oder?
Worin bist du dank der Pandemie jetzt richtig gut? Im Präzisionskacken. Ich kacke wie ein Schweizer Uhrwerk jeden Morgen nach dem ersten Kaffee.
Markus Söder: Ich will es mal so sagen: wenn die Kneipen wieder geöffnet hätten, würde ich mit ihm kein Bier trinken gehen
Stream oder LP? Definitiv LP. Geniale Haptik.
Auf wie viele willst du’s mit EISREGEN bringen? Immer das nächste. Dann sieht man weiter.
Werden euch erst die Songideen oder die Titel-Alliterationen ausgehen? Beides ist noch reichlich vorhanden. Da stelle ich keine Prognosen auf.

Danke nochmals für das Interview. Die letzten Worte gehören dir:
Corona ist kein Freifahrtsschein dazu, das eigene Gehirn komplett auszuschalten. Denkt nach, Leute – und lasst euch nicht alles von der Regierung vorkauen.

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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